Harmonisierung

Gegen Doppelarbeit der EU-Geberländer

Die neue Regierung der Demokratischen Republik Kongo ist eine stattliche Mannschaft. 60 Minister und Vizeminister teilen sich die Arbeit, was durchaus typisch ist für afrikanische Bürgerkriegsländer: Alle ehemals verfeindeten Gruppen wollen auch künftig mitreden und müssen deshalb mit Posten bedacht werden. Immerhin haben sie sich zuvor mühsam zusammengerauft.

Etwas Ähnliches kann dabei herauskommen, wenn die Geberländer sich zusammenraufen und in einem Partnerland die Arbeit untereinander aufteilen wollen. In Sambia zum Beispiel haben rund 20 bi- und multilaterale Geber letztes Jahr vereinbart, durch Arbeitsteilung Doppelarbeit zu vermeiden, die Koordinierung untereinander zu vereinfachen und die sambische Regierung zu entlasten. Ergebnis: Vor der Reform waren zehn Geber im Sektor Landwirtschaft tätig, danach noch acht (und ein weiterer passiv als reiner Geldgeber), im Bereich Erziehung waren es vorher 14, danach noch zehn (und zwei passiv) und im Sektor Gesundheit vorher elf und nachher neun. Kurz: Die Zahl der Geber in den einzelnen Bereichen hat sich kaum verändert, alle wollen weiter mitmischen können. Nur vereinzelt haben sich Geber aus Sektoren ganz zurückgezogen, in der Regel aber wurden lediglich die Rollen neu definiert.

Von Arbeitsteilung ist in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit bislang wenig zu spüren, schlussfolgert eine neue Studie des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), der das Sambia-Beispiel entnommen ist. Nach dem Willen des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ), das die Studie in Auftrag gegeben hatte, soll sich das ändern. „Wir haben als Geber erkannt, dass den Entwicklungsländern am besten geholfen ist, wenn nicht jeder nach dem Gießkannenprinzip in allen Ländern und Bereichen gleichzeitig präsent ist“, sagte Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bei der Vorstellung des Papiers, an dem auch Forschungsinstitute in Slowenien und Portugal mitgearbeitet haben.

Im vergangenen Oktober hatte der EU-Ministerrat für Auswärtige Beziehungen Leitprinzipien für eine entwicklungspolitische Arbeitsteilung verabschiedet; die DIE-Studie macht nun praktische Vorschläge dazu. Wenn sich die EU-Mitglieder auf ein arbeitsteiliges Vorgehen verständigen würden, dann könnte das die übrigen bi- und multilateralen Geber mitziehen, lautet das Argument. In der EU sowie in regionalen Geber-Gruppen wie den nordischen Ländern (Nordic Plus) gebe es bereits einige Ansätze, auf denen eine formelle Arbeitsteilung aufbauen könnte – zum Beispiel die gemeinsame Programmierung der Zusammenarbeit (Joint Programming) oder die Delegierung an einzelne Geber.

Die EU-Mitglieder sollten sich zunächst in einigen Pilotländern auf Verhaltensregeln verpflichten und Erfahrungen sammeln, schlägt das Papier vor. Sie sollten sowohl die Zahl der Sektoren pro Geber als auch die Zahl der Geber pro Sektor begrenzen. Zwar haben die meisten Geber schon heute Schwerpunkte definiert, aber in der Praxis sind sie häufig auch in anderen Sektoren tätig. Und dass es ihnen schwerfällt, sich aus einem Bereich ganz zurückzuziehen, zeigt das Beispiel Sambia. „Erste Erfahrungen mit Ansätzen zur Arbeitsteilung zeigen, dass die Bereitschaft der Geber, ihre Aktivitäten zu konzentrieren, der Schlüssel zum Erfolg ist“, stellt die Studie fest.
Die EU-Mitglieder sollten sich zudem bei der Auswahl ihrer jeweiligen Partnerländer untereinander abstimmen. Die Studie sieht aber „kurzfristig kaum Potenzial für gemeinsame Kriterien und gemeinsame Entscheidungen“, weil die Wahl von Partnerländern eine politische Entscheidung sei. Die Geber sollten aber zumindest die Zusammenarbeit mit solchen Ländern überprüfen, in denen sie besonders zahlreich vertreten sind. Laut der Studie gibt es derzeit rund ein Dutzend „Geber-Lieblinge“, in denen mehr als neun EU-Geber aktiv sind. Auch hier sollte die EU zunächst mit einigen Pilotländern eine Arbeitsteilung testen – möglichst mit solchen „Lieblingen“, die besonders abhängig von Entwicklungshilfe sind, wie zum Beispiel Äthiopien, Mosambik, Nicaragua, Ruanda oder Uganda. Die Konzentration auf bestimmte Partnerländer müsste innerhalb der EU so organisiert werden, dass sie nicht zum Rückgang der Hilfe für die betroffenen Länder führt. Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich die EU-Mitglieder bei der Vergabe zusätzlicher Hilfe, wie sie etwa der ODA-Stufenplan bis 2015 vorsieht, abstimmen und die Mittel von vornherein auf bestimmte Länder konzentrieren.

Schließlich sollten die EU-Geber generell (und nicht nur in einzelnen Partnerländern) Schwerpunktsektoren untereinander aufteilen. Bislang, so die Studie, konzentrieren die Geber sich meistens auf dieselben Sektoren. Ziel einer sektorbezogenen Arbeitsteilung müsse sein, dass die einzelnen Geber sich jeweils auf bestimmte Aufgaben spezialisierten, die EU insgesamt aber auch künftig alle Bereiche abdecken könne. An neuen Feldern internationaler Zusammenarbeit wie dem Klimaschutz oder der Bewältigung von Migration könnte die EU einen solchen arbeitsteiligen Ansatz ausprobieren. (ell)

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