Global warming

„Knappe personelle Ressourcen“

Viele der Großstädte in Entwicklungsländern liegen am Meer, und nur wenige von ihnen sind auf die Auswirkungen des Klimawandels vorbereitet. Ihre jüngere Vergangenheit war meist von schnellem, planlosem Wachstum geprägt. Überlastete Infrastrukturen kennzeichnen die Gegenwart. Die kenianische Hafenstadt Mombasa ist ein typisches Beispiel für das, was die Zukunft bringen könnte.


[ Interview mit Cynthia Awuor und Andrew Adwera ]

Welche Auswirkungen wird der Klimawandel auf den Ballungsraum Mombasa haben?
Awuor: Der Klimawandel birgt verschiedene Risiken für Mombasa, darunter
– zunehmende Überflutungen, insbesondere in tief gelegenen Gebieten,
– Absinken beziehungsweise möglicherweise komplettes Versinken einiger dieser Areale im Meer,
– erhöhter Salzgehalt in Böden und Wasser, da das Meerwasser landeinwärts dringt, was unter anderem die Trinkwasserversorgung und die Landwirtschaft am Stadtrand beeinträchtigen würde,
– mehr Küstenschäden durch Stürme,
– eine stärkere Küstenerosion und
– größere Gesundheitsrisiken für viele Menschen.

An welche Gesundheitsrisiken denken Sie da?
Adwera: Zu den größten Gesundheitsgefährdungen in Mombasa gehören durch Wasser übertragene Durchfallerkrankungen wie Cholera. Diese Probleme werden sich höchstwahrscheinlich verschärfen, da die entsprechende Infrastruktur schon jetzt überlastet ist. Zudem kann die Hitzebelastung durch noch höhere Temperaturen in einem relativ feuchten Klima für die Menschen noch stärker werden.

Wen wird das voraussichtlich am meisten betreffen?
Awuor: Am gefährdetsten sind die armen Anwohner, die in provisorischen Ansiedlungen in den niedrig liegenden Teilen der Großstadt leben. Dazu gehören die Stadtteile Bombolulu, Kisauni, Mlangoni, Mwandoni, Kongowea und Likoni.

Wie viele Menschen leben in Mombasa – und wie viele von ihnen sind arm?
Awuor: Mombasa hat rund 856 000 Einwohner, und die Bevölkerung wächst jährlich schätzungsweise um vier Prozent. Das rasante Bevölkerungswachstum hat die Entwicklung der Infrastruktur und der staatlichen Sozialleistungen längst abgehängt. Die Stadt steht derzeit vor unzähligen Herausforderungen, von unzulänglichem und qualitativ schlechtem Wohnraum über mangelnde Sanitärversorgung bis zu häufigem Wassermangel. Mombasa ist der größte Seehafen in Ostafrika und bedient Kenia, Uganda, Nordtansania, Ruanda, Burundi und die Demokratische Republik Kongo. Es ist zudem ein beliebtes Touristenziel und eine lebendige Industriestadt. Die lokale Wirtschaft ist sehr dynamisch, daher lockt die Stadt viele Neuankömmlinge an. Andererseits sind viele Menschen in Mombasa extrem arm. Die jüngsten Zahlen stammen aus dem Jahr 1997, damals waren 38 Prozent der Einwohner von absoluter Armut betroffen.

Was muss getan werden, um die Armen vor den Folgen des Klimawandels zu schützen?
Awuor: Zunächst ist es sehr wichtig, rechtzeitige Frühwarnsysteme einzuführen, für klimabedingte wie auch für andere Katastrophen. Zudem muss die Fähigkeit der Gemeinden, auf Katastrophen zu reagieren, verbessert werden. Daher sind Pläne für effektives Katastrophenmanagement zu entwickeln. Und die Armen müssen in die Planung und Umsetzung einbezogen werden.

Was bringen offizielle Pläne denn überhaupt? In den meisten Großstädten in Entwicklungsländern wird die offizielle Stadtplanung gar nicht durchgesetzt.
Adwera: Für Mombasa wäre es tatsächlich sehr wichtig, dass Kenias Landentwicklungsgesetz und die entsprechenden städtischen Verordnungen durchgesetzt werden, um für Grundversorgung wie Wasser und Sanitäranlagen vorgesehene Gebiete frei zu halten. So könnten Überschwemmungen und durch Wasser übertragene Krankheiten vermindert werden. Generell wäre es sinnvoll, auch Kenias andere Planungsgesetze und das Baurecht zu überprüfen, richtig durchzusetzen und dabei mögliche Folgen des Klimawandels zu berücksichtigen. All das müsste natürlich mit der Finanzierung und Umsetzung von in der Gemeinde verwurzelten Initiativen zur Anpassung an den Klimawandel einhergehen, und zwar in Kooperation mit wichtigen Akteuren in der Stadt.

