Traditionelle Medizin

Dem Fluch der Kinderlosigkeit entkommen

Traditionelle Heiler spielen in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle. Laut nigerianischem Volksglauben können übernatürliche Geister die Unfruchtbarkeit eines Paares beenden.
Osun-Anbeter in Oshogbo. picture-alliance/ dpa/dpaweb/Str Osun-Anbeter in Oshogbo.

Wissenschaftler unterscheiden zwei Arten von traditionellen Heilern gegen Unfruchtbarkeit in Nigeria: Kräuterkundige und Wahrsager. Erstere bieten Präparate an, um körperliche Blockaden zu beseitigen. Letztere ähneln dagegen Priestern. Sie erforschen das Unterbewusstsein der Patienten, um psychologische Hindernisse aufzuheben. Traditionelle Heilmethoden funktionieren bisweilen und sind teils auch wissenschaftlich erklärbar. Psychologie spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle.

In ganz Afrika wird Unfruchtbarkeit mit einer Vielzahl von Aberglauben in Verbindung gebracht. So gut wie nie wird Unfruchtbarkeit allerdings als Problem des Ehemannes angesehen. In Teilen Nigerias gilt eine verheiratete Frau, die keine Kinder zur Welt bringt, als Hexe – eine Person, die von bösen Geistern besessen ist und anderen schaden könnte. „Bis heute meide ich Familientreffen“, sagt Depeju, eine kinderlose Frau. „Wenn ich zum Beispiel den Kindern meiner Schwägerin etwas zum Knabbern mitbringe, verbietet ihnen meine Schwägerin das Essen und sagt, ich könnte sie vergiften.“

Fruchtbarkeitsgöttin der Yoruba

Einige Stämme glauben, dass bösartige Geister die Schwangerschaft einer Frau verhindern – und entsprechend auch, dass gutartige Gottheiten Paare von Unfruchtbarkeit befreien können. Bei den Yoruba im Südwesten Nigerias ist dafür etwa die Göttin Yemojah zuständig, die Mutter aller Gottheiten. Um von den positiven Kräften gütiger Gottheiten zu profitieren, besuchen die Gläubigen Schreine und nehmen an Fruchtbarkeitsritualen teil. Einige Frauen berichten, dass sie nach solchen Zeremonien schwanger wurden.

Für einige ist Fruchtbarkeit auch mit dem Überleben im Jenseits verbunden. „Traditionell glauben die Yoruba, dass die Toten so lange überleben, wie sich ihre Nachkommen an sie erinnern und aktiv versuchen, mit ihnen Kontakt aufzunehmen“, schrieben Johnson et al. im Jahr 1990. „Der Tod ist also erst dann vollständig, wenn niemand mehr übrig ist, der sich erinnert.“ In einem spirituellen Sinne sichern die Nachkommen also das ewige Leben – entsprechend wird Unfruchtbarkeit als katastrophal empfunden.

Sehr viele Nigerianer sind jedoch Christen oder Muslime. Ihre monotheistischen Religionen lehnen solche Ideen ab. Dennoch bedeutet Kinderlosigkeit auch in ihren Gemeinschaften ein Stigma, vor allem für Frauen (siehe Hauptartikel). Beten, um schwanger zu werden, ist in Nigeria weit verbreitet.


Link
Johnson, J. M., et al, 1990: Juju-soup: The witch herbalist‘s solution for infertility. African Studies Review, Vol 33 No. 1, April 1990. https://www.jstor.org/stable/524627?seq=3#metadata_info_tab_contents


Bimbola Oyesola ist eine in Lagos lebende Journalistin.
oritokeoyee@gmail.com

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