Editorial

Leitlinien für Weltpolitik

Hungersnot bedroht derzeit weite Teile Afrikas und den Jemen. Hauptgrund sind Kriege, aber Dürren sind auch relevant. Unabhängig von den Ursachen ist massenhafter Hunger jedenfalls unvereinbar mit dem Nachhaltigkeits-Entwicklungsziel (Sustainable Development Goal – SDG), Armut in allen Formen zu beenden.
Liberianische Krankenschwester untersucht schwangere Frau. Shehzad Noorani/Lineair Liberianische Krankenschwester untersucht schwangere Frau.

Die 17 SDGs bilden ein stimmiges und universelles Programm für alle wichtigen Themen, die die Zukunft der Menschheit bestimmen – von Hunger über Gesundheitsversorgung und Bildung bis hin zu Frieden, Gerechtigkeit und verantwortlichem Konsum. Die UN hat sie in der Agenda 2030 einstimmig angenommen. 

Leider lehnt eine wachsende Zahl von Regierungen mittlerweile ihre globale Verantwortung ab. Populistische Politiker beanspruchen, ihr Land vor internationalen Anmaßungen zu schützen. Kleinkarierter Nationalismus kommt bei vielen Menschen an, löst aber keine Probleme. Identitätspolitik benennt nur Sündenböcke und hetzt Menschen gegeneinander auf. Populisten tun so, als müsse sich niemand um die Erde als ganze kümmern, und die Aufgabe von Regierungen sei vor allem, ihrem Land einen möglichst großen Anteil der weltweiten Ressourcen zu sichern. Ihnen zufolge ist der Erfolg eines Akteurs immer die Niederalge eines anderen.

Weltpolitik ist aber kein Nullsummenspiel. Unser Planet gibt Grenzen vor, an die sich die Menschheit halten muss, und Zusammenarbeit hilft, Ressourcen optimal zu nutzen. Waghalsiger Kampf um diese  führt nur zu deren schnellerem Verbrauch – und wenn der Kampf zum Krieg eskaliert, macht er allen Beteiligten das Leben zur Hölle. Niemand kann sich von globalen Risiken abschirmen. Klimawandel, Finanzkrisen, Infektionskrankheiten, organisierte Kriminalität und andere globale Phänomene gehen uns alle an. Wir müssen uns ihnen gemeinsam stellen. Ja, es stimmt, internationale Zusammenarbeit ist schwierig. Aber wenn sie gelingt, kann sie sogar Bürgerkriege beenden. Nichtkooperation führt dagegen in die Katastrophe. 


Vor nicht ganz einem Jahrzehnt entstand die G20 als informelles Forum für die Spitzenpolitiker der 20 wichtigsten Volkswirtschaften. Regierungs- und Staatschefs aus etablierten Mächten und Schwellenländern wollten kooperieren, um nach dem Kollaps der New Yorker Investmentbank Lehman Brothers eine weltweite Wirtschaftsdepression zu verhindern. Als das gelungen war, orientierten sie sich aber schnell wieder an nationalen Interessen. Die G20 verlor an Schwung. 

Heute befindet sie sich in einem besonders traurigen Zustand. Zu den Ländern, die von spalterischen Populisten regiert werden, gehören mittlerweile Indien, die Türkei und – besonders wichtig – die USA (siehe unser Schwerpunkt im E+Z/D+C e-Paper 2017/02). Die Präsidentinnen von Brasilien und Südkorea wurden in den vergangenen Monaten ihrer Ämter enthoben. Chinas kommunistisches Regime, das über viele Jahre langsam seine Herrschaft liberaler gemacht hatte, wird wieder repressiver (siehe Sausmikat in unserem E+Z/D+C e-Paper 2017/02). Britannien und die EU sind vom Brexit-Votum im vergangenen Sommer geschwächt. Vor zehn Jahren wollte Russland ein Partner der EU sein, nun verhält es sich antagonistisch.

Die SDGs sind grundsätzlich erreichbar. G20-Politiker sollten nicht um Macht, sondern darum wetteifern, wer am meisten für die Erreichung der globalen Ziele tut. Das wäre für die Zukunft der Menschheit wichtig – und das müssen Ratgeber aus Privatsektor, Zivilgesellschaft und Wissenschaft den Verantwortlichen sagen.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@fs-medien.de

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