Entwicklung und
Zusammenarbeit

Wahlen

Paul Biya ist eine Zeitschleife, aus der Kamerun scheinbar nicht entkommt

Mit 92 Jahren ist Paul Biya der älteste Staatschef der Welt. Seine Wiederwahl nach 43 Jahren an der Macht spiegelt die politische Stagnation Kameruns wider. Die Jugend des Landes ist desillusioniert, die Institutionen sind unfassbar schwach. Auch wenn Biya den Rekord hält – einmalig ist diese Situation in der Region nicht.
Präsident Paul Biya bei seiner achten Vereidigungszeremonie in Yaoundé im November. picture alliance/Xinhua News Agency/Wang Ze
Präsident Paul Biya bei seiner achten Vereidigungszeremonie in Yaoundé im November.

Biyas Anhänger*innen bezeichnen seine fortdauernde Herrschaft als Willen des Volkes und ihn selbst als beständigen, erfahrenen Führer, der das Land durch nationale und regionale Turbulenzen führen und die Entwicklung vorantreiben kann. 

Andere meinen, dass das politische System Kameruns mehr auf Kontinuität und Kontrolle setze als auf Wettbewerb. Kritiker*innen verweisen auf ein komplexes Zusammenspiel struktureller, politischer und psychologischer Faktoren – wie staatliche Dominanz, Loyalität der Elite, schwache Institutionen und Demokratiedefizite –, die zusammen Kameruns Entwicklung behindern. Wegen Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen betrachten sie das Ergebnis als ungültig.

Seit seiner Machtübernahme 1982 festigte Paul Biya seine Autorität durch eine dichte Vernetzung von Patronage, Klientelismus und bürokratischer Kontrolle. Nach Einführung des Mehrparteiensystems 1992 ging er effektiv mit politischem Pluralismus um, indem er seine Partei CPDM – Cameroon People’s Democratic Movement – ins Zentrum der Staatsmacht stellte. Laut einer Studie hat Biya mehr als 1500 hochrangige Mitglieder der politischen Verwaltung eingesetzt, von denen 94 % Mitglieder der CPDM sind (Mişcoiu und Kakdeu, 2021). 

Die politische Landschaft Kameruns wurzelt in der Vergangenheit und bietet wenig Raum für echte politische Teilhabe, geschweige denn für Veränderungen. Die öffentliche Verwaltung spielt eine zentrale Rolle dabei, die aktuelle politische Ordnung aufrechtzuerhalten, und ist ein Instrument für den politischen Machterhalt. Ernennungen, Beförderungen und Ressourcenverteilung hängen mehr von politischer Loyalität ab als von Leistung. Diese Politisierung hat die Grenze zwischen Staat und Regierungspartei verwischt. Auch wenn Biyas Regierung offene Repressionen weitgehend vermieden hat, sagen kritische Stimmen, sie habe die institutionelle Legitimität untergraben und das öffentliche Vertrauen in das politische System ausgehöhlt.

Vor diesem Hintergrund kam Biyas Sieg bei den Präsidentschaftswahlen 2025 kaum überraschend. Dennoch hatten viele Menschen in Kamerun diesmal etwas anderes erwartet. Mehr als 60 % der Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre – die Kluft zwischen der Jugend des Landes und der Regierung unter Führung eines 92-Jährigen ist enorm. Hohe Arbeitslosigkeit, begrenzte Möglichkeiten zur politischen Teilhabe, anhaltende Frustration über Korruption und institutionelle Ineffizienz über Jahrzehnte hinweg trugen dazu bei, dass seine Wiederwahl als unwahrscheinlich galt. Die ungelösten und scheinbar endlosen gewalttätigen Konflikte in verschiedenen Regionen Kameruns heizten diese Erwartung zusätzlich an.

Demokratiemüdigkeit

Viele Beobachtende beschreiben die aktuelle politische Entwicklung Kameruns als von „Demokratiemüdigkeit“ geprägt, einer weit verbreiteten Enttäuschung darüber, dass demokratische Prozesse keine greifbaren Veränderungen hervorbringen. Für viele Menschen in Kamerun waren die Wahlen 2025 eher eine rituelle Bekräftigung der etablierten Machtverhältnisse als ein demokratischer Wettbewerb. Formal besteht zwar politischer Pluralismus, aber die Opposition bleibt zersplittert, marginalisiert und unterdrückt. Die staatlichen Institutionen sind stark politisiert, es herrscht bürokratische Trägheit, und selektive Justiz ist an der Tagesordnung. Die mangelnde Autonomie und Glaubwürdigkeit der Wahlkommission verstärken den Eindruck, dass Wahlen nichts an den Machtverhältnissen ändern werden. Biyas Wiederwahl zeigt letztlich, dass es mehr um den Erhalt des Status quo geht als um Reformen.

Diesem Muster ähneln viele Regierungen innerhalb der Wirtschaftsgemeinschaft der Zentralafrikanischen Staaten (ECCAS – Economic Community of Central African States): alterndes Führungspersonal, manipulierte politische Übergänge, Unregelmäßigkeiten bei Wahlen und institutionelle Schwäche. In der gesamten Region versteckt sich hinter der Rhetorik der Stabilität oft schlicht demokratische Stagnation. 

Paul Biyas Wiederwahl signalisiert, dass dies so bleiben wird, was die politischen Kalküle in der gesamten Region beeinflusst. Biya ist ein wichtiger Akteur in der ECCAS. Sein Festhalten an einer Politik der Nichteinmischung und der schrittweisen Diplomatie wirft Fragen hinsichtlich der normativen Stärke und der Glaubwürdigkeit des Blocks auf. Die ECCAS erscheint immer mehr als Zone kontrollierter Instabilität, in der Konflikte zwar eingedämmt, aber selten gelöst werden.

Kamerun steht national wie regional an einem kritischen Punkt. Innenpolitisch muss die Regierung unter Präsident Biya dringend ihren Führungsansatz überdenken. Es bedarf unbedingt einer Reform der politischen Kultur Kameruns, um Stabilität zu gewährleisten, insbesondere im Hinblick auf einen möglichen Übergang – auch innerhalb der herrschenden Elite. Tatsache ist, dass Biya mit seinen 92 Jahren nicht mehr lange Präsident bleiben wird, dass der Druck aus der jungen, frustrierten und unruhiger werdenden Bevölkerung wächst und dass das geopolitische Umfeld volatil ist.

Kamerun, dessen Kontinuitätsstreben sich als der größte Fehler herausstellen könnte, muss die Illusion der Beständigkeit aufgeben und beginnen, eine neue politische Ordnung innerhalb der ECCAS zu erwägen. Um seinen Einfluss in der regionalen Gemeinschaft zu erhalten, sollte es sich an globalen Vorbildern orientieren, die Inklusivität, Generationswechsel, Rechenschaftspflicht und Regierungsreformen ins Zentrum stellen.

Link
Mişcoiu, S., und Kakeu, L.-M., 2021: Authoritarian clientelism: the case of the president’s ‘creatures’ in Cameroon. Acta Polit 56, 639-657.  

Epah Mfortaw Nyukechen ist Programmassistent bei der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES). 
epah.nyukechen@fes-kamerun.org 

Relevante Artikel

Neueste Artikel

Beliebte Artikel