Resilienz

Mehr als nur ein Schlagwort?

Nach den verheerenden Zyklonen Idai und Kenneth im März und April müssen in Mosambik die besonders schwer betroffenen Provinzen und die Stadt Beira wiederaufgebaut werden. Es ist zu hoffen, dass nicht nur Gebäude und Infrastruktur rekonstruiert werden, sondern auch Resilienz entsteht.
Durch Zyklon Idai zerstörte Straße in Nhamatanda, etwa 50 Kilometer entfernt von Beira. picture-alliance/AP Photo Durch Zyklon Idai zerstörte Straße in Nhamatanda, etwa 50 Kilometer entfernt von Beira.

Eine internationale Geberkonferenz erbrachte kürzlich Finanzzusagen von 1,2 Milliarden US-Dollar für den Wiederaufbau Mosambiks. Das ist nur wenig mehr als ein Drittel der 3,2 Milliarden Dollar, die die mosambikanische Regierung als notwendig erachtet (siehe auch unseren Kommentar im E+Z/D+C e-Paper 2019/05, Debatte).

Das Ergebnis der Geberkonferenz muss für Mosambik und seine Regierung eine Ernüchterung gewesen sein. Auch der vorläufige Wiederaufbauplan war enttäuschend. Es handelte sich um wenig mehr als konventionelle Ideen eines prinzipiellen Weiter so. Wegen der strukturellen Korruption auf allen Ebenen von Staat und Verwaltung, Mega-Finanzskandalen und der weitverbreiteten Selbstbereicherung waren die Geber zögerlich mit Zusagen.

Resilienz wurde auf stabilere Gebäude und einige wenig mehr als kosmetische Maßnahmen zur Sicherung Beiras vor Überflutung durch das Meer oder die Flüsse Pungué und Buzi reduziert. Hinzu kommen soll eine weitere Verbesserung des Drainagesystems der Stadt. Dabei müsste allen Beteiligten das Schicksal des Ortes Sofala gerade in diesen Wochen vor Augen liegen. Die nur 30 Kilometer südlich von Beira gelegene ehemalige Handelsstadt musste bereits vor fast 140 Jahren aufgegeben werden, weil sie dem Meer nicht mehr trotzen konnte.

Sofala wurde im 9. Jahrhundert südlich des Mündungstrichters von Buzi und Pungué gegründet. Die Stadt war für 1000 Jahre der südlichste Hafen, den arabische, persische und indische Händler anliefen, und diente als Drehkreuz für den Handel mit dem afrikanischen Hinterland. Hier wurden hauptsächlich Elfenbein, Sklaven und Gold gehandelt. Doch Ende des 19. Jahrhunderts kam all dies zu einem schnellen Ende.

Einige, eher marginale Veränderungen im Küstenverlauf, die völlige Vernachlässigung von Küstenschutz plus die restriktive Zollpolitik des portugiesischen Kolonialregimes führten zum Ende der Stadt. Heute sind von Strand aus nur noch einige Ruinen im Meer zu erkennen.

Die Rolle Sofalas übernahm Beira. Bei Gründung um 1880 schien es sich um einen geeigneten Platz zum Siedeln zu handeln, heute sind hunderttausende Menschen vom Wasser bedroht. Denn weit mehr als die Hälfte der fast 600 000 Einwohner lebt unter dem Meeresspiegel, der stetig steigt.

Hinzu kommt, dass sämtliche Flüsse im Zentrum und im Norden Mosambiks weder über effiziente Flussdeiche noch über unbebaute Überflutungsgebiete (Reten­tionsflächen) verfügen. Es gab in den vergangenen Jahren Anstrengungen, das marode Drainagesystem zu erneuern, aber Beira steht trotzdem in jeder Regenzeit in weiten Teilen unter Wasser. Entlang der Flussläufe entstehen immer wieder Überschwemmungsseen, in denen Menschen ertrinken und die Ernten vernichtet werden.

Hier ergeben sich mehrere Dilemmata: Will man die Stadt Beira dort belassen, wo sie heute liegt, tun sich unkalkulierbare Ewigkeitskosten für die Konstruktion und Instandhaltung von echten Deichen sowie für die weitere Rehabilitierung und den Betrieb eines effizienten Drainagesystems auf. Gleiches gilt für die Flussdeiche. Retentionsflächen von Wohnbebauung freizuhalten dürfte nahezu unmöglich sein. Gerade die flussnahen Agrarflächen zählen zu den fruchtbarsten im ganzen Land.

In Mosambik gibt es keine Institution, die in der Lage wäre, alle diese Dilemmata auch nur ansatzweise aufzulösen. Wer soll etwa eine zumindest partielle Verlegung Beiras in höher gelegene Gebiete umsetzen oder die Räumung überschwemmungsgefährdeter Flussauen?

Hinzu kommt die notorische Korruption. Geber, die ihre Finanzmittel durch staatliche Kanäle in Wiederaufbauprojekte leiten wollen, müssen davon ausgehen, dass Teile dieser Gelder auf Konten hochrangiger Vertreter von Staat und Verwaltung landen. Der Ankündigung auf der Geberkonferenz, dass das hastig gegründete, staatliche „Wiederaufbaubüro“ einer rigorosen internationalen Finanzaufsicht unterliegt, muss daher mit Skepsis begegnet werden.


Friedrich Kaufmann ist Leiter der Deutschen Auslandshandelskammer in Maputo, Mosambik.
friedrich.kaufmann@gmx.net

Winfried Borowczak ist Sozialökonom und freier Consultant mit den Schwerpunkten Privatsektorförderung und Organisationsentwicklung in Afrika und portugiesischsprachigen Ländern.
winborow@aol.com

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