Gesundheit
Über nichtübertragbare Krankheiten sprechen

NCDs sind in Nigeria auf dem Vormarsch. Lebensstilfaktoren wie schlechte Ernährung, Bewegungsmangel sowie Tabak- und Alkoholkonsum verschlimmern diese Krankheiten.
Laut dem Bericht „The Lancet’s 2021 Global Burden of Hypertension“ betrifft Bluthochdruck – die häufigste Herz-Kreislauf-Erkrankung – mehr als 29 % der Erwachsenen in Nigeria und ist ein großer Risikofaktor für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Komplikationen. Die International Diabetes Federation schätzt, dass etwa 5 Millionen Menschen in Nigeria Diabetes haben. Die meisten dieser Fälle bleiben unerkannt, wodurch ein Risiko für Nierenversagen, Erblindung oder Amputationen für die Betroffenen besteht. Chronische Atemwegserkrankungen, auch die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Asthma, kommen in städtischen Gebieten mit hoher Luftverschmutzung gehäuft vor.
Die häufigsten Krebsarten in Nigeria sind Brust-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs. Aufgrund später Diagnosen und eingeschränkten Zugangs zu Behandlungen werden viele Fälle erst im fortgeschrittenen Stadium entdeckt. Die Sterblichkeitsrate ist dadurch hoch – ein Trend, den der Nationale Krebsbekämpfungsplan Nigerias (2018–2022) beschreibt.
NCDs führen nicht nur zu vorzeitigen Todesfällen, sondern sind auch eine große wirtschaftliche Belastung für Einzelpersonen, Familien und die gesamte Nation. Die hohen Behandlungskosten und der Produktivitätsverlust untergraben die Entwicklungsbemühungen Nigerias.
Falsche Prioritäten
NCDs stehen jedoch nicht immer oben auf der nationalen Gesundheitsagenda. Dieses Versäumnis – oder einfach die fehlende Priorisierung – muss sich ändern. Um das Problem in den Griff zu bekommen, braucht es einen Ansatz, der über die Gesundheitsversorgung hinausgeht. Prävention, Früherkennung und Krankheitsmanagement sind wichtig – die Bedeutsamkeit strategischer Kommunikation aber wird oft übersehen.
Empirische Erkenntnisse unterstreichen, wie wichtig Kommunikation ist, um NCDs erfolgreich zu bekämpfen. Strategische Kommunikation ist nicht nur ein Instrument zur Bekanntmachung von Gesundheitspolitiken und -programmen. Stattdessen sollten gesundheitspolitisch Verantwortliche Kommunikation in die Konzeption und Umsetzung von Programmen integrieren. Was wirklich zählt, ist, wie es weitergeht, nachdem über Strategien und Programme informiert wurde.
Es ist wichtig, zwischen von oben gesteuerten Kampagnen und von Gemeinschaften getragenen Initiativen zu unterscheiden. Herkömmliche Kampagnen – oft von zentralen Behörden initiiert und über Regierungen, politisch Verantwortliche und Entwicklungspartner verwaltet – können zwar wirksam sein, oft schaffen sie es aber nicht, Gemeinden wirklich zu mobilisieren. Jene, die die Gesundheitsprogramme am dringendsten benötigen, bleiben also oft weiterhin ungewollt zurück. Kampagnen, die nur über Plakate, Radio oder soziale Medien laufen, erreichen ein großes Publikum, führen aber oft nicht zu dauerhafter Verhaltensänderung an der Basis – besonders nicht bei unterversorgten Bevölkerungsgruppen, die wenig Zugang zu Gesundheitsversorgung oder digitaler Infrastruktur haben.
Die kommunale Ebene ist maßgeblich
Von Gemeinden geführte Kampagnen treiben Veränderung nachweislich effektiver voran – besonders, wenn Glaubensgemeinschaften und traditionelle Führungspersönlichkeiten beteiligt sind. Diese Gruppen sind in ihren Gemeinden einflussreich und gelten als vertrauenswürdige Quellen für Informationen und Beratung. Beteiligen sich diese aktiv an Gesundheitskampagnen, werden deren Botschaften viel eher wahrgenommen und befolgt.
