Kleine und mittlere Unternehmen

Jenseits der „Heuschrecken-Plage“

Die entwicklungspolitischen Effekte von Private Equity Fonds müssen sorgfältig geprüft werden. Sicherlich kann exzessive kurzfristige Gewinnorientierung Schaden anrichten, doch darf nicht übersehen werden, dass gerade Unternehmen in Ländern mit schwach entwick­elten Finanzsektoren dringend Zugang zu Eigenkapital brauchen. Die DEG hat gute Erfahrungen mit Private Equity Fonds gesammelt.


[ Von Thomas Koch ]

In Deutschland sind Private Equity Fonds (PEF) – Beteiligungsgesellschaften, die Eigenkapital in Un­ter­nehmen investieren, um später durch den Verkauf solcher Beteiligungen Gewinn zu erzielen – umstritten. Im Wahlkampf 2005 bezeichnete der SPD-Politiker Franz Müntefering diese Fonds als „Heuschre­ck­en“. Er wird damit seither oft zitiert. Den PEF wird vorgehalten, dass sie
– nur kurzfristig kalkulierten,
– überzogene Renditeerwartungen hegten,
– die Unternehmen exzessiv verschuldeten und
– rücksichtslos Arbeitsplätze vernichteten.

Diese Diskussion zieht internationale Kreise. Auch in China oder Südkorea wird darüber nachgedacht, wie PEF reguliert werden sollten – aber auch, ob einige dieser Gesellschaften vielleicht sogar Förderung verdienen. Mangelnder Zugang zu Eigenkapital stellt nämlich für viele Firmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU), ein gewaltiges Hindernis dar. Das gilt für Entwicklungsländer mit schwachen Finanzsektoren besonders.

Befürworter sehen die Fonds deshalb als neue Art von Finanzintermediär. Wenn diese sich an Unternehmen beteiligen, können die betroffenen Firmen ihr Eigenkapital aufstocken, Investitionen durchführen und erhalten Zugang zu professionellem Management-Know-how. Mittelständischen Unternehmen können PEF auch bei „Nachfolgerproblemen“ helfen, wenn Eigentümer beispielsweise aus Altersgründen ausscheiden und dadurch der Bestand der Firma gefährdet ist. Kurz: Der befristete Einstieg eines PEF kann Unternehmen helfen, Engpässe zu überwinden und schneller zu wachsen.

PEF transferieren erhebliche Volumina in Entwicklungsländer. 2006 ging es um 33 Milliarden Dollar – zehn mal mehr als drei Jahre zuvor. Kaum überraschend bilden China und Indien die Schwerpunkte des Interesses. Immerhin wurden aber auch Afrika im vergangenen Jahr rund 5,5 Milliarden Dollar zugesagt.

PEF-Engagements werden auch für Entwicklungsfinanzierungsinstitute (DFI – Development Finance Institutions) zunehmend wichtiger. Das gilt etwa für die Weltbanktochter IFC oder die DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft, eine Tochter der KfW Bankengruppe – und andere Institute, deren expliziter Auftrag der Auf- und Ausbau des Privatsektors ist. Lokal tätige Fonds können die KMU-Zielgruppe mit relativ kleinen Summen und intensiver Managementbetreuung oft besser bedienen als die DFI selbst.

Empirische Ergebnisse

Selbstverständlich stellt sich die Frage, ob es sich bei solchen Fonds womöglich um destruktive „Heuschrecken“ handelt. Die IFC, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung sowie die Asiatische Entwicklungsbank haben Fallstudien derartiger Engagements erstellen lassen. Die Rolle der Fonds wird darin überwiegend positiv bewertet. Zu einem ähnlichen Urteil kam auch die DEG, die als erstes Institut ihr gesamtes PEF-Portfolio analysiert hat, um die Effekte solcher Beteiligungen systematisch und vollständig zu bewerten.

Bei der Portfolio-Bewertung (Ex-Post) Anfang 2007 stellte die DEG positive Beiträge zu messbaren entwicklungspolitischen Effekten fest. Das galt besonders auf den folgenden Feldern:
– Beschäftigung: Bei den rund 300 Firmen, in welche PEF mit DEG-Beteiligung investierten, wurden etwa 210.000 Arbeitsplätze geschaffen oder gesichert. Angesichts der in den Zielländern üblichen zweistelligen Arbeitslosenraten ist das beachtlich. Darüber hinaus entstanden im Management der PEF selbst 500 hoch qualifizierte Arbeitsplätze.
– Kapitalmarkt / Finanzsektor: PEF erweitern vielfach die Angebotsseite auf den lokalen Kapitalmärkten. 66 Prozent der Fonds im DEG-Portfolio investierten unter anderem in KMU, die an langfristiges Eigenkapital üblicherweise nicht herankommen. Knapp zwei Drittel der PEF finanzierten zudem innovative Branchen wie beispielsweise erneuerbare Energien, Gesundheit oder Informationstechnologien. 59 Prozent der PEF mobilisierten zudem Kapital von lokalen Investoren und wirkten damit der Kapitalflucht entgegen. Sie trugen also zur systemischen Finanzsektorentwicklung bei.
– Förderung des Unternehmenssektors: In 86 Prozent der Beteiligungsunternehmen wurde die Unternehmensführung im professionellen Sinne verbessert (siehe Schaubild). In zwei Drittel der Fälle wurde beispielsweise die Rechnungslegung auf internationales Niveau gebracht. In drei Vierteln der Fälle wurden Erweiterungs- und Modernisierungsinvestitionen getätigt, die oft mit Technologietransfer einhergehen. Im­merhin in einem Drittel der Fälle wurden Umwelt- und Sozialmanagementsysteme eingeführt – was angesichts der Zielgruppe KMU beachtlich ist. Dennoch sollte diese Quote in Zukunft sicherlich noch steigen.

