Editorial

Kooperation statt Mauern

Der Wahlsieg Donald Trumps ist deprimierend. Er wird in den USA gravierende Folgen haben – und international noch schlimmere.
picture-alliance/dpa

Seine Defizite sind bekannt und müssen nicht vollständig aufgelistet werden. Relevant sind Sexismus, Rassismus und autoritäre Neigungen. Er hält wenig von Wahrheit, Wissenschaft und demokratischen Umgangsformen. Sein Firmengeschäfte sind zwielichtig, und als erster Kandidat seit Jahrzehnten hat er keine Auskunft über seine Steuerzahlungen gegeben.

Innenpolitisch sind zwei Dinge absehbar:

  • Trump wird mindestens einen und vermutlich mehrere Richter an den Supreme Court berufen, dessen konservative Mehrheit noch lange nach dem Ende seiner Amtszeit die USA prägen wird. 
  • Weil Trump nicht alle Erwartungen, die er mit dem Slogen “Make America great again” geweckt hat, erfüllen kann, wird er Druck auf alle Opponenten machen und ihnen vorwerfen, der angestrebten “Größe” im Weg zu stehen.  

In der wichtigsten Demokratie der Welt geraten also die Bürgerrechte unter Druck. Entsprechend schwerer wird es werden, weltweit für Demokratie zu werben.

Andere internationale Folgen werden auch weh tun. US Präsidenten bestimmen die Außenpolitik weitgehend unkontrolliert. Ihr Einfluss ist riesig. George W. Bush hat uns gezeigt, dass vom Weißen Haus aus viel irreparabler Schaden angerichtet werden kann.

Trumps außenpolitische Äußerungen ergeben bisher kein kohärentes Konzept. Er deutet an, dass er US-Truppen aus Konflikten heraushalten will, verspricht aber auch, ISIS militärisch zu besiegen. Er ist unberechenbar, fühlt sich nicht an seine Worte gebunden und gibt vor, das Establishment zu bekämpfen. Ob er die etablierten Normen der Weltpolitik akzeptiert, steht dahin.

Trump tickt jedenfalls isolationistisch und gibt nationalen Belangen in seiner Rhetorik Vorrang vor allem anderen. Er ist bereit, jederzeit Verträge in Frage zu stellen und nachzuverhandeln, falls das Vorteile bringen sollte. Er sieht die Welt als Dschungel, in dem jede Regierung machen kann und soll, was für ihr Land gut ist – ohne Rücksicht auf das globale Gemeinwohl. Ähnlich sehen das die britischen Politiker, die im Sommer für den Austritt ihres Landes aus der EU geworben haben, und es jetzt Premierministerin Theresa May schwer machen, eine stimmige Außenpolitik zu formulieren. Je mehr Staaten sich auf eng verstandenen Nationalinteressen kaprizieren, desto schwerer wird es, die Art von Global Governance zu organisieren, die die Menschheit braucht.

Trumps Haltung zum Klimawandel ist bezeichnend. Er will aus dem Pariser Abkommen aussteigen. Wenn die USA nicht mitmachen, bremst das gemeinschaftliches globales Handeln. Mag sein, dass es dennoch voran geht, weil erneuerbare Energien ständig billiger und mithin ökonomisch attraktiver werden. Beim Klimaschutz dürfen wir aber keine Zeit verlieren, das wird aber wegen Trump geschehen.

Meine vage Hoffnung ist, dass Trump so unmöglich auftritt, dass die Weltgemeinschaft sich gegen ihn verbündet. Das ist möglich, aber unwahrscheinlich. Er ist nicht der erste Populist, der an die Macht kommt. Alle behaupten sie, sich als starke Führer für ihr Volk einzusetzen. Sie dienen aber ihren Nationen nicht gut, sondern unterminieren die Gemeinschaftsgüter, von denen die ganze Menschheit abhängt. Wir brauchen keine Mauern. Wir brauchen Kooperation bei Themen wie Klima, Frieden, Handel und vielen anderen.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Kooperation.
euz.editor@fs-medien.de

 

 

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