Entschuldung

Urteil begünstigt private Gläubiger

Schuldenerlasse verbessern die Zahlungsfähigkeit armer Länder. Gläubiger, die auf Rückzahlung bestehen, nutzen das aus und klagen ihre Forderungen ein. Ein aktueller Gerichtsentscheid verdeutlicht das Problem.

Sambia muss an einen Fonds namens Donegal International rund 15,5 Millionen US-Dollar für Schulden aus alten Krediten zahlen. Dies hat ein Gericht in London im April entschieden. Donegal hatte 55 Millionen Dollar gefordert. Das Gericht wies das jedoch zurück und bezichtigte die Vertreter des Fonds zugleich „gravierender Unehrlichkeit“ während des Verfahrens.

Die fragliche Schuld stammt aus Krediten Rumäniens an Sambia von Ende der 1970er Jahre. Donegal International hatte die Schuld 1999 mit großem Abschlag für rund 3,3 Millionen Dollar von Rumänien gekauft und dann in voller Höhe eingefordert. Sambia und Donegal einigten sich 2003 auf die Zahlung von 15 Millionen Dollar, Sambia überwies 2,5 Millionen, stellte die Zahlungen dann aber ein. Im Februar 2007 klagte der Fonds vor dem Londoner Gericht auf Zahlung von 55 Millionen Dollar einschließlich Verzugszinsen. Sambia dagegen verlangte die Annullierung der Schuld mit dem Argument, die Zustimmung zum Verkauf 1999 sei durch Bestechung zustande gekommen. Dem folgte das Gericht jedoch nicht; die Vereinbarung mit Donegal sei gültig. Im zweiten Schritt wies das Gericht allerdings die Forderung des Fonds als überhöht zurück.
Der Fall macht eine Lücke in der Entschuldung armer Länder deutlich. Die im Pariser Club vertretenen Gläubigerstaaten haben inzwischen 29 armen hochverschuldeten Ländern (HIPC) über 90 Prozent ihrer Schulden erlassen. Zwar sind die Schuldner in der Regel verpflichtet, anderen Gläubigern (außer multilateralen wie der Weltbank und dem Weltwährungsfonds) ähnlich hohe Nachlässe abzuverlangen. Aber erzwingen können die Schuldnerländer das nicht von ihren Gläubigern.

Die Klage gegen Sambia ist denn auch kein Einzelfall: Im August 2006 registrierte die Weltbank 44 Fälle, in denen private Gläubiger Forderungen gegen verschuldete Länder einklagten. Wie viele der Kläger so genannte Geierfonds wie Donegal sind, die billig Schulden aufkaufen, um dann vom Schuldner den Nennwert einzufordern, ist unklar.

Schuldenerlasse verbessern die Zahlungsfähigkeit der betroffenen Länder und erhöhen damit die Aussichten anderer Gläubiger, ihre Forderungen einzuklagen. So drohen Schuldenerlasse, die aus Entwicklungshilfe finanziert werden, am Ende teilweise an private Gläubiger oder gar an Geierfonds zu fließen. Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bezeichnete das Vorgehen der Fonds laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „zynisch und moralisch zutiefst verwerflich“; rechtliche Schlupflöcher müssten „so schnell wie möglich geschlossen“ werden. Auch die G8-Finanzminister äußerten sich auf ihrem Treffen im Mai in der Nähe von Potsdam besorgt über die Klagen gegen HIPC-Länder. Man sei übereingekommen, das Problem anzugehen. Gelingen kann das laut Experten nur, wenn alle Gläubiger – nicht nur die im Pariser Club – an einem Entschuldungsverfahren beteiligt werden. Ein internationales Insolvenzverfahren für Staaten wäre die sauberste Lösung. (bl)

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