Kommentar

Hilferuf aus Gambia

Im März wandte sich Gambias Regierung an die internationale Gemeinschaft. Der Grund: 70 Prozent der Ernte sind ausgefallen, über eine Million Gambier leiden Not. Die Dürre trifft auch andere Länder der Region.

Von Nfamara Jawneh

Mitte März erklärte Gambias Landwirtschaftsministerium, das Land benötige dringend 23 Millionen Dollar für Nahrung, Saatgut und Dünger. Diese Summe überschreite die Möglichkeiten des gambischen Haushalts jedoch bei Weitem. Der Behörde zufolge sind eine Million der 1,7 Millionen Gambier auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen.

„In diesem Landwirtschaftsjahr hat es viel weniger geregnet als sonst“, so das Ministerium. „Zudem waren die Niederschläge schlecht verteilt, so dass es zu einem Ertragsrückgang von insgesamt über 70 Prozent kam.“ Aufgrund der schlechten Ernteerträge bei Reis, Erdnüssen, Hirse, Mais und Sorghum reichen die Nahrungsmittelvorräte in den Dörfern dieses Jahr nur für zwei Monate anstatt wie sonst für vier bis sechs. Hohe Nahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt verschärfen das Problem.

Keine Regierung bittet gerne um Hilfe aus dem Ausland, denn wenn sie das tut, bedeutet das, dass ein souveräner Staat seine Probleme nicht allein lösen kann. Gambias Regierung ist aber offensichtlich nicht für diese Krise verantwortlich, die Experten auf das Klima zurückführen. Bereits zum dritten Mal in zehn Jahren trifft ­Bauern und arme Haushalte in der gesamten ­Sahel-Region eine solche Dürre. Humanitäre Organisationen warnen, dass 9 Millionen Menschen in West- und Zen­tralafrika dieses Jahr Hunger droht.

In manchen Ländern verschärft Gewalt das Problem. Aufgrund des Konflikts im Norden Malis zählte das Amt für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten der UN (Office for the Coordination of ­Humanitarian Affairs, OCHA) Mitte März rund 60 000 intern Vertriebene. 70 000 weitere Menschen waren in die Nachbar­länder geflohen. Das OCHA dankte Niger, Mauretanien und Burkina Faso dafür, dass sie ihre Grenzen für die Flüchtlinge offen hielten, obwohl ihre eigenen Bürger selbst Not leiden.

Extreme Wetterlagen nehmen weltweit zu. Wissenschaftler sind sich einig, dass der Klimawandel menschengemacht ist. Die ­afrikanischen Länder jedoch, die nun von den schweren Dürren heimgesucht werden, haben zu den Treibhausgas­emissionen nur einen winzigen Bruchteil beigetragen.

In Gambia geht die Regierung zurzeit an die Notreserven heran, denn Ernährungs- und Nahrungsmittelsicherheit sind gefährdet. Der Agrarsektor erwirtschaftet den größten Teil des nationalen Brutto­inlandsprodukts und beschäftigt über 70 Prozent der Bevölkerung. Devisenreserven, Beschäftigung und Nahrungsversorgung hängen in Gambia davon ab. Die meisten Bauern treiben Subsistenzlandwirtschaft. In ihren Augen ist nicht die ­Regierung schuld an der Krise, sondern eine Naturkatastrophe.

Seit einiger Zeit treibt die Regierung die Modernisierung der Landwirtschaft voran. Das Gambia Emergency Agricul­tural Production Project (GEAPP), das Geber wie die EU und die Weltbank unterstützen, sorgt seit zwei Jahren für In­vestitionen in den Sektor. Doch für die Bauern bringt das nichts, wenn die Felder trocken bleiben.

Musa Jawneh, der Präsident der Dachorganisation Gambia National Farmers Platform, findet es richtig, dass die Regierung um internationale Hilfe bittet. Das Land brauche dringend Nahrung, Dünger und landwirtschaftliche Geräte, um die Bevölkerung zu ernähren und sich auf die nächste Anbauzeit vorzubereiten. Jawneh zufolge sollen die Regierung und Entwicklungsorganisationen den Bauern helfen, ihre Landwirtschaft zu diversifizieren, vor allem beim Gemüseanbau, bei der Tierzucht und der Viehhaltung.

Kurzfristig muss die internationale Gemeinschaft Gambia helfen. Gerade arme Bauern brauchen so schnell wie möglich Nahrung. Langfristig muss sich die nationale Wirtschaft so entwickeln, dass sie ­weniger anfällig für Klimaschwankungen wird.

Dasselbe gilt natürlich auch für andere Länder der Region. Aus gutem Grund fordert das OCHA, ein „kohärentes Konzept zur Reaktion auf die Dürre“. Die ­betroffenen Länder müssen die aktuelle Naturkatas­trophe bewältigen und zugleich ihre langfristige Entwicklung vo­rantreiben.

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