Kommentar

Suharto: Diktatur, Korruption und ein bisschen Entwicklung

Es ist falsch, den Tschad nur durch die Darfur-Linse zu betrachten. Der jüngste Putschversuch hatte innenpolitische Ursachen.


[ Von Paul-Simon Handy ]

Im Tschad tobt seit Jahrzehnten eine politische Krise, zu der interne und externe Faktoren beitragen. Der Putschversuch vom Februar 2008 war der letzte in einer langen Reihe von Anläufen, ein als korrupt und illegitim angesehenes Regime zu stürzen. Präsident Idriss Déby ist seit Jahren für Repression bekannt.

Daher erstaunt das geschlossene Vorgehen des UN-Sicherheitsrates. Er hat Frankreich beauftragt, die existierenden Institutionen in N’Djamena (also auch Déby) zu schützen. Diese Haltung zeugt von der Sorge der UN um geplante humanitäre Missionen (Eufor im Osten des Tschad und die Hybrid-Operation von UN und AU in Darfur). Die Entscheidung birgt aber auch das Risiko, die komplexen Probleme im Länderdreieck Tschad/Sudan/Zentralafri­ka­ni­sche Republik zu verschärfen.

Die internationale mediale Perzeption des Darfur-Konflikts arbeitet mit vereinfachenden Kategorien, die den Blick auf die Krise verstellen. Dazu beigetragen hat die Hollywoodisierung der Hilfskampagnen in den USA. Irreführende Dichotomien (Araber gegen Schwarzafrikaner, Moslems gegen Christen) haben die Idee genährt, die Krise in Darfur verursache die regionale In­sta­bi­lität. Nicht nur humanitäre Organisationen suggerieren dies aus verständlichen Gründen, auch der UN-Sicherheitsrat betrachtet Tschad vor allem durch diese Linse.

Die Resolution 1778, die die Entsendung von europäischen Truppen (Eufor) im Osten des Landes sowie im Nordosten der Zentralafrikanischen Republik vorsieht, beruft sich auf die humanitären Herausforderungen in Darfur. In der Tat haben kriegerische Auseinandersetzungen dort die Flucht von rund 240 000 Zivilisten in Richtung Tschad ausgelöst. Tschad ist technisch und finanziell überfordert – nicht zuletzt, weil die Gewalt zwischen der regulären Armee und Rebellen auch rund 180 000 Menschen intern vertrieben hat.
Die wiederkehrenden politischen Turbulenzen in N’Djamena sind keine direkte Nebenwirkung des Darfur-Konflikts. Sie sind das Ergebnis einer tief verankerten politischen Kultur der Gewalt, die sich seit der Unabhängigkeit etabliert und über die Monopolisierung der Staatsressourcen durch kleine – teilweise militärische – Eliten reproduziert hat. Eine internationale Intervention, die das außer Acht lässt, wird höchstens symbolischen Erfolg haben.

Déby ergriff im Jahre 1990 im Rahmen eines Putsches die Macht. Das ist im Tschad leider normal. Das Land hat noch keinen konstitutionellen Regierungswechsel erlebt. Die oberflächliche Demokratisierung Anfang der 90er hat weder die Muster des Regierens verändert noch eine breitere Partizipation der Bevölkerung am wirtschaftlichen und politischen Leben erlaubt. Um politische Divergenzen auszutragen, bleibt der Opposition nur bewaffneter Kampf.

In seiner 17-jährigen Amtszeit hat Deby viel Zeit damit verbracht, seine Gegner entweder einzuschüchtern, militärisch zu bekämpfen oder für das Regierungslager zu gewinnen. So hielt er sich zwar an der Macht, aber indirekt schuf er auch die Konditionen für Putschversuche gegen ihn. Seine Entscheidung, das 1996 verabschiedete Grundgesetz so zu verändern, dass er für eine dritte Amtszeit kandidieren darf, kann als Ausgangspunkt der jetzigen Krise gelten. Die Vielzahl der Rebellengruppen, die sich seither gebildet haben und die meist seinem engen Umfeld entstammen, sind Ausdruck eines kollabierenden Regimes und eines tief gespaltenen Landes.

Sicherlich steht Tschad auch unter externem Druck. Der Sudan hat bereits mehrmals Rebellen zur Macht in N’Djamena verholfen – inklusive Déby. Daneben mischt sich Libyen mit einer zweideutigen politischen Agenda ein. Doch auch Frankreich spielt eine wichtige Rolle, ohne zurzeit eine klare Strategie erkennen zu lassen. Bilaterale Militärverpflichtungen Frankreichs gegenüber Déby lassen indessen Fragen über die Neutralität von Eufor aufkommen. Das Scheitern des jüngsten Putschversuchs hat derlei noch verstärkt. Ob das wirklich der Sicherheit der Eufor im volatilen Osten des Landes dienen wird, bleibt abzuwarten.

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