EPAs: Zielgerade mit Schlaglöchern

Die Europäische Union will unbedingt bis Jahresende Wirtschaftsabkommen mit allen AKP-Ländern abschließen. Ein flexibler Ansatz wäre besser – auch für Europa.

[ Von Tillmann Elliesen ]

Die Verhandlungen über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) zwischen der EU und den Staaten Afrikas, der Karibik und der Pazifik-Region gehen in den Endspurt. Die EU-Kommission will die Abkommen mit allen sechs Regionalgruppen bis Jahresende unter Dach und Fach haben. Ehrgeizige Fristen für wirtschaftspolitische Verhandlungen sind durchaus sinnvoll. Sie verhindern, dass Gespräche jahrelang ergebnislos vor sich hin dümpeln. Klar ist auch, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den 78 AKP-Ländern und Europa eine neue Grundlage brauchen. Die seit dreißig Jahren geltenden Handelspräferenzen haben den armen Ländern nicht viel gebracht.

In den EPA-Verandlungen aber sollte die EU flexibler sein. Neun Monate vor dem anvisierten Ende der Gespräche herrscht vor allem in Afrika große Unsicherheit über die wirtschaftlichen Auswirkungen der Abkommen. Die EU-Kommission argumentiert, sie seien gut für die armen Länder – je schneller sie in Kraft treten, desto besser. Wenn aber die EU tatsächlich so stark am Wohle Afrikas interessiert ist, bemerkte ein Beamter des nigerianischen Finanzministeriums jüngst, warum akzeptiert sie dann nicht die afrikanischen Rufe nach einer Verlängerung der Verhandlungen?

Ganz so selbstlos sind die Motive für die europäische Eile wohl nicht. Gewiss sollen die EPAs auch die Position Europas auf den afrikanischen Märkten verbessern helfen. Das ist nicht illegitim, darf aber nicht auf Kosten der Menschen in Afrika geschehen. Und zu starker Druck während der restlichen Verhandlungen könnte genau das Gegenteil bewirken: dass sich der Kontinent noch stärker dem neuen Entwicklungspartner China zuwendet (siehe S. 175). Europa läuft Gefahr, durch das Beharren auf der EPA-Frist viel politisches Porzellan in den Beziehungen zu Afrika zu zerschlagen.

Die Karibik-Länder haben erklärt, sie seien bereit für ein Wirtschaftsabkommen mit Europa. Es spricht deshalb nichts dagegen, dass die EU die Verhandlungen mit dieser Region fristgerecht abschließt. Nicht weniger ernst aber sollte die Kommission afrikanische Wünsche nach einem Aufschub nehmen. Ein Abschluss mit der Karibik wäre ein Signal an die Welthandelsorganisation (WTO), dass die EU und die AKP-Länder es ernst damit meinen, ihre künftigen Beziehungen WTO-kompatibel zu gestalten. Ein solches Signal könnte Spielraum für eine Verlängerung der Gespräche oder zumindest für Nachverhandlungen mit Afrika schaffen. In den kommenden Monaten kann die EU zeigen, was sie unter einer europäisch-afrikanischen Partnerschaft auf Augenhöhe versteht.

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