Festzuhalten ist, dass Beteiligungsfonds typischerweise neben Eigenkapital auch Management-Know-how bereitstellen. Das spiegelt sich auch in der aktiven Rolle wider, welche die DEG selbst innerhalb der PEF spielt. Das in Köln ansässige Institut stellte nicht nur Beteiligungskapital zur Verfügung, sondern übernahm in 71 Prozent der PEF-Engagements Mandate in Aufsichtsgremien oder Investmentkomittees, was mit wichtigen Beraterfunktionen einhergeht.

Zudem nahm die DEG als Promotor von Umwelt- und Sozialmanagementsystemen, besserer Corporate Governance und erweiterter Messung entwicklungspolitischer Effekte Einfluss auf die Entwicklung von Standards innerhalb der PEF-Branche. Diese Mediatorenrolle der DFI wird von der Financing-for-Development-Initiative des World Economic Forum besonders gelobt. Wichtig ist darüber hinaus, dass in vielen Fällen Kapital lokaler Investoren mobilisiert wurde. Die DEG erfüllt damit auch eine für DFI-typische Funktion als Signalgeber.

Die DEG-Untersuchung umfasste 44 Beteiligungen an PEF mit einem Zusagevolumen von insgesamt rund 210 Millionen Euro. Regional ist das Portfolio breit diversifiziert. Auf Osteuropa entfallen 35 Prozent der Zusagen und auf Afrika 30 Prozent. Auf Asien entfallen 25 Prozent und auf Lateinamerika zehn Prozent. Im Branchenvergleich ist der Anteil Afrikas sehr groß.

Die DEG untersuchte ihr PEF-Portfolio mit dem entwickelten „Geschäftspolitischen Projektrating“ (GPR). Es bildet eine Indexnote aus Punkten, die für den Grad der Erfüllung bestimmter Ziele vergeben werden (Koch, 2007). In die entwicklungspolitische Bewertung gehen dabei die obengenannten Faktoren Beschäftigung, Finanzsektorentwicklung und Förderung des Unternehmenssektors ein. Bedeutsam sind aber auch Aspekte wie Frauenrelevanz, Institution-­building oder Aus- und Fortbildung. Dieses Ratingsystem der DEG verwenden derzeit auch acht andere europäische DFI.

Das GPR erfasst indessen nicht nur entwicklungspolitische Effekte, sondern prüft auch andere wichtige Faktoren. Dazu gehören die langfristige Rentabilität der Fonds, die aktive Rolle der DEG oder die DEG-Eigenkapitalverzinsung. Während die entwick­lungspolitische Erfolgsquote insgesamt mit 71 Prozent positiv eingeschätzt wurde, liegt die Gesamterfolgsquote mit 41 Prozent (derzeit noch) deutlich niedriger.

Das liegt aber mit daran, dass diese Art von PEF-Engagement in der Regel auf acht bis zehn Jahre angelegt ist. Die Erträge fallen erst an, wenn nach erfolgreichem Wachstum die Beteiligungen an der Börse platziert oder an strategische Investoren weiterverkauft werden. Derzeit befindet sich über die Hälfte des DEG-Portfolios noch in der Aufbau-Investitionsphase.

Fazit

Beteiligungsfonds können ein sinnvolles Instrument der Entwicklungspolitik sein. Die „Heuschrecken“-Polemik ist in ihrer pauschalen Form sowohl für Industrie- als auch für Entwicklungsländer nicht gerechtfertigt. Eine differenzierte Bewertung ist nötig. Die Kritik bezieht sich auf sogenannte „hedge fonds“, die besonders kurzfristig spekulieren, und auf Investoren, die Unternehmens- und Beteiligungskäufe mit exzessiver Verschuldung finanzieren („aggressive leveraged-buy-out fonds“).

Die positive Rolle der PEF zur systemischen Finanzsektorentwicklung wird indessen zunehmend auch in der Fachwelt anerkannt (Patricof und Sunderland, 2006). Auch das BMZ-Sektorkonzept „Finanzsystementwicklung“ erwähnt PEF als sinnvolles Instrument. Die gewünschten entwicklungspolitischen Effekte von PEF treten allerdings nicht automatisch ein. Eine aktive Rolle der Entwick­lungs­finanzierungsinstitute als Gesellschafter sowie ein regelmäßiges Rating der entwicklungspolitischen Effekte sind ratsam.

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