SPD

Partner der Ärmsten

Wie vor den vergangenen Bundestagswahlen hat die E+Z/D+C-Redaktion die entwicklungspolitischen Sprecher der Fraktionen wieder gebeten, zu erläutern, welche konzeptionellen Vorstellungen ihre Parteien in der nächsten Legislaturperiode umsetzen wollen. Sascha Raabe bezieht für die SPD Position. Von Sascha Raabe
Sascha Raabe Sascha Raabe Sascha Raabe

Auf die deutsche Entwicklungspolitik wird nach der Bundestagswahl national wie international viel Arbeit zukommen. Im Binnenverhältnis wird es zunächst darum gehen, das von der aktuellen Führung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) zerschlagene Porzellan wieder so gut wie möglich zu kleben. Vetternwirtschaft und abfällige Äußerungen über Entwicklungshelfer in „Schlabberpullis“ haben viel kaputtgemacht. Wir wollen, dass denjenigen, die sich in der Entwicklungszusammenarbeit engagieren, wieder mehr Respekt entgegengebracht und die Zivilgesellschaft durch enge Abstimmung besser in politische Entscheidungen eingebunden wird.

International müssen wir uns darum bemühen, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen, nachdem  die jetzige Bundesregierung ihr Wort gebrochen und sich vom  Versprechen, 2015 mindestens 0,7 Prozent der nationalen Wirtschaftsleistung für öffentliche Entwicklungshilfe (ODA – official development assistance) aufzuwenden, verabschiedet hat. Wir wollen Deutschland wieder auf einen seriösen ODA-Finanzierungspfad führen.

Unser SPD- Arbeitsgruppen-Strategiepapier „Eine Welt, Eine Zukunft“, das im engen Dialog mit der Zivilgesellschaft entstanden ist, bietet eine gute Grundlage für unsere künftige Politik. Unsere wichtigsten Ziele will ich im Folgenden kurz skizzieren.

  • Hunger und extreme Armut überwinden: Oberstes Ziel sozialdemokratischer Entwicklungspolitik muss es sein, Hunger und extreme Armut zu überwinden. Wir haben uns dieses Ziel bis 2030 gesteckt. Darüber hinaus braucht es weitere Zielvorgaben. Deutschland muss sich stärker als bisher in den Post-MDG/SDG-Prozess einbringen.
  • 0,7 %-Ziel mittelfristig erreichen: In den vergangenen vier Jahren wurde im Etat des BMZ gerade einmal die Hälfte des Aufwuchses von 2009, dem letzten Jahr unter sozialdemokratischer Führung, erreicht. Das genügt bei weitem nicht, wenn man es mit dem zugesagten 0,7 %-ODA-Ziel ernst meint. Die SPD will zusätzlich eine Milliarde Euro pro Jahr für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung stellen bis das 0,7 %-Ziel erreicht ist, gegenfinanziert unter anderem aus Einnahmen der Finanztransaktionssteuer.
  • Mehr Gewicht auf multilaterale und europäische Entwicklungspolitik: Die starre Vorgabe, wonach zwei Drittel aller Mittel für bilaterale Projekte verwendet werden müssen, muss aufgehoben werden. Das Augenmerk sollte verstärkt auf kohärente europäische und multilaterale Zusammenarbeit im Sinne einer globalen Strukturpolitik gelegt werden.
  • Konzentration auf die ärmsten Länder: Die Zusammenarbeit mit Schwellenländern muss neu ausgerichtet und die Aktivitäten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mehr auf die am wenigsten entwickelten Länder konzentriert werden. Die herkömmliche aus ODA-Mitteln finanzierte staatliche Entwicklungszusammenarbeit mit Schwellenländern sollte bis 2020 auslaufen.
  • Wirtschaft in Verantwortung: Entwicklungszusammenarbeit hat in erster Linie den Ärmsten in der Welt und nicht deutschen Außenwirtschaftsinteressen zu dienen. Wir werden nur verantwortungsvolles privatwirtschaftliches Handeln zum entwicklungspolitischen Nutzen fördern, weil wir wissen, dass nicht jede Auslandsinvestition eine gute Investition ist. Wir wollen menschenwürdige Arbeit durch verbindliche Regeln zur Einhaltung von sozialen und ökologischen Mindeststandards, und wir wollen klare Transparenzvorschriften im Rohstoffhandel und bei den Finanzflüssen.
  • Soziale und nachhaltige Entwicklung: Eine große Rolle werden die Themen Ernährungssicherung und ländliche Entwicklung mit den zugehörigen Komplexen Nahrungsmittelspekulationen und Landgrabbing spielen. Wir wollen soziale Sicherungssysteme aufbauen, die Mütter- und Kindergesundheit verbessern und verstärkt Bildungsangebote im Sekundarschulbereich und der Berufsausbildung schaffen. Konfliktprävention wird stärker in den Fokus rücken und im Zuge des Prozesses zur Formulierung international verbindlicher Sustainable Development Goals natürlich Fragen der Umwelt- und Klimapolitik und des nachhaltigen Wirtschaftens.

Deutschland muss für die Ärmsten in der Welt wieder ein verlässlicher Partner werden und seine Entwicklungspolitik an den vier Grundpfeilern Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Nachhaltigkeit ausrichten. Wir leben in einer Welt und können unsere Zukunft nur gemeinsam mit unseren Partnern gerecht gestalten.

 

Sascha Raabe ist der entwicklungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag. sascha.raabe@bundestag.de

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