IPCC-Sonderbericht

Zerstörerische Landnutzung

Die Klimafolgen von Land- und Forstwirtschaft sowie anderen Arten der Landnutzung werden oft unterschätzt. Dabei sind sie erheblich, wie der Weltklimarat in seinem aktuellen Sonderbericht aufzeigt. Der Umgang mit Land, Nahrungsmitteln und Agrarproduktion muss nachhaltig werden. Es gilt, die wachsende Weltbevölkerung zu ernähren und gleichzeitig die Erderwärmung einzudämmen.
Die Menschheit muss Vieh nachhaltiger halten, um den Klimawandel abzumildern. Großviehschau in der Schweiz. Alexandra Wey/picture-alliance/KEYSTONE Die Menschheit muss Vieh nachhaltiger halten, um den Klimawandel abzumildern. Großviehschau in der Schweiz.

Der Klimawandel beeinflusst die Landnutzung, und diese trägt zum Klimawandel bei. Wie die Wechselwirkungen genau aussehen, legt der Weltklimarat (International Panel on Climate Change – IPCC) in seinem im August veröffentlichten Sonderbericht dar. 107 Wissenschaftler aus 52 Ländern waren daran beteiligt, davon mehr als die Hälfte aus Entwicklungsländern. Sie haben rund 7000 wissenschaftliche Studien ausgewertet.

Die Menschheit beeinflusst gut 70 Prozent der eisfreien Landoberfläche der Erde. Infrastruktur macht nur ein Prozent aus. 12 Prozent sind Ackerfläche, 37 Prozent Weideflächen und 22 Prozent genutzte Wälder. Die restlichen 28 Prozent sind weitgehend ungenutzt; dazu gehören Wälder und andere Ökosysteme, aber auch Felsen und Wüsten.

Der Anteil der genutzten Fläche wächst stetig. Die Nahrungsmittelproduktion hat laut dem Bericht zwischen 1961 und 2017 um 240 Prozent zugenommen – allerdings nicht nur durch mehr Flächen, sondern auch aufgrund höherer Produktivität.

Der Einfluss der Landnutzung auf Ökosysteme ist enorm – und oft zerstörerisch. Fruchtbarer Boden geht verloren, Wüsten breiten sich aus, und die Artenvielfalt nimmt ab. Zudem verbraucht die Landwirtschaft 70 Prozent des weltweiten Trinkwassers. Häufig geht auch die Funktion des Bodens als CO2-Senke verloren; er ist nach den Ozeanen der größte Kohlenstoffspeicher der Erde. Folglich befeuert die nichtnachhaltige Landnutzung die Erderwärmung.

Diese geht über Landmassen schneller vonstatten als über den Meeren. Was sich die Weltgemeinschaft im Pariser Vertrag als Limit gesetzt hat, ist über der Landoberfläche schon erreicht: Dem Bericht zufolge ist dort die mittlere Lufttemperatur seit der vorindustriellen Zeit um 1,5 Grad gestiegen, beinahe doppelt so stark wie die globale Durchschnittstemperatur.

Wegen des Klimawandels werden wiederum Extremwettereignisse häufiger und intensiver. Er trägt in vielen Regionen zu Landdegradierung und Wüstenbildung bei. Ernährungssicherheit und Ökosysteme sind bedroht. Die Risiken sind regional sehr unterschiedlich, wie die Autoren betonen, wobei die Auswirkungen für Länder niedrigen Einkommens tendenziell drastischer sind.

Wie sich der Klimawandel künftig auswirkt, hängt nicht nur vom Grad der Erwärmung ab, sondern beispielsweise auch vom Bevölkerungswachstum, von Konsumgewohnheiten, Produktionsweisen und dem technischen Fortschritt. Positiv ist, dass die Autoren zahlreiche Möglichkeiten im Zusammenhang mit Landsystemen sehen, um den Klimawandel zu mindern und sich daran anzupassen. Häufig sei das möglich, ohne um Landflächen zu konkurrieren, und mit zahlreichen Zusatznutzen verbunden.

Ein wichtiger Punkt ist nachhaltiges Landmanagement, das den Erhalt von Ressourcen wie Böden, Wasser, Tieren und Pflanzen und ihrer ökologischen Funktionen beinhaltet. Im Bericht heißt es: „Die Verringerung und Umkehr von Landdegradierung – in der Größenordnung von einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben bis hin zu ganzen Wassereinzugsgebieten – kann der Allgemeinheit kosteneffiziente, unmittelbare und langfristige Vorteile bringen und mehrere der Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (Sustainable Development Goals, SDGs) unterstützen.“

Die Autoren plädieren unter anderem für nachhaltigen Ackerbau, weniger Dünger und reduzierte Fleischproduktion. Außerdem gingen im Moment 25 bis 30 Prozent der produzierten Nahrungsmittel verloren oder würden weggeworfen – wenn sich das änderte, wäre schon sehr viel gewonnen.

Um bei der Landnutzung umzusteuern, halten die Autoren entsprechende Politik für nötig. Als konkrete Ansatzpunkte nennen sie unter anderem verbesserten Marktzugang, Sicherung von Nutzungsrechten und die Einbeziehung von Umweltkosten bei Nahrungsmitteln. Der Bericht macht klar: Gehandelt werden muss sofort. Das gilt für alle Sektoren, die für den Klimawandel relevant sind.


Link
IPCC-Sonderbericht Klimawandel und Landsysteme:
https://www.de-ipcc.de/254.php

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