Aid Effectiveness

Interesse an der Wirksamkeit wieder stärken

Seit Jahren gibt es Bestrebungen, die Wirksamkeit der Entwicklungspolitik durch effektivere Zusammenarbeit zu verbessern. Dazu wurde 2012 die Global Partnership for Effective Development Cooperation (GPEDC) als multilaterales Forum gegründet. Ihr fehlt es jedoch innerhalb der UN an der gewünschten Resonanz. Innerhalb der GPEDC kämpften die zivilgesellschaftlichen Akteure erfolgreich für mehr Einfluss.
Effektive Hilfe kommt dort an, wo sie wirklich gebraucht wird: Schule in Kamerun. Graben/Lineair Effektive Hilfe kommt dort an, wo sie wirklich gebraucht wird: Schule in Kamerun.

Das Wirksamkeitsprojekt zur Unterstützung der Erreichung der Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) wurde ursprünglich von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (Organisation for Economic Co-operation and Development – OECD) angeschoben. Es litt von Anfang an unter einem Geburtsfehler: Es fehlte ihm die Unterstützung großer Schwellenländer wie China und Indien. Diese sahen darin ihre Perspektiven nicht berücksichtigt. Für sie wurde daher in den Vereinbarungen ein eigener Kooperationsrahmen entwickelt: die Süd-Süd-Kooperation. Für diese gelten die Prinzipien der Aid Effectiveness nicht in gleicher Weise wie für die OECD-Geber.

Die fortbestehende Animosität der G77-Länder und Chinas manifestierten sich in der Zurückhaltung der UN, im Rahmen der Implementierung der Agenda 2030 der GPEDC ihren Platz beim Durchführungsmanagement deutlich und namentlich zuzuteilen. Mit dieser Nichtanerkennung der Global Partnership wird ein Instrument geschwächt, das eigentlich die Position der Entwicklungsländer stärken soll.

Ende 2016 trafen sich Vertreter aus rund 130 Staaten in Nairobi und zahlreiche entwicklungspolitische Akteure zum zweiten High-Level-Meeting der Global Partnership for Effective Development Cooperation und einigten sich auf das Nairobi Outcome Document. Darin erhalten der Privatsektor, die Süd-Süd-Kooperation und die Zivilgesellschaft zusätzliche Aufgabenbeschreibungen und das Indikatoren-Monitoring wird erweitert. Parlamentarischer Staatssekretär Thomas Silberhorn vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) übernimmt die Leitung der GPEDC gemeinsam mit zwei weiteren Vorsitzenden. Die Zivilgesellschaft erhält Unterstützung gegen die seit Jahren anhaltende Tendenz, ihren operationalen und politischen Spielraum einzuschränken.


Suche nach neuer Relevanz

Silberhorn versteht die gefährdete Rolle der GPEDC als eine der zentralen Herausforderungen. Auch bevor die UN die GPEDC düpierten, haben ihre Mitgliedstaaten und -akteure wenig für die Umsetzung und damit für die Glaubwürdigkeit ihres in Busan 2011 verabschiedeten Ansatzes getan (siehe Kasten, S. 18). Das Nairobi Outcome Document lobt die Ergebnisse des vorgelegten zweiten globalen Monitoring-Berichts, der alle zwei Jahre erscheint, für den Zuwachs an Ownership der Entwicklungsländer an ihren Plänen und Strategien und für die Zunahme der in den nationalen Haushalten verbuchten Mittel von Geberprojekten.

Der Bericht wurde von der Zivilgesellschaft als viel zu diplomatisch und optimistisch empfunden. Wenn dieses Instrument sich als glaubwürdige Informationsbasis für die Implementierung der SDGs erweisen soll, muss es seine Daten und Fakten nüchterner und weniger geschönt präsentieren. Zum Beispiel hat es bei den Zusagen zur Anerkennung nationaler Beschaffungsverfahren, bei der Lieferaufbindung, bei der Schaffung von Transparenz bei Finanzierungskonditionalitäten und auch bei der Übernahme nationaler Projektprioritäten und Zurückstellung eigener Geberprioritäten wenig bis keine Fortschritte gegeben. Der Privatsektor verhält sich weiterhin abwartend in Bezug auf die Anwendung von Wirksamkeitsprinzipien bei seinen Investitionen. Auch die Ausführungen über die gewachsene Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen an Multi-Stakeholder-Beratungen kann über den Trend zur drastischen Reduzierung und Einengung zivilgesellschaftlicher Akteure in vielen Ländern nicht hinwegtäuschen.


