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G7 macht allzu kleine Schritte in richtige Richtungen

Für eine globale Führungsrolle reicht das, was die G7 in Carbis Bay verkündet haben, nicht aus.
Protestaktion in Cornwall. Kirsty Wigglesworth/picture-alliance/AP Protestaktion in Cornwall.

Covid-19 ist derzeit das dringendste globale Problem. Die G7 hätten sich eine Vorschlag zu eigen machen können, den der Internationale Währungsfonds (IWF) Ende Mai gemacht hatte. Demzufolge würde eine Impfkampagne, die 40 Prozent der Menschen in jedem Land noch 2021 und bis Mitte 2022 weitere 20 Prozent erreichen könnte, 50 Milliarden Dollar kosten (siehe Chimezie Anajama im Schwerpunkt von E+Z/D+C ­e-Paper 2021/06).

Darüber hinaus sah der IWF-Vorschlag auch Tests, Patientenbehandlung und eine generelle Stärkung von Gesundheitssystemen vor. Er entsprach damit den aktuellen Einsichten einer internationalen Expertengruppe, welche im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation (WHO – World Health Organization) die Pandemie evaluiert hat (siehe meinen Beitrag im Magazin von E+Z/D+C e-Paper 2021/07).

Die G7 versprachen aber nur, im Laufe dieses Jahres 1 Milliarden Impfdosen zu spenden. Das ist ein winziger Schritt. Laut Fachleuten sind 10 bis 11 Milliarden Dosen nötig, um bis zum nächsten G7-Gipfel in einem Jahr in Deutschland 70 Prozent der Weltbevölkerung zu impfen.

Solch ein Programm können die G7 zwar nicht alleine lancieren. Multilaterale Institutionen müssten und die übrigen 13 G20 Mitglieder müssen jedenfalls mitmachen. Allerdings hätte wohl kaum jemand die Initiative blockiert. Dem IWF-Vorschlag zufolge hätten die G20 70 Prozent der Kosten übernommen, wobei 22 Milliarden der nötigen 35 Milliarden Dollar grundsätzlich schon zugesagt waren. Das sind klitzekleine Summen im Vergleich mit billionenschweren heimischen Rettungsprogrammen der G7, die übrigens IWF-Vorstellungen voll entsprechen.

Wer die Weltgemeinschaft führen will, muss zeigen, wie globale Probleme gelöst werden sollen, und dann den eigenen Teil der Aufgabe stemmen. Es geht um mehr als das heimische Fernsehpublikum. Weltweit wissen Menschen, dass wohlhabende Nationen dank umfassender Impfkampagnen zum Alltag zurückkehren, während die Pandemie anderswo eine riesige Gefahr bleibt. In dieser Lage ist es schlicht zu wenig, überschüssige Vakzine zu spenden.

Der G7-Gipfel enttäuschte auch auf anderen Politikfeldern. Entwicklungsländer wollen wissen, wie die G7 das alte Versprechen der reichen Welt, für internationale Klimafinanzierung einschließlich privater Investitionen jährlich 100 Milliarden Dollar zu mobilisieren, zu erfüllen gedenken (siehe Saleemul Huq im Schwerpunkt von E+Z/D+C e-Paper 2021/05 ). Diese Summe war schon 2020 fällig, aber laut Expertenschätzung sind nur 70 bis 80 Milliarden Dollar geflossen. Beim Klimagipfel im November in Schottland werden die G7 also Fragen hören – und es wäre klug gewesen, jetzt schon ermutigende Antworten zu formulieren. Das alte Versprechen aber einfach noch einmal zu wiederholen wirkte wenig glaubwürdig.

Wer selbst keinen Ehrgeiz zeigt, kann keine Führungsrolle beanspruchen. In Cornwall wäre die Verkündigung eines Kohleausstiegsdatums gut gewesen. Es gab aber nur die Ansage, die G7- Mitglieder würden noch in diesem Jahr aus der internationalen Förderung von Kohlevorhaben ohne CO2-Speicherung aussteigen.

Was den Ausbau von Infrastruktur angeht, wollen die G7 mit Chinas neuer Seidenstraße (Belt & Road Initiative) konkurrieren. Wenn sie stärker auf soziale und ökologische Folgen sowie die Qualität der Regierungsführung insgesamt achten, ist das gut. Konkret beschlossen wurde aber nur die Gründung einer Arbeitsgruppe.

Kritik an chinesischen Menschenrechtsverletzungen ist berechtigt. Schöne Rhetorik über die Vorteile von Demokratie reicht jedoch nicht, um die Weltöffentlichkeit zu überzeugen. Nötig sind Lösungen für wichtige aktuelle Probleme. Das drängendste ist Covid-19, und die G7 hätten den multilateralen Weg einschlagen sollen, den der IWF – mit anschließender Unterstützung der Spitzenleute von Weltbank, WHO und Welthandelsorganisation (WTO – World Trade Organization) – vorgeschlagen hatte. Das hätte auch den Einsichten der Pandemie-Evaluierer der WHO entsprochen.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit /D+C Development and Cooperation.
euz.editor@dandc.eu

 

Korrektur 6. Juli 2021. Laut IWF sollten die G20 70 Prozent der Kosten tragen und nicht die G7, wie irrtümlich zunächst hier angegeben wurde.

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