Kommentar

Enttäuschte Hoffnungen

Die große Koalition in Simbabwe funktioniert nicht. Nach einem vielversprechenden Start Anfang 2009 ging es nicht weiter. Jetzt fürchten die Leute eine Wiederholung der Wahlkampf-Gräuel von 2008.


Von Mufudzi Moyo

Nach ersten guten Schritten vorwärts hat Simbabwes Koalitionsregierung bald den Rückwärtsgang eingeschaltet. Vor zweieinhalb Jahren schlossen Präsident Robert Mugabe und Morgan Tsvangirai von der Partei MDC (Movement for Democratic Change) ein Abkommen über eine gemeinsame Regierung. Tsvangirai wurde Pre­mierminister. Politiker aus Nachbarländern hatten vermitteln müssen, nachdem Gewalt die Demokratie in Simbabwe untergraben hatte. Kurz nachdem die MDC in Parlamentswahlen eine Mehrheit gewonnen hatte, hatte sich Tsvangirai aus dem Präsidentenwahlkampf zurückgezogen, weil Handlanger Mugabes nicht aufhörten, MDC-Anhänger zu töten.

Die eigenartige Koalition hat eine gewisse ökonomische Stabilität erreicht und die Hyperinflation gestoppt. Die Regierung führte den Dollar und den Rand aus Südafrika statt der eigenen Währung ein. Heute sind die Läden voll mit importierten Konsumgütern. Aber arme Leute können sie nicht kaufen. Viele Menschen sind arbeitslos, weil die Industrie keinen Aufschwung genommen hat. Allein in diesem Jahr mussten in Buwalo, der zweitgrößten Stadt, rund 100 Firmen dichtmachen.

Eigentlich sollte die große Koalition auch landesweit das Grundeigentum prüfen und die destruktiven Landreformen Mugabes korrigieren, welche die Agrarwirtschaft unterminiert haben. Aber sie kommt damit nicht voran. Kürzlich wurden sogar wieder zwei wichtige Bauern­höfe von Leuten besetzt, die mit Mugabe in Verbindung stehen.

Auch andere Hoffnungen wurden enttäuscht. Zunächst sah es so aus, als sei die Koalition auf zwei Jahre angelegt und werde in dieser Zeit eine neue Verfassung schaffen, die freie und faire Wahlen ermöglichen würde. Dieses Grundgesetz ist noch nicht fertig, und die Parteien streiten ständig über das Verfahren.

Die Atmosphäre der Toleranz, die Anfang 2009 herrschte, ging wieder verloren. Heute wollen sich die politischen Gegner wieder an die Kehle. Hassrhetorik ist verbreitet. Leitende Militärs spotten öffentlich über Tsvangirai und sagen, er werde das Land nie führen. Mugabe hat ihn gewarnt, er soll sich von den Sicherheitskräften fernhalten. Gerade dort sind aber aus Tsvangirais Sicht Reformen besonders dringend nötig.

Ende Juli war im Parlament eine Sitzung anberaumt, um die neue Menschenrechtskommission vorzubereiten. Sie ist eine von vier neuen Kommissionen, die der Koalitionsvertrag vorsieht. Die Sitzung wurde aber abgebrochen, weil Mugabe-Anhänger Journalisten und sogar Abgeordnete angriffen. Die Polizei sah zu, griff jedoch nicht ein.

Offenkundig nimmt Mugabes Partei, die Zanu PF, die Menschenrechte nicht ernst. Sie schürt Ängste unter unabhängigen Journalisten, politischen Gegnern, zivilgesellschaftlichen Organisationen und der Bevölkerung überhaupt. Die Hunderte Toten von 2008 sind in wacher Erinnerung.

Auch im öffentlichen Dienst ist die Stimmung mies. Die Gehälter von Lehrern und Krankenschwestern sind seit der Dollarisierung der Wirtschaft kaum gestiegen. Da die staatlichen Einnahmen aus dem Dia­mantenhandel steigen, fordern auch sie mehr Geld. Aber Finanzminister Tendai Biti von der MDC sagt, er wisse nicht einmal, wohin die Diamanteneinnahmen fließen.

Zudem ist nun belegt, dass der nationale Haushalt rund 70 000 Menschen im öffentlichen Dienst bezahlt, die keine staatlichen Aufgaben erfüllen. Die meisten sind Zanu-PF-Anhänger. Das Wählerregister ist ebenfalls ein Schlamassel, aufgebläht mit den Namen von Babys und Toten. Andererseits fehlen darin tatsächlich wahlberechtigte Menschen.

Simbabwes große Koalition funktioniert offensichtlich nicht. Mugabes Partei fordert Neuwahlen als „einzigen Ausweg“. Die MDC will aber erst die Grundlagen für freie und faire Wahlen schaffen. Die meisten Menschen haben kein Interesse an ­einer Wiederholung der Tragödie von 2008. Die große Frage ist nun, wie lange die MDC in einer Koalition bleiben kann, in der sie ihre Ziele nicht erreicht und von der verlogenen und gewalttätigen Arroganz des angeblichen Partners ständig zum Opfer gemacht wird.

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