Menschenrechte

Die eigene Familie sieht weg

Grundsätzlich stehen Schwulen und Lesben dieselben Menschenrechte wie allen anderen zu. Im Alltag aber werden sie vielerorts ungleich behandelt und unterdrückt.

Vorurteile gegenüber Menschen, die heterosexuellen Normen nicht entsprechen, gibt es weltweit in allen Gesellschaften. Selbst in Ländern wie Deutschland, wo Homosexuelle und Lesben per Gesetz weitgehend vor staatlicher Diskriminierung geschützt sind, seien Selbstmorde unter jungen Schwulen oder Lesben signifikant höher als unter gleichaltrigen Heterosexuellen, berichtet Anne Thiemann vom Deutschen Institut für Menschenrechte. Als typische Motive nennt sie Gefühle der Ablehnung, der Beleidigung sowie Gewalterfahrungen – in der Gesellschaft, leider aber oft auch innerhalb des Familienkreises.

Menschenrechte sind universell, betont Thiemann. Freie Meinungsäußerung und Streben nach Glück stehen auch Homosexuellen zu. Rechtswissenschaftler, so Thiemann, definieren „sexuelle Orientierung“ zudem als Teil der geschlechtlichen Identität; und jede Benachteiligung aufgrund des Geschlechts ist ein Verstoß gegen die Menschenrechte.

Dennoch ist in vielen Staaten Homosexualität ein Straftatbestand. In Saudi-Arabien, Iran und Sudan ist sogar die Todesstrafe möglich. Polizei und Justiz vieler anderer Länder unterlassen es systematisch, Gewalt und Verbrechen gegenüber sexuellen Minderheiten zu verfolgen. Das berichtete Thiemann im November bei einer Veranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit im Bonner Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung.

Auf einer internationalen Konferenz in Indonesien formulierten Juristen schon 2006 universelle Standards zur Wahrung der Menschenrechte für Homosexuelle. Zu den „Yogyakarta-Prinzipien“ bekennt sich auch die Bundesregierung. Als Uganda 2009 die Todesstrafe für Homosexuelle einführen wollte, machten das BMZ und andere westliche Akteure Druck auf Kampala. Das BMZ stellte klar, dass die Einführung solch eines Gesetzes ein Grund wäre, die Budgethilfe zumindest zu kürzen. Präsident Yoweri Museveni hat sich seither von dem Vorhaben distanziert.

Inwieweit Homosexuellen mit derartigen Interventionen westlicher Regierungen in die Politik fremder Staaten tatsächlich geholfen ist, bleibt fraglich. Manche Initiativen vor Ort, die es wagen, das Thema anzusprechen, wollen oft nicht mit „westlichen Werten“ in Verbindung gebracht werden, die religiöse Fun­damentalisten mit „Dekadenz“ gleich­­setzen. Dabei gehören Evangelikale aus den USA zu denjenigen, die besonders vehement gegen die Gleichstellung
Homosexueller eintreten.

Thomas Moesch vom Afrikaprogramm der Deutschen Welle meint, dass die Uganda-Debatte dazu beigetragen hat, die Situation afrikanischer Homosexueller zu verbessern – denn Vorurteile wurden erstmals öffentlich diskutiert.

Derweil warnt die pakistanische Literatur­wissenschaftlerin Nadia Butt, in Ländern wie ihrer Heimat sei es sehr schwierig, für die sexuelle Freiheit Homosexueller einzutreten. Es gebe dort nämlich generell kein Verständnis von sexueller Freiheit. (dem)

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