Schnelles Wachstum managen

Seit den frühen 1990er Jahren ist der Hochschulsektor in Mosambik schnell gewachsen. Das zeigen die Immatrikulationszahlen wie auch die Zahl der öffentlichen und privaten Institutionen. Diese reagieren auf unterschiedliche Weise auf die Herausforderungen. Einige expandieren und bieten im ganzen Land neue Kurse an. Andere konzentrieren sich eher auf die Qualität ihrer Angebote, statt den enormen Hunger nach Abschlusszeugnissen zu stillen. Die geringe Zahl qualifizierter Dozenten behindert alle Einrichtungen in ihrer Arbeit.


[ Von Lidia Brito, Roland Brouwer und Ana Menezes ]

Wenn Entwicklung sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, dann verbessert sich mit der Zeit der Lebensstandard aller. Wünschenswerte Entwicklungspolitik zeichnet sich dadurch aus, dass sie den Menschen dabei hilft, ihr Potenzial zu nutzen, Unsicherheit bekämpft, neue Möglichkeiten schafft und garantiert, dass Erfolge nachhaltig sind.

Für eine an den Menschen orientierte Entwicklung spielt Bildung eine zentrale Rolle, einschließlich Hochschulbildung. Sie sorgt für qualifizierte Arbeitskräfte und trägt zur Lösung von Problemen bei. In Mosambik, einem der sehr armen Ländern Afrikas, bemühen sich Bildungseinrichtungen mit unterschiedlichen Strategien um Einfluss.

Der mosambikanische Hochschulsektor ist immer noch ziemlich klein für eine Bevölkerung von etwa 20 Millionen. Aber er ist in den vergangenen 15 Jahren schnell gewachsen. Nach offiziellen Statistiken ist die Zahl der Studierenden von 4000 im Jahr 1990 auf fast 17 000 im Jahr 2002 und auf 28 000 im Jahr 2005 gestiegen. Die Zahl der Hochschuleinrichtungen ist von drei im Jahr 1990 bis heute auf 22 gestiegen. Bis 1995 gab es keine privaten Institutionen, heute machen sie die Hälfte aller Einrichtungen aus und haben einen Anteil von einem Drittel an den Immatrikulationen.

Obwohl der öffentliche Sektor immer noch dominiert, spielen private Hochschulen eine zunehmend wichtige Rolle, da sie im ganzen Land den Zugang zu akademischer Bildung verbessern. Unsere Tabelle fasst die wichtigsten Merkmale der zwei gängigen Typen von Hochschuleinrichtungen zusammen.

Die Zunahme der Hochschuleinrichtungen ist vor allem eine Folge der gestiegenen Nachfrage. Die wachsende Nachfrage wiederum spiegelt berufliche Ambitionen wider: Ein akademischer Abschluss gilt als Garantie für höheres Einkommen.

Die Zahl der Schüler auf Sekundarschulen ist ebenfalls dramatisch gestiegen: Für die Klassen 8 bis 10 hat sie sich seit 2002 verdreifacht. Das deutet darauf hin, dass die Nachfrage nach Hochschulbildung weiter steigen wird.


Die Strategie der Regierung

Im Jahr 2000 verabschiedete die Regierung einen „Strategischen Plan für die Hochschulbildung“ (PEES 2000 – 2010). Er wurde gemeinsam mit dem Hochschulsektor entworfen und widmet sich mehreren strategischen Zielen, wie zum Beispiel einem landesweit besseren Zugang und der finanziellen und wissenschaftlichen Nachhaltigkeit des Systems. Die Regierung hält aus entwicklungspolitischer Sicht Sektoren wie Bildung, Gesundheit, Regierungsführung, Tourismus und Bodenschätze für besonders wichtig. Deshalb spielen diese Fächer in der akademischen Ausbildung die größte Rolle.

Der Regierungsplan beschreibt verschiedene Möglichkeiten für das Wachstum von Hochschuleinrichtungen (siehe Kasten nächste Seite). Ein Weg ist, sich möglichst schnell und kostengünstig in einer begrenzten Fächerzahl mit hoher Nachfrage zu vergrößern. Eine andere Option ist die Konzentration auf einige wenige sehr spezielle Fächer. Ein dritter Weg besteht darin, ein breites Fächerangebot zu schaffen, um von interdisziplinären Synergien zu profitieren. Das landesweite Angebot kann durch die Eröffnung neuer Einrichtungen in bisher unterversorgten Regionen oder aber durch Zweigstellen bereits bestehender Institutionen verbessert werden. Wichtig ist die Finanzierung. Regierungsgelder fließen zwar zuverlässig, sind aber begrenzt und kommen vor allem öffentlichen Einrichtungen zugute. Die Einnahmen privater Hochschulen sind dagegen oft unbeständig.

