Konflikt
Eine Region im ständigen Kreuzfeuer

Im Februar dieses Jahres begann die sogenannte Uvira-Offensive, bei der die von Ruanda unterstützte Rebellengruppe M23 die Region angriff. Mehrere Orte wurden eingenommen, und laut Ärzte ohne Grenzen befanden sich Ende Mai mehr als 250.000 Vertriebene in Uvira. Die Stadt und ihr Ballungsraum zählten im Jahr 2024 etwa 725.000 Einwohner.
Gleichzeitig agieren auch burundische Tutsi-Milizen als Verbündete der M23 in und um Uvira, und auf der Gegenseite die kongolesische Rebellengruppe Wazalendo sowie das offizielle burundische (FDNB) und das kongolesische Militär (FARDC). Zwischenzeitlich griff Wazalendo auch kongolesische Soldat*innen an, denen die Gruppe vorwarf, die Städte Bukavu und Goma dem Feind überlassen zu haben.
Für die Bevölkerung bedeutet all dies: Das lokale Gleichgewicht ist zerstört, und die Angst regiert. Viele Menschen sind auch nach Burundi oder landeinwärts entlang des Flusses Ruzizi geflohen. Bewaffnete Gruppen haben in verschiedenen Orten der Region nun das Sagen und bedienen sich auf verlassenen Feldern. In abgelegenen Dörfern gibt es so gut wie keine humanitäre Hilfe. Die Bevölkerung, die seit Jahren unter permanenten Konflikten, Hunger und einer maroden Regierung leidet, lebt mittlerweile in einer allgemeinen Psychose ohne greifbare Hoffnung.
Bedrohungen für Umwelt und Gemeinden
Was oft vergessen wird: Nicht nur das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben in der Region hat durch die fortwährenden Kämpfe kaum eine Chance, wieder auf die Beine zu kommen. Auch die Natur kann sich nicht erholen. Im Waldgebiet von Kyamate hatte unsere zivilgesellschaftliche Organisation Initiative des Jacobins Éleveurs pour le Développement (IJED) zusammen mit lokalen Gemeinden seit 2020 fast 300 Hektar wiederaufgeforstetes Land gesichert. Die Bäume waren bis zu sechs Meter hoch, und die Tierwelt begann, sich zu regenerieren.
Doch diese Errungenschaften sind heute durch die Anwesenheit bewaffneter Gruppen aus Burundi wie der der Regierung nahestehenden Miliz „Imbonerakure“ bedroht. Seit nunmehr vier Jahren dringen solche Akteure aus dem Nachbarland über die Ruzizi-Ebene in die Region Uvira ein. Ihre Präsenz gefährdet sowohl die Umwelt als auch die Sicherheit der Gemeinden. Viele Menschen besorgen sich ihre Ressourcen nun verstärkt aus den Wäldern, wodurch die Ökosysteme dort bedroht sind: Buschbrände breiten sich unkontrolliert aus, und die Abholzung für den Verkauf von Holzkohle nimmt zu.
Zwischen diplomatischer Hoffnung und der Realität
Die Unterzeichnung des Friedensabkommens zwischen der DR Kongo und Ruanda am 27. Juni 2025 in Washington hat viele Erwartungen geweckt. Vor Ort bleibt die Lage jedoch weiterhin angespannt: Beide Seiten verstärkten zuletzt militärische Maßnahmen, und die Tinte unter dem Abkommen war kaum getrocknet, da drängte die M23 bereits wieder in Richtung Uvira-Stadt. Währenddessen werden in Doha unter Vermittlung Katars die Gespräche zwischen der kongolesischen Regierung und der M23 fortgesetzt.
Die Regierung unter Präsident Félix Tshisekedi wird heftig kritisiert, weil sie nicht in der Lage ist, die anhaltenden Krisen im Osten des Landes zu bewältigen. Angesichts dessen versuchen lokale Führungskräfte, sich neu zu positionieren, wobei dies manchmal eher aus politischen Kalkülen heraus geschieht als aus dem ehrlichen Wunsch heraus, die Lage zu verbessern.
Aufruf zum Handeln für Uvira
Angesichts der anhaltenden Krisensituation sollten die kongolesischen Behörden sowie die Geldgeber, humanitären Gruppen und internationalen Institutionen unverzüglich handeln, um:
- den Schutz der Zivilbevölkerung zu stärken und die staatliche Autorität in den besetzten Gebieten wiederherzustellen;
- einen sicheren und dauerhaften humanitären Zugang zu den von der Gewalt betroffenen Gebieten zu gewährleisten;
- lokale Initiativen im Bereich der Nachhaltigkeit zu fördern und ihre wesentliche Rolle für die Widerstandsfähigkeit der Gemeinden anzuerkennen;
- die wirksame Umsetzung des Friedensabkommens sicherzustellen und gleichzeitig eine inklusive Lösung für die anhaltenden Konflikte voranzutreiben.
Die Menschen in Uvira dürfen nicht länger als Statistiken über Vertriebene oder unsichtbare Leidtragende eines endlosen Konflikts übersehen werden. Sie verdienen mehr denn je Sicherheit, Würde und Hoffnung. Jetzt zu handeln bedeutet, Gleichgültigkeit abzulehnen und unser Bekenntnis zu humanitären Grundsätzen und Grundrechten zu bekräftigen.
Jean Masemo ist der Generaldirektor der zivilgesellschaftlichen Organisation IJED, die in Süd- und Nord-Kivu in der DR Kongo tätig ist. IJED steht für Initiative des Jacobins Éleveurs pour le Développement – Initiative der jakobinischen Züchtenden für Entwicklung.
ijedasbl@yahoo.fr
https://www.ijed-rdc.org/