Geschichte

Wider das Vergessen

Gewalt ist in Guatemala keine Unbekannte. Erfahrungen damit reichen von der spanischen Eroberung 1511 über den Bürgerkrieg von 1960 bis 1996 bis zu den heutigen Bandenkonflikten.
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Korruption, Drogenhandel und Erpressung sind ernsthafte Probleme in Guatemala. Laut der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch versuchen deshalb viele Menschen, das Land zu verlassen.

Vor diesem Hintergrund ist die „Casa de la Memoria“ („Haus der Erinnerung“) zu sehen. Dieses Museum in einem armen Stadtviertel der Hauptstadt Guatemala-Stadt widmet sich der blutigen Geschichte Guatemalas. Unter dem Motto „para no olvidar“ („um nicht zu vergessen“) geht es einigen der schmerzhaftesten Abschnitte in der langen Geschichte interner Konflikte des Landes auf den Grund. Die Menschenrechtsgruppe Centre for Legal Action in Human Rights mit Sitz in den USA unterstützt die Dauerausstellung. Zu deren Themen gehören unter anderem die spanische Eroberung, fortgesetzte Angriffe auf Maya-Gemeinschaften, die Serie der Gewaltherrschaften, der 36 Jahre dauernde Bürgerkrieg sowie die Gewalt der Straße.

Die Präsentation ist innovativ. Eine große Sammlung von Schwertern aus dem 16. Jahrhundert und eine Reihe von Seilen erinnern beispielsweise an die Zwangsbekehrung der Indigenen zum Christentum – mit den Seilen wurden diejenigen erhängt, die sich weigerten, den Glauben der Eroberer anzunehmen.

Andere Ausstellungsstücke haben mit dem Bürgerkrieg im 20. Jahrhundert zu tun. Darin verübten Regierungstruppen zahlreiche Menschenrechtsverletzungen an Zivilisten, vor allem an Angehörigen indigener Gemeinschaften. Rund 200 000 Menschen starben. Einer der Räume zeigt ein hastig verlassenes Haus: Gegenstände liegen verstreut herum, und man sieht die Silhouetten der Familienmitglieder, die gewaltsam verschleppt wurden. Zudem gibt es Tafeln mit Aussagen von Augenzeugen und Betroffenen, die von Vergewaltigungen, Entführungen und Morden während des Bürgerkriegs berichten.

Andere Bereiche machen mehr Mut. Einer ist zum Beispiel Menschen gewidmet, die sich gegen die Gewalt gestellt haben, darunter Monsignor Juan José Gerardi Conedera, ein katholischer Bischof, der viele Menschenrechtsverletzungen ans Tageslicht brachte.

Das Museum vermittelt die Botschaft, dass die Kenntnis der eigenen Geschichte davor schützt, sie zu wiederholen. Jugendliche sind eine wichtige Zielgruppe, und junge Freiwillige fungieren als Museumsführer. Dafür absolvieren sie einen fünftägigen Kurs. Eine der Absolventinnen, die 19-jährige María José Arismendez, sagt: „Was ich in der Schule gelernt habe, reicht nicht aus, ich wollte mehr wissen. In der Ausbildung zur Führerin habe ich den Hintergrund von Ereignissen in Guatemalas Geschichte erfahren.“ Das Museum hält sie für sehr wichtig. „Man kann hier lernen, wer wir Guatemalteken wirklich sind, wie unsere Ahnen lebten, woran sie glaubten, was sie durchlitten haben und wie wir das wurden, was wir heute sind.“


Gildaneliz Barrientos ist Journalistin in Guatemala.
gildacol54@gmail.com

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