Leider ignorieren die meisten Bildungseinrichtungen den internationalen Wettbewerb. Die Kosten für einen Abschluss an einer privaten Hochschule in Mosambik entsprechen denen an einer Universität im benachbarten Südafrika. Entsprechend schnell wächst die Zahl der in Südafrika eingeschriebenen mosambikanischen Studierenden: von 385 im Jahr 2000 auf 887 im Jahr 2004. Insgesamt hat sich der Anteil der mosambikanischen Auslandsstudenten von 1999 bis 2004 von vier Prozent auf zehn Prozent erhöht.

Der öffentliche Hochschulsektor setzt sich aus vielen relativ kleinen, spezialisierten Einrichtungen und nur einer einzigen großen, multidisziplinären Universität zusammen. Die kleinste der im Jahr 2005 registrierten sieben öffentlichen Einrichtungen war die Militärakademie in Nampula mit nur 65 Studenten. Die Eduardo-Mondlane-Universität (UEM) in Maputo dagegen hat rund 14 000 Studierende. Sie ist immer noch die einzige vollwertige Universität des Landes und deckt 17 der 22 Fächer ab, die die UNESCO 1997 in ihrer Internationalen Standardklassifikation im Bildungswesen (ISCED) definiert hat.

Private Einrichtungen sind in Bezug auf die Anzahl der Studierenden und der Dozenten vergleichsweise klein. Eine der UEM vergleichbare private Universität gibt es nicht. Die Zahl der Studierenden liegt durchschnittlich bei 1048 und ist damit nur halb so hoch wie an öffentlichen Hochschulen. Die durchschnittliche Zahl der Vollzeitangestellten beträgt 72 – ein Drittel im Vergleich zu öffentlichen Institutionen. Private Einrichtungen stützen sich stark auf Teilzeitangestellte. Ein Grund dafür ist, dass sie aufgrund der eher unzuverlässigen Einkünfte aus Studiengebühren flexiblere Arbeitskräfte brauchen.

Darüber hinaus haben viele Teilzeitdozenten an Privateinrichtungen zusätzlich Vollzeitstellen an öffentlichen Institutionen. Mosambik hat nur 2200 qualifizierte Hochschuldozenten. Dieser Mangel behindert weiteres Wachstum und verdeutlicht die Unterversorgung mit Masterkursen in Mosambik.

Die meisten Studierenden gibt es in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Mehr als 50 Prozent sind in diesen Fächern eingeschrieben. In privaten Hochschulen sind es sogar 70 Prozent, vermutlich weil diese gewinnorientiert arbeiten müssen und die Studienplatzkosten in den Geisteswissenschaften generell niedriger sind als in den Natur- und Ingenieurwissenschaften. Der geringe Anteil technischer Studienfächer beschränkt jedoch den Beitrag der Hochschulen zum technologischen Wandel. Die Regierung hat deshalb kürzlich neue polytechnische Hochschulen gegründet.

Schlussfolgerung

Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass akademische Bildung in Mosambik vielgestaltiger werden muss, wenn sie einer an den Menschen orientierten Entwicklung dienen soll. Die Ausbreitung von Institutionen in den verschiedenen Regionen sorgt dafür, dass junge Leute in ihren Heimatprovinzen studieren und ihre Fachkenntnisse vor Ort anwenden können.

Aber die Erhöhung der Graduiertenzahlen allein fördert noch keine menschenzentrierte Entwicklung. Die Absolventen müssen darauf vorbereitet sein, selbst Veränderungen herbeizuführen, und sie müssen in die Lage versetzt werden, zu Entwicklung beizutragen. Die größte Herausforderung für Entscheidungsträger ist daher, Ausgewogenheit zwischen einerseits einer raschen Ausdehnung, andererseits einer hohen Qualität des Angebots sowie der Förderung lokal bedeutsamer Fachkenntnisse herzustellen. Wenn alle drei Ziele erreicht werden sollen, ist strategische Planung unverzichtbar.