Strategien zur Stärkung der Wirksamkeitspolitik

Diesem High-Level–Meeting in Nairobi ging es ganz besonders darum, durch verschiedene Strategien die multilaterale Relevanz der GPEDC wieder zu stärken, etwa durch:

  • die vollständige Zuordnung der Aufgaben und Ergebnisse der GPEDC unter die SDGs und damit unter das High-Level Political Forum der UN, das die Fortschritte der Erreichung der SDGs überwachen und fördern soll,
  • die Betonung potenzieller Effektivitätssteigerungen und Risikoreduzierung der Privatsektorinvestitionen, wenn sie unter Nutzung der Effektivitätsprinzipien unternommen werden und
  • die Ausdifferenzierung des Global Monitoring Framework mittels weiterer Indikatoren.

Es gab auch Kräfte unter den beteiligten Regierungen und Akteuren, die durch die Verwässerung von vier zentralen Effektivitätsprinzipien einigen Ländern und dem Privatsektor entgegenkommen wollten, um auf diese Weise die Relevanz der GPEDC zu unterstützen. Sie wollten die Menschenrechtsorientierung schwächen, den Privatsektor von Inklusivitätsverpflichtungen entlasten und die Rolle der Zivilgesellschaft im Dokument reduzieren. In einigen Punkten, wie bei Demokratie, Menschenrechten und der Nutzung der offiziellen Entwicklungshilfe für die Risikosicherung von Privatinvestitionen, ist ihnen das auch gelungen.


Der Beitrag der Zivilgesellschaft

Im Verlauf der vergangenen elf Jahre hat die Zivilgesellschaft ihre Rolle in der Wirksamkeitsdebatte ständig gestärkt und ausgeweitet. Als die Paris Declaration 2005 verabschiedet wurde, waren die teilnehmenden Nichtregierungsorganisationen (NGOs) nur bloße Beobachter. Beim High-Level Meeting on Aid Effectiveness in Accra 2008 wurden sie als eigenständige Akteure anerkannt. Das Busan Outcome Document sah vor, ein rechtlich und politisch befähigendes Handlungsumfeld für die Initiativen der Zivilgesellschaft zu schaffen.

Verschiedene zivilgesellschaftliche Gruppen schlossen sich 2012 zu dem globalen Dachverband CSO Partnership for Development Effectiveness (CPDE) zusammen. Es ging darum, die Aufgaben im Steuerkomitee der GPEDC wahrnehmen zu können. Die Gruppen in der CPDE hatten sich an allen Vorbereitungsschritten für das High-Level-Meeting in Nairobi beteiligt und eine Reihe von Veranstaltungen während der offiziellen Konferenz vorbereitet und gestaltet.

In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Handlungsspielraum der Zivilgesellschaft in 109 Ländern drastisch verengt. Daher forderte die CPDE von der Nairobi-Konferenz ein Bekenntnis dazu, diesen Trend umzukehren, und hat dieses Bekenntnis auch erhalten. Paragraph 18 enthält die Zusage: „Wir sind entschlossen, den Trend des schrumpfenden Spielraumes der Zivilgesellschaft umzukehren.“ In der Präambel des Dokuments wird die Einschränkung zivilgesellschaftlicher Arbeitsmöglichkeiten auf eine Stufe mit den Risiken des Klimawandels oder mit globalen ökonomischen Schocks gestellt. Das Nairobi Outcome Document fordert die Geber und Entwicklungsländerregierungen auf, es NGOs zu ermöglichen, Strategien und Programme von Regierungen und anderen Akteuren zu begleiten, sich zu beteiligen und den Fortschritt zu evaluieren.

Kenias Regierung hatte geplant, dem Privatsektor und der Süd-Süd-Kooperation den roten Teppich auszurollen. Betreten hat ihn die Zivilgesellschaft. Staatssekretär Silberhorn warnte vor mehr Einfluss der Zivilgesellschaft in der GPEDC. Regierungen und Privatsektor würden sich dann weniger engagieren. Silberhorn zielt wohl darauf ab, China und Indien durch praktische Kooperation stärker in das GPEDC-Boot zu holen, auch wenn nicht zu erwarten ist, dass sie Mitglieder werden.


Link

2. Global Monitoring Bericht 2016 der GPEDC:
http://effectivecooperation.org/2016/11/2016-monitoring-report-released/


Peter Lanzet ist Development Finance/Development Policy Consultant. Er war 35 Jahre lang Mitarbeiter bei Brot für die Welt und baute dort unter anderem die Arbeitsstelle Entwicklungsfinanzierung und Entschuldung auf.
peter.lanzet@gmail.com

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