Unternehmensförderung

„Es mangelt nicht an Ideen, sondern an Geld“

Seit Jahren denkt die Entwicklungspolitik darüber nach, wie Rücküberweisungen von Migranten in ihre Heimatländer für eine nachhaltige Entwicklung genutzt werden können. Nun gibt es eine neue Online-Plattform, die es für die afrikanische Diaspora in Deutschland attraktiv macht, Klein- und Kleinstunternehmen in Afrika finanziell zu unterstützen, da der deutsche Staat ihre Mittel aufstockt. So soll mehr Geld in Investitionen und weniger in den Konsum fließen.
Online-Diaspora-Plattform für neue Jobs in Afrika. Screenshot: https://widu.africa/discover Online-Diaspora-Plattform für neue Jobs in Afrika.

Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat die Plattform WIDU.africa zusammen mit der GIZ entwickelt und dabei von Anfang an die Diaspora miteinbezogen, lobt der Geschäftsführer des Berliner Kulturvereins „Afrika Medien Zentrum“, Hervé Tcheumeleu. Er selbst habe bereits von der Plattform profitiert. „Meine Tante in Kamerun wollte Eis verkaufen und brauchte dafür etwa 1000 Euro für einen Verkaufsstand. So viel Geld hatte sie aber nicht.“ Er habe ihr 250 Euro dafür gegeben, 250 Euro musste sie selbst aufbringen. Den Rest hat die deutsche Regierung draufgelegt.

Dies entspricht dem Konzept von WIDU.africa. Die geförderten Unternehmern in Afrika müssen selbst genauso viel Geld wie der Diaspora-Förderer einbringen. Das ist den Projektverantwortlichen wichtig, damit die Partnerschaft auf Augenhöhe stattfindet. „Durch die Investition des gleichen Betrags sind die Partner gleichberechtigt“, heißt es auf der WIDU-Plattform. Gefördert werden bislang nur Unternehmen aus Ghana und Kamerun. Dabei bezahlt der Diaspora-Partner ein Viertel und der Unternehmer ebenfalls. Die Summe daraus legt der Staat noch mal drauf – es gibt einen maximalen staatlichen Zuschuss von 2500 Euro pro Projekt, weil die höchste Fördersumme 5000 Euro beträgt.

Seit Ende 2019 ist die Plattform online. Nach Angaben des WIDU-Programmleiters Wolfram Zunzer von der GIZ haben sich seitdem über 2000 Projekte registriert, wovon rund 650 in Ghana und Kamerun bereits umgesetzt werden. Damit können 3 Millionen Euro private und öffentliche Gelder mobilisiert werden. Nach der Pilotphase, die im Mai 2020 beendet wurde, läuft das Projekt nun auch in anderen afrikanischen Ländern an. Noch dieses Jahr folgen Kenia, Togo und Äthiopien, weitere kommen 2021 hinzu.

Das Besondere an der Plattform ist, dass damit Unternehmer im informellen Sektor gefördert werden, die in den meisten Ländern Subsahara-Afrikas bis zu 90 Prozent des Arbeitsmarktes ausmachen. Zunzer erwartet, dass bis zum Ende der Projektlaufzeit Ende nächsten Jahres über 6000 Jobs geschaffen und über 8 Millionen Euro mobilisiert werden.

Von WIDU geförderte Unternehmerinnen und Unternehmer bekommen aber nicht nur Geld aus Deutschland, sondern sie erhalten auch ein individuelles Business-Coaching vor Ort. Dafür werden lokale Coaching-Organisationen gewonnen.

Hervé Tcheumeleu ist vom Konzept von WIDU.africa überzeugt – sein Verein half wie andere Diaspora-Organisationen auch an der Entwicklung der Plattform mit. So seien die Bedürfnisse der Betroffenen wirklich aufgenommen worden. WIDU.africa sei ein neuer Weg in der Entwicklungszusammenarbeit und schaffe nachhaltige Unternehmen. Diese seien nicht von Verwandten und Bekannten in der Diaspora geschaffen, sondern von den Unternehmern selbst vor Ort. Und das ist gut so, findet Tcheumeleu: „Denn in Afrika mangelt es nicht an Ideen, es mangelt an Geld.“ Da könne die Diaspora helfen.

Der digitale Ansatz ermöglicht es, schnell zu reagieren. So rief WIDU bereits kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie im März 2020 ein zusätzliches Förderprogramm ins Leben. Damit sollen gezielt die Kleinunternehmen gefördert werden, die mit ihren geschäftlichen Tätigkeiten einen Teil zur Bewältigung der Krise beitragen. Dafür wurde der Coachingprozess angepasst, um auch in Zeiten von Lockdowns tätig sein und Auszahlungen zeitgerecht vornehmen zu können. Hier gab es eine beachtliche Nachfrage: Derzeit befinden sich 160 Projekte in der Umsetzung.

Auch die bestehenden Projekte erhielten Corona-Hilfe: Zusätzlich zum regulären WIDU-Zuschuss gab es weitere 250 Euro für jedes Unternehmen. Dieses Geld können die Betroffenen zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten oder laufender Geschäftskosten, zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen oder zur Existenzsicherung in der Krise nutzen.


Link
WIDU.africa:
https://widu.africa/de

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