Wasserversorgung

Langfristiger Strukturaufbau

Der Südsudan ist durch vier Jahrzehnte Krieg geprägt und befindet sich seit vier Jahren erneut im Bürgerkrieg. Diese verheerende Situation spiegelt sich auch in der gesamten Infrastruktur des Landes wider, etwa in der Wasser- und Sanitärversorgung. Die GIZ unterstützt das Land im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) dabei, die Versorgung mit Trinkwasser nachhaltig zu verbessern.
Da es vielerorts keine Wasserleitungen im Südsudan gibt, muss das Trinkwasser teilweise mit Tankwagen zu den Kunden gebracht werden. GIZ Da es vielerorts keine Wasserleitungen im Südsudan gibt, muss das Trinkwasser teilweise mit Tankwagen zu den Kunden gebracht werden.

Mit dem Friedensabkommen von 2005 und der Unabhängigkeit im Jahr 2011 konnte damit begonnen werden, im Südsudan funk­tionierende staatliche Strukturen zur Grundversorgung der Bevölkerung zu planen und aufzubauen. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung im Land hat keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, und noch weniger haben Zugang zu angemessener Sanitärversorgung. Der jüngste Konflikt verschärfte die Situation für die Bevölkerung zusätzlich.

Die Wasserinfrastruktur im Südsudan ist unterentwickelt, in erster Linie wegen des jahrzehntelangen Bürgerkriegs und mangelnder Investitionen. Zudem fehlen im Wasser- und Sanitärsektor die institutionellen Rahmenbedingungen, es herrscht ein großer Mangel an qualifiziertem Personal und Know-how auf allen Ebenen, von den Wasserbetrieben bis hin zu den verantwortlichen Verwaltungen und Ministerien.

In einer ersten Phase hat die GIZ daher im Auftrag der Bundesregierung auf natio­naler Ebene wichtige Reformansätze unterstützt. Für den Wassersektor wurde eine Strategie erarbeitet, allen voran der Entwurf eines Wassergesetzes, in dem die institutionellen Zuständigkeiten für die Wasser- und Sanitärversorgung festgelegt wurden. Im Kommunalgesetz wurde verankert, dass die Bereitstellung von Basisdienstleistungen Aufgabe der lokalen Verwaltungen ist. Auf lokaler Ebene wurden parallel dazu erste Betreibermodelle pilotiert.

Neben dem Aufbau der lokalen Institutionen und Kapazitäten und der Bereitstellung der finanziellen Mittel mussten sich die beteiligten Akteure in ihre neuen Rollen finden. Dies galt für die lokalen Verwaltungs- und Regierungsstrukturen genauso wie für die Bürger und die unterstützenden Organisationen. Als erste Schritte in Richtung funktionierende Dienstleistung mussten die Betreibermodelle dafür geschaffen, alle relevanten Akteure auf lokaler Ebene in die Verantwortung gebracht und deren Zusammenwirken eingeübt werden.


Kapazitätsaufbau im Kleinen

Daher wurden in Vorbereitung auf größere Investitionen zuerst kleine, kommunale Wasserversorgungsunternehmen, die privatwirtschaftlich arbeiten, in den Städten Yei (2012), Yambio (2013) und Torit (2015) konzipiert und etabliert. Da auf keine oder keine funktionierende Infrastruktur zurückgegriffen werden konnte, errichtete die GIZ ein kleines Wassersystem mit Wasserkiosken, Wassertankerfüllstationen und mobilen Wassertankern, anhand dessen die Betreiber ihre technischen, administrativen und finanziellen Kapazitäten aufbauen konnten. In Yei installierte die GIZ sogar ein komplettes kleines Infrastruktursys­tem neu. Dazu gehörten zwei Tiefbrunnen, deren Wasser in einen Wassertank gepumpt und dann chloriert wird. Das Verteilungsnetz umfasste eine Wassertankerfüllstation und neun neugebaute Wasserkioske, die durch Gravitation über Wasserleitungen versorgt werden. Zusätzlich wurden während der ersten Krise mobile Wassertanker beschafft, um besonders schwache Bevölkerungsgruppen zu erreichen. In Torit dagegen wurde ein bestehendes, nicht funktionierendes Wassersystem in Betrieb gebracht und dann von der KfW Entwicklungsbank rehabilitiert.

Um die lokalen Kapazitäten zu fördern, setzt das Betreibermodell auf lokales Personal, das bei Bedarf externe Unterstützung zur Erfüllung der Aufgaben bekommt. Größere Investitionen in die Basisinfrastruktur in den Partnerstädten durch die KfW waren unter anderem an die rechtliche Etablierung und Ausstattung dieser Unternehmen mit dem notwendigen Personal sowie an das Vorliegen grundlegender Stadtplanungsdokumente und Leistungsdaten gekoppelt. Wichtig war außerdem, kostendeckende Tarife einzuführen, die trotzdem eine armutsorientierte Versorgung sicherstellen.

Die Kommunalverwaltung setzte als Eigentümer der Versorgungsunternehmen ein Aufsichtsgremium ein, das die Leistung überwachte und die strategische Entwicklung vorgab. In dieses Gremium wurden lokale staatliche und nichtstaatliche Akteure integriert. Die Erfolge in der Wasserversorgung dienten auch der Legitimation der beteiligten lokalen Akteure und Institutionen. Dies verbesserte zugleich das Verhältnis und das Rollenverständnis zwischen den Bürgern und ihren lokalen Verwaltungen.

