Meinungsfreiheit

Internetspione aus dem Reich der Mitte

Nach Hackerangriffen auf E-Mail-Konten von Menschenrechtsaktivisten hat Google mit dem Rückzug aus China gedroht. Doch vorerst bleibt alles beim Alten. China hat unterdessen die Zensur auf SMS ausgeweitet.

Zahlreiche E-Mail-Konten von Google-Kunden sind im Dezember von chinesischen Hackern ausgespäht worden, gab der Konzern im Januar bekannt. Im Visier der Angreifer standen in erster Linie die Postfächer von chinesischen Menschenrechtsaktivisten sowie die von Ausländern und Journalisten, die sich mit dem Thema beschäftigen.

Das Unternehmen sprach von einem „technisch hoch entwickelten Angriff auf unsere Firmen-Infrastruktur“, beschuldigte chinesische Regierungskreise aber nicht direkt. Zweifel an der Verantwortung staatlicher Stellen hatten Experten aber nicht. Mindestens zwanzig weitere Großunternehmen wurden laut Google von den Internetspionen angegriffen. Darunter die Firma Yahoo, die die Angriffe jedoch zunächst nicht publik machte.

Seit Google im Jahr 2006 in China aktiv wurde, hat sich der Konzern der Zensur gebeugt. „Die Angriffe und die groß angelegten Überwachungsaktivitäten“, die Google bei seiner Untersuchung aufgedeckt habe, veranlasse den Konzern jedoch nun, das „Engagement in China neu zu bewerten“. Es werde nun überlegt, die Zensuranforderungen der chinesischen Zentralregierung nicht mehr zu erfüllen und gegebenenfalls den chinesischen Markt zu verlassen.

China aber war zu keinem Kompromiss bereit: „Ausländische Firmen in China müssen die Gesetze unseres Landes befolgen und sich an die Sitten und Traditionen halten. Google bildet da natürlich keine Ausnahme“, zitieren Presseberichte einen Sprecher des Außenministeriums. Nach dem Vorfall weitete China die Zensur auf Handys aus. Mit Schlüsselwörtern sollen „subversive“ Inhalte nun auch in Kurznachrichten erkannt werden.

Google hat auf dem chinesischen Markt für Internetsuchmaschinen einen Anteil von einem knappen Drittel, der chinesische Suchmaschinen-Konkurrent Baidu hingegen beherrscht den Markt mit einem Anteil von gut zwei Dritteln. Der Internet-Gigant macht im Reich der Mitte bisher nur einen geschätzten Umsatz von 300 Millionen Dollar im Vergleich zu 22 Milliarden weltweit. Experten sehen in dem Riesenland dennoch einen wichtigen Wachstumsmarkt für das Unternehmen, etwa im Handygeschäft. Konzernchef Eric Schmidt sagte Ende Januar, dass Google zu seinem Chinageschäft stehe, aber in Zukunft etwas ändern wolle. Das Geschäft in China läuft also erst mal weiter wie bisher – inklusive Zensur. (cir)

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