Berichte von WHO und NCD-Allianz dokumentieren positive Beispiele für wirksame gemeindebasierte NCD-Maßnahmen. In Ghana führte eine Kampagne zur Verringerung des Salzkonsums, an der lokale Gemeinden, Glaubensgemeinschaften und traditionelle Autoritäten beteiligt waren, landesweit zu einer Senkung des systolischen Blutdrucks um 2,5 mmHg. In Senegal ging die Raucherquote bei Jugendlichen um 15 % zurück, nachdem sich religiöse Führungspersönlichkeiten dafür eingesetzt hatten, den Tabakkonsum einzudämmen. In Côte d’Ivoire verbesserten Initiativen das NCD-Management, indem sie Gesundheitspersonal aus den Gemeinden einsetzten. So konnten Frühdiagnosen von Diabetes und Bluthochdruck in ländlichen Gebieten um 30 % gesteigert werden.
In Nigeria wurde 2023 als wichtiger Beschluss des 64. Nationalen Rates für Gesundheit ein „Tag der Gesundheitsförderung“ eingeführt, um die Gesundheitsvorsorge zu stärken und das Bewusstsein für einen gesunden Lebenswandel zu schaffen.
Nichtübertragbare Krankheiten betreffen übrigens nicht nur ältere Menschen, sondern immer mehr auch jüngere. Mehr als 33 Millionen, vor allem junge, Nigerianer*innen sind in den sozialen Medien aktiv. Daher spielen auch soziale Medien eine ergänzende Rolle in der strategischen Kommunikation, als wirksames Instrument, um bei dieser Zielgruppe Bewusstsein zu schaffen und Veränderung zu bewirken. Junge Menschen in Nigeria sind allerdings nicht nur durch einen ungesunden Lebensstil gefährdet. Sie sind zugleich auch in der einzigartigen Lage, den Kampf gegen NCDs anzuführen. Sie können durch ihren Online-Einfluss und ihre Netzwerke Wandel antreiben, eine gesündere Lebensweise propagieren, sich für strengere Richtlinien einsetzen und Gleichaltrige dabei unterstützen, fundierte Gesundheitsentscheidungen zu treffen.
Ein gesamtgesellschaftlicher Ansatz
Um die NCD-Krise zu bewältigen, ist es nötig, dass Verantwortliche unter anderem aus Gesundheit, Bildung, Landwirtschaft und Finanzen sektorübergreifend zusammenarbeiten. Die Nigeria Health Sector Renewal Investment Initiative (NHSRII) bündelt über einen sektorübergreifenden Ansatz Fachwissen und Ressourcen. Organisationen wie die WHO, Population Services International und die National Primary Health Care Development Agency spielen dabei eine wichtige Rolle. Keine Institution kann NCDs allein bekämpfen – ein umfassender Ansatz von Regierung, Zivilgesellschaft sowie Privatwirtschaft ist zwingend, um Ressourcen und politische Unterstützung zu mobilisieren.
Über Partnerschaften hinaus spiegelt die NHSRII das nationale Engagement Nigerias wider, den Gesundheitssektor im Rahmen der „Renewed Hope Agenda“ von Präsident Bola Ahmed Tinubu neu zu positionieren. Sie legt nationale Prioritäten fest, die Prävention und Management von NCDs beschleunigen können – etwa die Stärkung der medizinischen Grundversorgung, der Gesundheitssicherheit und der Digitalisierung.
Diese Dynamik muss nun jedoch über Rahmenbedingungen hinaus in die praktische Umsetzung vor Ort getragen werden – insbesondere auf subnationaler Ebene. Die Länder müssen bei ihren staatlichen Gesundheitsinvestitionsplänen die NCDs in den Fokus rücken, und zwar mit messbaren Budgetzuweisungen, Komponenten zur Mobilisierung der Bevölkerung und Ergebnisverfolgung.
Klar ist: Wir müssen mehr dafür tun, die Gefährlichkeit von NCDs zu kommunizieren, uns für eine stärkere Politik einsetzen und besser bereichsübergreifend zusammenzuarbeiten. So können wir jedem Menschen in Nigeria das Wissen, die Werkzeuge und die Unterstützung geben, die für ein gesünderes Leben notwendig sind.
Chinedu Moghalu ist Experte für strategische Kommunikation, Personalentwicklung und Verhaltensänderung, sowie Rechtsanwalt und Berater für öffentliche Politik.
moghaluigwe@gmail.com