Leserzuschriften

Leserbriefe

Leserzuschriften aus Ghana und Deutschland.

Wechselseitige Kontrolle

„Die Öffentlichkeit will keine Märchen mehr“
E+Z/D+C 3/2008, S. 100

Ich stimme Professor Colliers Einschätzung zur Bedeutung der technischen Zusammenarbeit von Herzen zu. Trotz der Fortschritte, die die Geber mit der Budget-Hilfe in Richtung Geberharmonisierung gemacht haben, und trotz der Tatsache, dass Budget-Hilfe für Geber attraktiv ist, glaube ich, dass nicht nur instabile Staaten, sondern auch viele andere Entwicklungsländer Technische Hilfe dringend brauchen.

In den meisten Entwicklungsländern existieren Kontrollinstitutionen und -verfahren entweder gar nicht oder nur pro forma. Die politischen Strukturen fußen in der Regel auf Nepotismus und Vetternwirtschaft statt auf Leistung und Kompetenz. Allzuoft sind die paar Aufsichtsinstanzen, die es gibt, mit Günstlingen und Strohmännern besetzt. Entwick­lungsprojekte werden deshalb schlecht implementiert, sie entfalten nicht ihr volles Potential, ihre Lebensdauer ist kurz, und viel Geld wird veruntreut. Mehr Geld wird in diesem Kontext keine Probleme lösen – wohl aber Technische Hilfe.

Die Geber sollten ihre Experten schicken, um Governance-Probleme anzugehen, und die Kapazitäten der Verantwortlichen darin stärken, ihren Aufgaben in den Entwicklungsländern wirklich ge­recht zu werden. Technische Hilfe kann Verantwortungsbewusstsein und Transparenz steigern, Effektivität erhöhen und Korruption verringern. Es ist wichtig, dass Geber dort, wo sie Budgethilfe leisten, kompetente unabhängige Agenturen etablieren, die die Nutzung solcher Mittel überwachen und prüfen. Regierungen von Entwicklungsländern mögen diese Idee vielleicht nicht sonderlich, aber sie brauchen Kontrollen, die in der Innenpolitik ihrer Länder bislang nicht ausreichend gewährleistet sind.

Ewald Garr, Referent für Forschungs- und Programmentwicklung bei EVANG-GH (End Violence Against the Next Generation, Ghana), einer Nichtregierungs-organisation in Accra.

Falsch zitiert

„Risikoinvestitionen“
E+Z/D+C 7-8/2008, S. 272

Grundsätzlich schätze ich die E+Z als Informationsformat für die deutsche EZ Community sehr. Die Wiedergabe meiner Positionen in dem Tagungsbericht der aktuellen Ausgabe (S. 272) schätze ich hingegen nicht so sehr, weil sie verkürzt und damit inhaltlich leider falsch ist.

Dort steht unter anderem: „Laut Jörg Faust von DIE lässt sich indessen eindeutig belegen, dass ,Entwicklungspolitik ein Instrument des Eigeninteresses und der Außenpolitik der Geberländer‘ sei.“ Das habe ich schlichtweg so nicht gesagt. Was ich gesagt habe, war differenzierter, damit leider weniger spektakulär und lautete in etwa so: Für die Vergangenheit bis circa Mitte der 90er Jahre (!) lässt sich zeigen, dass etwa die Vergabe von EZ-Mitteln auch nach Interessen der Geber erfolgte, dass aber gerade in jüngerer Vergangenheit eine größere Selektivität bei der Vergabe von EZ-Mitteln nach ent­wick­lungspolitischen Kriterien zu beobachten ist.

Wie unschwer zu erkennen, ist dies eine deutlich weniger fundamentalkritische Aussage als die im Heft dargestellte.

Jörg Faust,Deutsches Institut für Entwicklungspolitik, Bonn

Schwacher Fokus

„Erfolgreiches Engagement“
D+C/E+Z 7-8/2008, S. 296f

In Ihrer Replik auf meinen Artikel in der Mai-Ausgabe von E+Z/D+C über die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen bezeichnen Claudia Warning und Ralf Tepel es als „schlicht realitätsfremd“, dass ich das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen von Ländern als Kriterium für den Bedarf an Entwicklungshilfe anführe. Zunächst einmal handelt es sich dabei um ein Standardkriterium, das in der gesamten Entwicklungshilfe-Literatur verwendet wird. Zudem ziehen Warning und Tepel dieses Kriterium selbst heran, wenn sie zwei Absätze früher betonen, dass deutsche Nichtregierungsorganisationen rund 20 Prozent ihrer Entwicklungshilfe für die am wenigsten entwickelten Länder (LDCs) ausgeben. Das Pro-Kopf-Einkommen ist (laut UN) Definitionsbestandteil für LDCs.

Noch erstaunlicher ist, dass Warning und Tepel mit dem genannten Anteil von 20 Prozent wohl zu belegen meinen, dass sich die deutsche NRO-Hilfe besonders auf LDCs konzentriert. Man müsste dabei allerdings die Tatsache berücksichtigen, dass etwa ein Drittel aller Entwicklungsländer zur LDC-Kategorie gehören; die Bevölkerung von LDCs macht 14 Prozent der Bevölkerung aller Entwicklungsländer aus (und sogar 25 Prozent, wenn man China und Indien herausrechnet). Könnte es vielleicht sein, dass der NRO-Fo­kus auf die ärmsten Länder doch eher schwach ausgeprägt ist?

Schließlich wäre es zumindest mir neu, dass es viel darüber aussagt, wie gerne sich deutsche NROs kritisch analysieren lassen, wenn sie sich gar „eigene Evaluierungsabteilungen leisten“. Sie waren jedenfalls nicht daran interessiert, dass wir sie analysieren – sonst hätten wir vermutlich etwas Unterstützung bei der Sammlung von Daten bekommen, worum wir mehrfach gebeten haben.

Peter Nunnenkamp,Institut für Weltwirtschaft, Kiel

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