Burundi

Überhörte Warnungen

Die aktuelle Krise in Burundi war seit mehr als einem Jahr absehbar. Gehandelt haben Geber und internationale Gemeinschaft dennoch nicht.
Soldat im Einsatz gegen Demonstranten. Dai Kurukowa/picture-alliance/dpa Soldat im Einsatz gegen Demonstranten.

Krisenprävention wird gern beschworen, erfahrungsgemäß werden aus Analysen und der Erkenntnis von Risiken keine Konsequenzen gezogen. Das betrifft vor allem Länder wie Burundi, an denen kein besonderes politisches, wirtschaftliches oder geostrategische Interesse besteht.  

Burundis eskalierende Krise bedroht nun die gesamte Region. Seit Wochen herrschen chaotische Bedingungen. Den Anstoß gab die Ankündigung von Präsident Pierre Nkurunziza, für seine Partei CNDD-FDD eine dritte Amtszeit anzustreben. Die Verfassung und das  Friedensabkommen von Arusha, das im Jahr 2000 einen langen Bürgerkrieg beendete, sehen für das Staatsoberhaupt aber nur zwei Amtszeiten vor. Unter politischem Druck und persönlichen Drohungen ließ das Verfassungsgericht seine Kandidatur dennoch zu.

Ein Großteil der Bevölkerung ist damit nicht einverstanden. Trotz brutaler Repression halten Proteste seit Wochen an. Die Demonstranten fordern zu Recht den Rückzug Nkurunzizas und die Einhaltung des Arusha-Abkommens, das die Grundlage für Versöhnung und Frieden schuf. Wird es ausgehebelt, werden sicherlich auch andere Verfassungsnormen verletzt. Das Land dürfte noch stärker autoritäre Züge annehmen.

Seit vielen Monaten warnen Zivilgesellschaft, Medien, Opposition und katholische Kirche vor einer dritten Kandidatur Nkurunzizas. Schon im Februar 2014 wollte er die Verfassung ändern lassen, scheiterte aber am Parlament, das an der Begrenzung der Amtszeiten festhielt. EU und AU hätten sofort deutlich Position beziehen müssen. Sie hätten eine kohärente Strategie zur Stärkung der Demokratie in dem Post-Konflikt-Staat formulieren müssen. Stattdessen sahen sie über Probleme hinweg und erklärten die innenpolitische Angelegenheiten zur Verantwortung der Regierung, ohne zu berücksichtigen, dass diese ihrer Verantwortung ja nicht gerecht wurde.

Bemerkenswerter Weise wagt die Bevölkerung – vor allem in der Hauptstadt Bujumbura –  über ethnische und politische Grenzen hinweg weiterhin den Aufstand. Das zeigt, dass die junge Generation alte Machtstrukturen und Vetternwirtschaften satt hat.  

Die Lage ist unübersichtlich und beunruhigend. Aus Angst vor Gewalt waren Ende Mai bereits rund 110 000 Menschen in Nachbarländer geflüchtet. Die Zahl der Inhaftierten wächst, ebenso die Zahl der Verletzten und Toten. Die Armee ist gespalten und seit einem Putschversuch geschwächt. General Godefroid Niyombare wollte Mitte Mai den Präsidenten stürzen und hat damit der friedlichen Protestbewegung geschadet. Denn Anhänger der Regierung haben während der Tumulte die meisten unabhängigen Radiostationen zerstört. Folglich haben Des- und Missinformation gerade im ländlichen Raum zugenommen.

Mit dem tödlichen Attentat auf den Oppositionskandidaten Zedi Feruzi erreichte die Gewalt am 23. Mai eine neue Stufe. Darauf folgten Granatenanschläge mit acht Todesopfern sowie zahlreichen Verletzten.

Die Initiatoren der Proteste und kritische Journalisten fürchten nun um ihr Leben. Für Nkurunziza ist jegliche Kritik nur Grund zu noch mehr Repression. Wer ihn nicht unterstützt, steht im Generalverdacht der Kollaboration mit den Putschisten. Die Regierung bezeichnet Menschenrechtsverteidiger als Staatsfeinde. Auch innerhalb der Regierung werden klare Linien gezogen. Bei einer überstürzten Regierungsumbildung ersetzte der Präsident unliebsame Minister mit loyalen Anhängern. Zum Klima der Angst trägt auch die Jungendorganisation der CNDD-FDD bei, die Jagd auf Andersdenkende macht.

Nun muss mit allen Mitteln versucht werden, die verschiedenen Lager zu einem offenen und transparenten Dialog zu bewegen. Auf Gewaltfreiheit muss beharrt werden. Der internationale Druck hat auch schon insofern Wirkung gezeigt, als Parlamentswahlen mittlerweile schon zwei Mal verschoben wurden - und am Mittwoch wurde für sie noch kein  neuer Termin benannt.

Die Kernfrage ist aber die dritte Amtszeit des Präsidenten. In Burundi bleibt die Lage explosiv, bis diese ausgeschlossen wird. Sie hätte auch negative Signalwirkung auf die demokratische Entwicklung in den Nachbarländern. In der DR Kongo stehen 2016 Präsidentschaftswahlen an und in Ruanda 2017. Die Verfassungen dort schließen ebenfalls eine dritte Amtszeit aus. Wenn Nkurunziza weiter regieren dürfte, würde er zu einem verheerenden Vorbild.

 

Gesine Ames ist Koordinatorin des Ökumenischen Netzes Zentralafrika in Berlin.
office@oenz.de

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