Entwicklung

Keine Erfolge ohne den Privatsektor

Als im Jahr 2000 die Millennium Development Goals verabschiedet wurden, standen Unternehmen nicht im Fokus. Dabei sind Armutsminderung und Schutz vor dem Klimawandel ohne den Privatsektor nicht denkbar. Ein Plädoyer für mehr Zusammenarbeit von Privatwirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft.

[ Von Heike Bürskens ]

Zehn Jahre ist es her, dass die Millenniumserklärung und die Millenniums­­entwicklungsziele (MDGs) verabschiedet wurden. Der Beitrag von Unternehmen zum Erreichen der MDGs spielte lange praktisch keine Rolle. Dabei sind doch gerade Unternehmen zentrale Akteure. Durch neue Geschäftsansätze, die Arme nicht nur als Zielgruppe, sondern auch als Produzenten in den Blick nehmen, sorgen sie für Beschäftigung und Einkommen. Erst seit 2008 sind Initiativen zur Mobilisierung des Beitrags des Privatsektors in der internationalen Debatte auch auf oberster politischer Ebene angekommen – beispielsweise mit dem Business Call to Action und dem UN Global Compact Private Sector Forum, die im Jahr 2008 gegründet wurden. Gerade im letzten Jahr hat diese Entwicklung sowohl auf nationaler als auch auf multi- und bilateraler Ebene an Fahrt aufgenommen. Der Privatsektor und sein Beitrag zur Entwicklung spielt eine zunehmend herausragende Rolle.

Unternehmen tragen bereits auf vielfältige Weise zum Erreichen der MDGs bei. So leisten sie beispielsweise einen Beitrag zur Armutsminderung, indem sie
– Arbeitsplätze schaffen,
– Weiterbildungen und Trainings an­bieten,
– Umwelt- und Sozialstandards mitgestalten und verbreiten,
– günstige Produkte und Dienstleistungen anbieten, wie etwa Mikroversicherungen, erschwingliche Medikamente oder Zugang zu Energieversorgung, oder
– in öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Infrastruktur investieren.
Von diesen Maßnahmen profitieren auch die Unternehmen selbst: So verhindern gute Arbeitsbedingungen Auseinandersetzungen mit den Arbeitern und mindern damit das Produktionsrisiko. Durch Investitionen in nachhaltige und innovative Geschäftsfelder können Unternehmen ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern und ihre Innovationsfähigkeit verbessern.

Die Märkte der Armen und das Klima

Insbesondere der Markt für Produkte, die speziell an die Bedürfnisse armer Menschen angepasst sind, ist bisher kaum erschlossen und bietet Unternehmen neue Geschäftsmöglichkeiten. Dazu zählen innovative Geschäftsmodelle für diejenigen, die am „Bottom of the Pyramid“ (BoP) leben, dem unteren Ende der Ein­kom­mens­py­ra­mide, so­wie An­sätze, die zu in­te­grativem Wachs­tum beitragen.

Neue Ge­schäfts­­­felder bieten sich auch in der Anpassung an den Klimawandel. Zwar stand der Privatsektor den Klimaschutzbemühungen der Politik lange ablehnend gegenüber und verhinderte durch Lobbyarbeit den Abschluss internationaler Abkommen. Gerade die Rolle global agierender Unternehmen hat sich in der jüngsten Vergangenheit jedoch stark verändert. So sind es heute oft Unternehmen, die auf internationale Regulierungen zum Klimaschutz drängen: Sie erhoffen sich insbesondere im Bereich der Technologie­entwicklung neue Verdienstmöglichkeiten. Doch Investitionen in klimafreundliche Technologien lohnen sich für Unternehmen nur, wenn sie auf ein stabiles Investitionsklima sowie eine eindeutige Klimagesetzgebung bauen können.

Genauso wie das Potential des Privatsektors unterschätzt wurde, wurde auch die Bedeutung des Klimawandels für das Erreichen der MDGs lange vernachlässigt. Nicht nur global agierende Konzerne, sondern auch lokale Klein- und Mittelunternehmen und selbst Kleinstunternehmen können wirkungsvoll zum Klimaschutz beitragen. Dass die Privatwirtschaft diese Geschäftsmöglichkeiten umsetzt, ist maßgeblich für einen schnellen Wandel hin zu einer Low-Carbon-Economy.

Unternehmen sind auf die Politik angewiesen

Bei der Bekämpfung von Armut und Klimawandel sind Konzerne auf die Unterstützung von Behörden und Zivilgesellschaft angewiesen. So müssen Staaten Regulierungen ent­wi­ckeln, um Ini­tia­tiven aus der Wirt­schaft anzuregen.

Auch für die erwähnten Geschäftsmodelle auf dem Bottom-of-the-Pyramid-Markt trifft dies zu, bei denen große Konzerne mit kleinen Unternehmen, dem informellen Sektor oder mit Menschen vor Ort kooperieren. Denn die Konzerne haben meist nur mangelnde Kenntnis über die Armen, über die Funktionsweise ihrer Märkte und kulturelle Gegebenheiten. Zur Erschließung dieser Märkte sind sie deshalb häufig auf Partner aus der Zivilgesellschaft und des Staates angewiesen, die die Strukturen und ungeschriebenen Gesetze vor Ort kennen.

Während des UN-Millenniumsgipfels wurden besonders inklusive Geschäftsmodelle (inclusive business models) thematisiert. Hierbei schließen sich Unternehmen, Regierungen und Non-Profit-Organisationen zusammen, um Armut zu reduzieren. Gemeinsam versuchen sie – ganz nach dem BoP-Ansatz –, arme Konsumenten und Produzenten in globale Produktions- und Wertschöpfungsketten einzubeziehen.

Das letzte Drittel der MDG-Frist ist angebrochen. Auf dem UN-Privatwirtschaftsforum haben sich viele Unternehmen verpflichtet, einen Beitrag zu leisten. Damit dies Erfolg haben kann, müssen Politik und Wirtschaft part­ner­schaftlich zu­sam­men­ar­bei­ten. Die Inter­na­tio­nal Bu­siness Foren von InWEnt und dem World Bank-­Institute (siehe Box) wollen diesen Prozess unterstützen: Sie fördern den Dialog zwischen Staat und Unternehmen, Wissenschaft und Gesellschaft.

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