Südost-Asien

Durchwachsenes Bild

Indonesier erkennen die Erfolge ihrer Regierung an und sind stolz auf das gewachsene internationale Ansehen ihres Landes. Mitgliedschaft in der G20 bedeutet Einfluss über die Region hinaus. Die Indonesier wissen aber, dass noch viel zu tun bleibt.

[ Von Edith Koesoemawiria ]

Indonesien ist das einzige südostasiatische Mitglied der G20. Präsident Susilo Bambang Yudoyono sagte kürzlich, er hoffe, dadurch eine ak­tive Rolle – etwa bei der Reform der Weltwirtschaftsordnung – spielen zu können. Sein Statement spiegelte die Raison d’être der G20 wider. Sie entstand als Krisenreaktion in den späten 90er Jahren und wurde durch die aktuelle globale Finanzkrise gestärkt.

Indonesien ist mit einer Viertelmilliarde Menschen das bevölkerungsreichste Land Südostasiens. Es war immer eine regionale Macht. Eindrucksvolle Wachstumsraten haben das in den vergangenen Jahren gefestigt. Wie US-Präsident Barack Obama bei seinem Jakarta-Besuch vor dem G20-Gipfel sagte, ist Indonesien außerdem für toleranten Multikulturalismus bekannt. Für das Land kommt es nun darauf an, seine eigene Entwicklung zu verstetigen und zugleich zur globalen Entwicklung beizutragen.

Ohne Zweifel wächst die indonesische Wirtschaft schnell. Thee Kian Wie (2010) vom LIPI, dem Indone­sian Institute of Sciences, lobte die Dynamik und die Stärke der Wirtschaft. Seinem Urteil nach lag die Wachstumsrate – angetrieben von Konsum, Investitionen und Exporten – im zweiten Quartal höher als 6,2 Prozent. Er nannte die Inlandsnachfrage robust, die Investitions­daten ermutigend und die Exportstatistik erfreulich.

Thee Kian Wie verwies auch auf Indonesiens gestiegenes Ansehen bei Ratingagenturen. So habe die Japan Credit Rating Agency erstmals seit 13 Jahren die Note von BB+ auf BBB nach oben korrigiert. Zudem habe im zweiten Quartal die Summe ausländischer Direktinvestitionen 3,7 Milliarden Dollar betragen – zu Gunsten ganz unterschiedlicher Sektoren wie Transport, Kommunikation, Bergbau oder auch Strom-, Wasser- und Gasversorgung. Um weiter zu wachsen, meinte der Autor, müsse Indonesien auch weiter Investoren anlocken.

Früh im G20-Prozess schlug Indonesien vor, einen Global Expenditure Support Fund (GESF) einzurichten, um Volkswirtschaften mit mittleren Einkommen in Krisenzeiten Zugang zu kostengünstiger Finanzierung für Infrastruktur- und MDG-Zwecke zu geben. Geringe Liquidität des internationalen Geldmarkts wurde für viele Entwicklungsländer im Zuge der Finanzkrise zu einem ernsten Haushaltsproblem. Wenn der Investitionsfluss in ein Land stockt, hat das langfristige Folgen ganz unten an der gesellschaftlichen Basis. Um das Leid der Menschen zu lindern, müssen Regierungen wirkungsvollere soziale Sicherungssysteme finanzieren. Damit der GESF funktioniert, sollen nur Länder mit einer soliden jüngeren Finanzgeschichte Zugang bekommen.

Indonesien war eines der beiden Vorsitzländer in den G20-Arbeitsgruppen über multilaterale Entwick­lungsbanken und Korruptionsbekämpfung. Letztere bereitet einen globalen Aktionsplan vor. Der Kampf gegen Bestechlichkeit spielt auch innenpolitisch eine große Rolle (siehe Interview mit Peter Pedersen in E+Z/D+C 2010/12, S. 480 f.). Indonesien hat in der ers­ten Amtszeit Yudhoyonos auf diesem Feld große Erfolge verbucht. Seine zweite Amtszeit wird allerdings mit Rückschlägen belastet, die zeigen, wie viele Kraken­arme die Korruption hat.

Neue Machtverhältnisse

Schwellenländer wie Brasilien, Indien und China sind in der G20 Indonesiens natürliche Verbündete. Bei der Abreise nach Seoul sagte Yudhoyono, die Vormacht des Westens werde nicht ewig andauern: „Es wird neue Pole geben, die Schwellenländer.“ In gewisser Weise gab ihm der Gipfel recht. In einem Abkommen, das IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn historisch nannte, haben europäische Regierungen Stimmrechte beim Währungsfonds an China und Indien abgetreten. Diese Länder tragen nun mehr Verantwortung für die Weltwirtschaft. Aus indonesischer Sicht ist das positiv.

Indonesien exportiert vor allem Rohstoffe. Die Währung ist an den Dollar gebunden. Die heimische Industrie tut sich allerdings schwer mit der Konkurrenz durch Billigimporte aus China. Ein starker Yuan würde Indonesien bei der Entwicklung des verarbeitenden Gewerbes helfen.

In seinem Aufsatz schrieb Thee Kian Wie, dass Indonesien diese Branche entwickeln muss, um Arbeit für die ständig wachsende Erwerbsbevölkerung zu schaffen. Die ILO (2010) hat angemerkt, dass die Arbeitslosenquote von Februar 2008 bis Februar 2009 von 8,5 Prozent auf 8,1 Prozent fiel. Diese Statistik ist aber irreführend, weil die ILO auch festhielt, dass die Zahl der informell beschäftigten Menschen auf 64,8 Millionen anstieg. Zudem gebe es deutlich mehr Aushilfskräfte in der Landwirtschaft. Die Zahl der unbezahlten Arbeiter soll um vier Prozent auf 18,6 Millionen zugenommen haben. Solche ILO-Daten zeigen, dass es in Indonesien kein Beschäftigungswunder gibt. Viele Menschen durchleben harte Zeiten und sind verbittert.

Eine 119-Seiten-Studie des Indonesien-Programms der Kennedy School der Harvard University (2010) hielt fest, dass Indonesien als einziges Land in Südostasien noch die niedrigsten UN-Standards für die Armutsmessung verwendet. Indonesien ist ein regionaler Riese mit globaler Reichweite – aber in mancher Hinsicht hinkt das Land doch hinterher. Es ist zum Beispiel klar, dass zum Schutz der Umwelt noch viel gesehen muss.

Das heißt nicht, dass Indonesien nichts erreicht hätte. Nein, dieses Land stagniert ganz bestimmt nicht. Aber es gibt noch viel zu tun. Wegschauen hat noch nie zu Fortschritt und Wohlstand geführt.

Der ILO-Bericht enthielt auch Lob dafür, dass die indonesische Regierung begonnen hat, in Berufsaus­bildung zu investieren, und mehr darauf achtet, welche Fähigkeiten im Management und in arbeitsintensiven Wirtschaftszweigen gebraucht werden. Für einen bevölkerungsreichen Inselstaat ist es richtig, auf menschliche Qualifikationen zu setzen. Es scheint, dass die Regierung die Herausforderungen der Zukunft versteht – und zwar nicht nur auf der internationalen Ebene.

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