Haben die Armen politischen Einfluss?
Adwera: Die vulnerablen Gemeinschaften in Mombasa haben bislang politisch wenig zu sagen. Einige zivilgesellschaftliche Organisationen arbeiten mit ihnen und versuchen, sie so zu unterstützen, dass sie ihre Bedürfnisse artikulieren und sich für Veränderung einsetzen können.

Sind die lokalen Behörden handlungsfähig?
Awuor: Mombasas kommunale Regierung, der Municipal Council, ist dafür nicht ausreichend vorbereitet. Im Haushalt der lokalen Behörden sind keine Gelder für Investitionen in Anpassungs- oder Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen. Zudem wird im städtischen Bebauungsplan der Klimawandel gar nicht erst berücksichtigt. Allerdings haben die kommunalen Behörden schon Maßnahmen ergriffen, etwa Abflussrohre zu säubern, nachdem verstopfte Rohre zu schlimmen Überschwemmungen geführt hatten. Die lokalen Behörden fördern auch die Arbeit anderer Interessengruppen. So unterstützt die Stadtregierung etwa bei Katastrophen wie Überschwemmungen oder Stürmen die Nothilfe von meist zivilgesellschaftlichen Organisationen.

Sind die lokalen Behörden in der Lage, angemessen zu handeln?
Awuor: Nein, ihre personellen Ressourcen sind recht knapp, und die technischen und finanziellen Mittel sind so gering, dass sich kaum etwas tun lässt.

Welche Rolle spielt die nationale Regierung?
Awuor: Die Aufgabe der Regierung in Nairobi ist es, Politik und Pläne zur Förderung der Anpassung an den Klimawandel, des Klimaschutzes und der sozio­ökonomischen Entwicklung zu erarbeiten, voranzutreiben und zu fördern. Man ist gerade dabei, eine Nationale Klimawandelstrategie für Kenia zu formulieren, und das ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Zudem werden andere politische Strategien, wie die „Nationale Katastrophenentwicklungspolitik“ und die „Politik zur Entwicklung von trockenen und halbtrockenen Gebieten“, überarbeitet – unter Berücksichtigung des Klimawandels.

Was könnten internationale Hilfsorganisationen zur Verbesserung der Lage in Mombasa tun?
Awuor: Sie könnten etwa die Fortbildung lokaler Behördenmitarbeiter hinsichtlich technischer Aspekte des Klimawandels, Anpassungsmöglichkeiten und Klimaschutzmaßnahmen fördern. Aus- und Fortbildung muss finanziert werden. Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die finanzielle Unterstützung der Stadtentwicklung sowie der Überarbeitung und Umsetzung sinnvoller Politik und Technologien in zentralen Bereichen. Direkte Finanzhilfe für lokale Behörden und andere Entwicklungspartner – wie die nationale Regierung und zivilgesellschaftliche Organisationen – könnte die Umsetzung von Anpassungs- und Klimaschutzprogrammen in besonders gefährdeten Teilen der Stadt unterstützen.

Mit welchen Partnern sollten sie in Mombasa zusammenarbeiten?
Awuor: Zunächst einmal die lokalen Behörden. Aber auch zivilgesellschaftliche Organisationen, die mit vulnerablen Gruppen arbeiten, sind relevant. Wissenschaftliche, technische und Forschungsinstitutionen können wichtige Kooperationspartner sein, ebenso wie nationale Behörden mit Sitz in Mombasa. Zudem gibt es einige Unternehmen der Privatwirtschaft, die im Rahmen von Corporate Social Responsibility Hilfe leisten. Stadtentwicklung ist ein Thema, bei dem viele Interessen aufeinanderstoßen, und es muss auf lokaler Ebene gut gemanagt werden. Daher gibt es viele Möglichkeiten für Geber, einen bedeutenden Beitrag zu leisten – sie müssen sich aber dafür interessieren.

Fragen von Hans Dembowski.

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