Gesundheit

Medizinische Mythen können tödlich sein – etwa in Sambia

In Sambia kommen immer mehr Verstorbene im wichtigsten Krankenhaus des Landes an. Das könnte mit dem weit verbreiteten Unwissen über Covid-19 zusammenhängen – und damit, dass viele Menschen die Vorsichtsmaßnahmen nicht einhalten.
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In Sambia sterben immer mehr Patienten, bevor sie die Uniklinik in Lusaka erreichen, das größte Krankenhaus des Landes. „Wir verzeichnen eine Zunahme von Fällen, in denen Tote eingeliefert werden“, sagt Lloyd Mulenga, der die Abteilung Infektionskrankheiten im Gesundheitsministerium leitet. Die Uniklinik habe zwischen Juni und November 4339 solcher Fälle registriert, während es im gleichen Zeitraum im Vorjahr 3711 gewesen seien.

Die Todesursachen sind vielfältig, nicht alle haben mit Covid-19 zu tun. Doch der Anstieg könnte laut Mulenga durchaus mit der Pandemie zusammenhängen – und ein Zeichen dafür sein, dass viele Sambier die Vorsichtsmaßnahmen nicht einhalten.

Mitte Dezember hatte das Land laut der unabhängigen Statistikwebsite worldometers.info 18 400 Coronafälle und 367 Coronatote. Die Zahlen nahmen weiter zu.

Dass es immer mehr von ihnen nicht rechtzeitig ins Krankenhaus schafften, könnte auch mit der wachsenden Tendenz zusammenhängen, Covid-19 selbst zu behandeln. Viele Menschen nähmen dagegen Medikamente ein, die für andere Krankheiten entwickelt wurden, oder probierten „verschiedene Kräutermischungen“, sagt Mulenga. „Das untergräbt die medizinischen Anstrengungen, das Virus unter Kontrolle zu bringen und Neuinfektionen zu verhindern.“

Der Arzt Nyambe Mukubesa, der ebenfalls im Gesundheitsministerium arbeitet, bestätigt das. „Viele Bürger missbrauchen Malariamedikamente und andere Medizin, um Covid-19 zu behandeln, ohne medizinischen Rat einzuholen“, berichtet er. „Eine weitere Zunahme von Fällen ist somit wahrscheinlich.“

Eine Umfrage des internationalen Marktforschungsunternehmens Ipsos im März und April dieses Jahres in Sambia brachte weitverbreitetes Unwissen zutage: Mehr als die Hälfte der 1035 Befragten (54 Prozent) glaubte demnach, dass Zi­tronensaft und Vitamin C vor dem Virus schützten, fast ebenso viele (49 Prozent) waren überzeugt, dass das warme Klima die Verbreitung von Corona verhindere.

Die Ergebnisse hat Ipsos in dem Bericht „Responding to Covid-19: Highlights of a Survey in Zambia“ veröffentlicht. Dort heißt es auch: „Jeder Vierte glaubt, dass Covid-19 mit Knoblauch geheilt werden kann, und beträchtliche Minderheiten denken, dass Afrikaner es nicht bekommen können (15 Prozent) oder dass das Trinken von Bleichmittel dagegen hilft (9 Prozent).“

Falsche Annahmen können auch zu unnötiger Angst führen. „Ich dachte, dass nur alte Menschen oder solche mit Vorerkrankungen das Virus bekommen könnten“, sagt die 33-jährige Mercy Chilongo. „Als ich selbst Covid-19 bekam, dachte ich, das sei mein Ende.“ Mittlerweile ist sie genesen.

In manchen Fällen kennen die Menschen die richtigen Vorsichtsmaßnahmen, können sie aber nicht einhalten. Abstandhalten ist schwierig, wenn kein Zimmer zur Verfügung steht, in dem Infizierte isoliert untergebracht werden können.

Viele andere Vorsichtsmaßnahmen liegen hingegen sehr wohl in der Hand der Menschen, werden aber trotzdem nicht konsequent eingehalten. „Dass Menschen die Maske abnehmen, wenn sie sich unterhalten, oder sie auf dem Kinn tragen oder dass sie keinen Abstand halten, ist ein Kampf, dem wir uns weiter stellen müssen“, sagt Gesundheitsminister Chitalu Chilufya.


Derrick Silimina ist freier Journalist in Lusaka.
derricksilimina@gmail.com

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