Auch in der aktuellen Krise kann in Torit und Yambio nun jeden Tag sicheres Trinkwasser für jeweils mindestens 5000 Menschen über Kioske und Wassertanker sowie mobile Wassertanker zur Verfügung gestellt werden.


Erfahrungen – Erfolge – Lernfelder

Der Ansatz auf lokaler Ebene war wichtig, um zwei Ziele zu erreichen: Zum einen wurde die Versorgung der Bevölkerung schnell verbessert, zum anderen wurde ein wichtiger Beitrag zum Staats- und Institutionenaufbau geleistet, indem lokale Akteure Verantwortung entsprechend ihres Mandats übernahmen. Die Verantwortung für die Wasser- und Sanitärversorgung auf der dezentralen Ebene zu verankern und mit lokalen Akteuren zu arbeiten, war ein wichtiger Faktor für das Engagement, die Selbstverpflichtung und die Resilienz der beteiligten Akteure. Besonders deutlich wurde dies während der ersten Krise im Dezember 2013. Die lokalen Strukturen waren in der Lage, die kleinen Systeme aufrechtzuerhalten, auch ohne Präsenz internationaler Akteure vor Ort. Daran konnte 2014 nahtlos angeknüpft werden.

Die Arbeit auf den verschiedenen staatlichen Ebenen schaffte großes Potenzial für eine schnelle Ausweitung der Programmaktivitäten, sie schaffte aber auch eine notwendige und effektive Unterstützung bei der Lösung von Konflikten auf lokaler Ebene. Die Rückmeldung zu den praktischen Erfahrungen von lokaler Ebene ist außerdem notwendig, um langfristig erfolgreiche Modelle zur Basisversorgung auch in anderen Bereichen national zu etablieren. So konnten Governance-Modelle der Aufsichtsräte der Wasserunternehmen 2016 auf den kommunalen Betrieb von Schlachthäusern in Public-private-Partnerships in Wau, Aweil, Kuajok und Rumbek übertragen werden.

Zudem hat sich gezeigt: Wo lokale Versorgungsstrukturen bestehen, ist es wichtig, diese auch in Krisenzeiten zu nutzen und zu unterstützen. Dadurch wird zum einen vermieden, dass Konflikte, etwa im Wettbewerb von Tarifen, entstehen. Zum anderen kann damit auch in Krisenzeiten ein wichtiger Beitrag zur Etablierung nachhaltiger Systeme geleistet werden. Ein bestehendes System kann für die Notversorgung aufgestockt oder angepasst werden. So wurden zum Beispiel für bestehende kommunale Wasserversorgungsunternehmen zur Notversorgung mobile Wassertanker angeschafft, die flexibel dort eingesetzt werden können, wo die Bevölkerung von der Versorgung abgeschnitten ist oder größere Menschenmassen, wie etwa in informellen Siedlungen intern Vertriebener, zu versorgen sind. Eine kurzfristig notwendige Notversorgung der Bevölkerung sollte daher immer die bestehenden Systeme nutzen beziehungsweise auf diesen aufbauen.

Die wirtschaftliche Krise im Südsudan mit hoher Inflation und dem Währungsverfall seit 2015 führte zu einer Kostenexplosion für grundlegende Betriebsmittel der Wasserversorger, vor allem für Diesel. Die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser zu erschwinglichen Preisen wird in dieser schweren wirtschaftlichen Krise vor allem durch die internationale Gemeinschaft ermöglicht, die die Wasserversorgungsunternehmen finanziell unterstützt, um deren Dienstleistungen sicherzustellen. Auch die GIZ unterstützt den Betrieb der Anlagen in Yei, Yambio und Torit in der aktuellen Krise weiter, etwa über finanzielle Zuwendungen und Dieselbeschaffung, um die dringend notwendige Wasserversorgung aufrechtzuerhalten. Dies ist auch wichtig, um bei einer Verbesserung der Sicherheitssituation direkt an die bestehenden lokalen Strukturen anknüpfen zu können und diese weiterzuentwickeln, wie es auch 2014 in Yei möglich war. Nachhaltige, strukturbildende Maßnahmen bedürfen eines gewissen Maßes an Stabilität, etwa im Bereich der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen oder der persönlichen Sicherheit der beteiligten Akteure. Nachhaltige Entwicklung – insbesondere in fragilen Staaten wie dem Südsudan – braucht Ausdauer und Beharrlichkeit und das Zusammenwirken aller – der Regierung, der Wirtschaft und der Entwicklungszusammenarbeit –, um die Lebensbedingungen im Land langfristig zu verbessern.


Anke Peine ist Leiterin des GIZ-Programms „Entwicklung des städtischen Wasser- und Sanitärsektors im Südsudan“. Der Artikel stellt die persönliche Meinung und Erfahrung der Autorin und des Autors dar.
anke.peine@giz.de

Christian Grünhagen ist Leiter des GIZ-Programms „Stärkung von Kompetenz und Resilienz lokaler Regierungen im Südsudan“.
christian.gruenhagen@giz.de

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