Akademische Bildung wirkt direkt und indirekt auf Entwicklung; die Auswirkungen sind mittel- bis langfristig. Deshalb braucht jedes Hochschulsystem eine langfristige Vision, die sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientiert. Mit anderen Worten: Universitäten müssen den Kontakt suchen – zur Öffentlichkeit, zum Privatsektor wie auch zu anderen entwick­lungspolitischen Akteuren.

Die Eduardo-Mondlane-Universität (UEM) ist die älteste Universität in Mosambik. Sie ist nach einem interessanten Modell gewachsen und hatte im vergangenen Jahr 14 199 Studierende. Die UEM hat die Zahl der Studenten in den meisten Lehrveranstaltungen erhöht – mit Ausnahme von Architektur und Veterinärmedizin – und in mehreren Fakultäten Masterprogramme gestartet. Außerdem hat die UEM sich über Maputo hinaus ausgedehnt. Sie bietet nun in der Stadt Beira Jura an, in Inhambane Tourismus und in Quelimane Ozeanografie. In Inhambane und Quelimane wurden eigene Hochschulen eingerichtet, die mehr Autonomie als ausgelagerte Fakultäten genießen. Die Wahl der Standorte steht im Einklang mit den allgemeinen Entwick­lungsplänen der Regierung.

Die Pädagogische Universität (UP) wurde 1982 als Pädagogisches Institut für die Lehrerausbildung gegründet. Zehn Jahre später wurde das Institut zur Universität. 2005 überholte die UP die UEM in den Studierendenzahlen und wurde mit 15 217 Immatrikulationen die größte Universität des Landes. Das Wachstum wurde vor allem durch den Bedarf an Lehrern angetrieben, aber auch die wachsende Zahl von Oberschulabsolventen und die steigende Nachfrage nach akademischer Bildung spielten eine Rolle. Die UP erweiterte ihr Studienangebot um Fächer wie Verwaltung und Bildungsplanung, aber auch um traditionelle Fächer wie Geografie, Mathematik, Englisch oder Chemie. Nicht mehr alle Kurse zielen auf die Lehrerausbildung.

Die Immatrikulationszahlen schossen daher 2005 und 2006 um ein Drittel in die Höhe. Um das zu bewältigen, hat die UP nicht nur Zweigstellen in allen Provinzhauptstädten eröffnet, sondern auch unkonventionelle Maßnahmen ergriffen, zum Beispiel
– die Einführung eines Lehrbetriebs in drei Schichten in den vorhandenen UP-Räumen und die Nutzung von Schulgebäuden am Abend,
– die Erhöhung der Studentenzahl pro Dozent sowie der Teilnehmer pro Seminar (fast alle Abendseminare für Erstsemester haben mehr als 60 Studierende) und
– die Anstellungen von öffentlich Bediensteten für die Lehre, auch wenn sie kaum Zeit haben, hochwertige Seminare vorzubereiten.

In letzter Zeit sind neue Polytechnische Hochschulen abseits vom Modell der Massenuniversität entstanden. Da in Mosambik die Naturwissenschaften den Geistes- und Sozialwissenschaften hinterherhinken, hat sich die Regierung für die Gründung polytechnischer Hochschulen entschieden, die den technologischen Wandel fördern sollen.

Im letzten Jahr nahmen drei solcher Einrichtungen in den Provinzen Gaza, Manica und Tete den Betrieb auf, spezialisiert auf regional bedeutsame Felder (Landwirtschaft in Gaza und Manica, Bergbau in Tete). Das Ziel ist die Ausbildung hochqualifizierter Experten, nicht eine möglichst hohe Studentenzahl. Die drei Einrichtungen nehmen jährlich nur 150 Studierende auf, die Quote von Studenten pro Dozent liegt bei günstigen 10:1.

Um die Verbindung zum Privatsektor zu verbessern, wurden Teilzeitdozenten aus örtlichen Unternehmen rekrutiert. Diese Firmen bieten den Studierenden auch Praktikumsplätze an. Die Seminare betonen die Integration von theoretischem Wissen, praktischen Fertigkeiten und unternehmerischem Denken. Absolventen, die gute Geschäftspläne vorlegen, werden finanziell gefördert und ihre Unternehmen mit Startkapital unterstützt.

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