Leserbrief

Wenig Interesse an Amtsführung

E+Z/D+C 2011/10,
Editorial/Schwerpunkt/Leserbrief

Sie schreiben im Editorial: „Heute achten Geber viel mehr auf Governance, wobei sie im Fall strategisch wichtiger Länder ... doch immer wieder zu Kompromissen bereit sind.“ Meine eigenen Erfahrungen, die einiger aktiver Kollegen und deutscher Entwicklungsprofis sind leider nicht so wohlwollend. Positive Trends zu gemeinwohlorientierter Regierungsführung, Bildung, Förderung der Landwirtschaft gibt es doch fast nur bei den „üblichen Verdächtigen“ wie Ruanda, Mauritius, Botswana, Ghana, Kap Verde und mit Abstrichen Südafrika oder Mali.

Das Problem geht auf das Jahr 2000 zurück. Offiziell wurde nie gesagt, dass bei der Verabschiedung der Millenniumsziele im September 2000 weder gute Amts- und Regierungsführung noch die Achtung der Menschenrechte als Ziele durchgesetzt wurden. Das wären aber genau die politischen Kriterien, an denen laut Hans-Peter Repnik die Partner gemessen werden sollten (S. 370 f.). Das war aber nie wirklich der Fall in den Ländern, in denen ich 17 Jahre lang tätig war. Deshalb ist für jeden Experten absehbar, dass die Ziele in den meisten Ländern Afrikas bis 2015 weitgehend ­verfehlt werden.

„Effektive Politikdialoge“, die Sipho Moyo hervorhebt (S. 374 ff.), habe ich leider als völlige Alibiveranstaltungen erlebt. Diese Dialoge helfen nur dann, wenn die Macht­haber Interesse an Reformen haben. Dann brauchen sie aber keine Ratschläge von ausländischen Botschaftern. Ich schließe mich der Einschätzung in dem Leserbrief von Ralf Ernst Schröder aus Addis Abeba an, der zufolge wir „Programme, die nicht von den Regierungen unterstützt werden, nicht weiterführen“ sollten. Wenn wir endlich eine unabhängige Wirkungskontrolle unter deutscher parlamentarischer Kontrolle hätten, dann kämen wir vermutlich zu dem Schluss, dass wir manche Regierung ihren eigenen Ideen überlassen sollten.

Volker Seitz, Botschafter a. D., Six Fours les Plages, Frankreich

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