Kommentar

Unwürdiger Umgang

Die Regierung von Bangladesch will Muhammad Yunus, den Gründer der Grameen Bank, loswerden. Sie behandelt ihn nicht fair.

Von Ridwanul Hoque

Am 2. März hat die Bangladesh Bank, die Zentralbank und oberste Finanzaufsichtsbehörde, Professor Muhammad Yunus seines Postens als Managing Director der Grameen Bank enthoben. Er hat die Grameen Bank gegründet und mit ihr 2006 den Friedensnobelpreis gewonnen. 25 Prozent der Bank gehören dem Staat.

Die Zentralbank feuerte Yunus, ohne ihn vorher zu informieren. Nur zwei Tage später informierte sie dagegen einige ­Gewerkschaftsführer, deren Tätigkeit sie ebenfalls beenden wollte. Offenbar war Bangladeschs einziger Nobelpreisträger nicht dieselbe Behandlung wert.

Die Regierung teilt mit, der Schritt sei unvermeidlich, weil Yunus zu alt sei. Das Pensionsalter für Grameen-Mitarbeiter ist 60. Die Medien meinen aber, Yunus’ Entlassung sei ein Racheakt der Premierministerin Sheikh Hasina. Über die Motive wird viel spekuliert, zumeist wird aber auf Yunus’ Rolle während der Notstandsregierung, die das Militär 2007/08 unterstützte, verwiesen.

Diese Notstandsregierung versprach, die Korruption zu bekämpfen, und versuchte, den Einfluss der Führungspersönlichkeiten der beiden großen Parteien, Sheikh Hasina Wajed von der Awami League und Begum Khaleda Zia von der Bangladesh National Party (BNP), zu beenden. Damals erwog Yunus öffentlich, in die Politik zu wechseln, was Hasina vermutlich als weiteren Schlag empfand. Heute ist die BNP nur noch ein Schatten ihrer selbst, aber Hasinas Awami League gewann Ende 2008 erdrutschartig die Parlamentswahlen.

Yunus wurde weltberühmt, weil er Massen armer Frauen mit Mikrokrediten ermöglichte, ihre Lebenssituation zu verbessern. Seine Kündigung erfolgte auf unwürdige Weise. Bevor die Regierung auf sein Alter verwies, versuchte sie ihm anhand eines norwegischen Dokumentarfilms alte Finanzunregelmäßigkeiten anzuhängen. Norwegens Regierung teilte aber umgehend mit, sie arbeite gern mit Yunus zusammen und habe ihm nichts vorzuhalten.

Hasina bezichtigte Yunus auch der Wucherei und verwies auf hohe Zinsen. Das ist sicherlich ein ernstes Diskussionsthema. Allerdings verlangen Mikrofinanzinstitutionen auf der ganzen Welt hohe Zinsen und begründen das unter anderem mit den hohen Kosten der Mikrokreditverwaltung.

Yunus hat vor dem ­Supreme Court gegen die Entscheidung der Bangladesh Bank ­geklagt. Er hat einige starke Argumente, etwas dass
– er hätte angehört werden müssen,
– er die Altersgrenze bereits 1999 überschritten habe und dass die Zentralbank seither durch ihre Duldung seinem Verbleiben im Amt zugestimmt habe und
– dass er seine Leitungsfunktion gesetzeskonform innehabe, weil der Aufsichtsrat am Spitzenmann auch über die allgemeine Altersgrenze von 60 Jahren festhalten darf.

Der Rechtsanwalt, der Yunus vertritt, sagte, es entspreche nicht demokratischen Standards, einen Mann seines Ranges aus fadenscheinigen Gründen ohne vorherige Anhörung zu entlassen. Die Verfassung des Landes betont immerhin die Menschenwürde.

Der Supreme Court schloss sich indessen der Haltung der Regierung an. Nach einer dreitägigen Anhörung lehnten zwei Richter Yunus’ Klage ab. Sie dürfen selbstverständlich solch eine Entscheidung fällen, aber sie scheinen dafür keine überzeugenden Argumente zu haben. Die beiden Richter teilten nur knapp mit, das Regierungshandeln sei rechtmäßig gewesen. Das war’s dann auch schon.

Sofort brodelte die Gerüchteküche wieder. Eine verbreitete Einschätzung lautet, die Richter hätten so entschieden, weil beide auf Beförderung hoffen. Das mag stimmen oder auch nicht. Ein ausführliches Urteil hätte aber vermutlich solche Spekulationen nicht ausgelöst. Yunus zog im nächsten Schritt vor die Berufungs­­instanz des Supreme Court, der höchsten Entscheidungsebene der Justiz Bangla­deschs. Sein Fall hätte am 15. März gehört werden sollen, wurde aber vertagt.

Yunus genießt – mit Ausnahme der Regierungsvertreter – die Unterstützung des Aufsichtsrats der Grameen Bank. Rund acht Millionen Kreditnehmerinnen und die Mitarbeiter der Bank verehren ihn. Die Wertschätzung vieler internationaler Institutionen ist ihm ebenfalls ­sicher. Er verdient es, besser behandelt zu werden. 1997 sagte sogar Sheikh Hasina, seinerzeit ebenfalls Regierungschefin, sie schätze seine „hervorragende Arbeit“ im Einsatz für die „Fähigkeiten“ armer Menschen.

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