Waldschutz

Verluste begrenzen

Die rechtlichen Bemühungen Indonesiens zur Eindämmung der enormen Entwaldung zeigen erste Ergebnisse. Die Regierung steht vor der großen Aufgabe, die riesigen Wälder des Landes zu erhalten.
Orang-Utans sind vom Aussterben bedroht – Borneos Urwälder sind ihr Lebensraum. Sonja Jordan/Lineair Orang-Utans sind vom Aussterben bedroht – Borneos Urwälder sind ihr Lebensraum.

Jahrzehntelang war Indonesien bekannt dafür, seine Tropenwälder und das darunterliegende kohlenstoffreiche Torfland abzubrennen. Die Agroindustrie sollte von der weltweiten Nachfrage nach Schnittholz, Zellstoff und Papier profitieren – und später von Palmöl, einer Schlüsselzutat in vielen Fertigprodukten.

Seit 2002 arbeitet die Regierung jedoch an der Eindämmung dieser schädlichen Praktiken. Um die Wälder zu retten, wurden weitreichende Verordnungen verabschiedet, eine radikale Reform der Forstwirtschaft eingeleitet und Unternehmen strafrechtlich verfolgt, die illegal Wälder roden, sowie korrupte Beamte, die sie unterstützen.

Die großflächige Entwaldung Indonesiens hielt mehr als vier Jahrzehnte an und war eine Umweltkatastrophe. Die Brandrodung raubte dem Land den natürlichen Kohlenstoffspeicher und setzte zusätzliches CO2 frei. Sie tötete auch viele Lebewesen, sodass die Artenvielfalt stark zurückging.

Dank der Regierungsmaßnahmen beträgt die Entwaldungsrate heute weniger als ein Drittel des Wertes von Anfang der 1990er Jahre und weniger als ein Sechstel der schlimmsten Periode von 1996 bis 2000. Damals gingen jedes Jahr 3,5 Millionen Hektar verloren. Insgesamt wurden zwischen 1970 und 2016 fast 60 Millionen Hektar Waldland gerodet oder abgebrannt.

Der Kampf gegen die Zerstörung geht weiter. Auf dem Spiel steht eine bedeutende natürliche Ressource: Indonesien beherbergt den drittgrößten Tropenwald der Welt. Die Hälfte der fast 1,9 Millionen Quadratkilometer (188 Millionen Hektar) ist von Wald bedeckt.

Der Erhalt dieser Umweltressource ist ein Wert an sich, aber es gibt weitere Vorteile. Norwegen hat im Rahmen eines Programms zur Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung der Wälder und zur Erhöhung der Kohlenstoffvorräte der Wälder, damit begonnen, Zahlungen an Indonesien zu leisten. Die erste Tranche von 56 Millionen US-Dollar für verifizierte Emissionsreduzierung im Finanzjahr 2016/2017 wird über den neu eingerichteten nationalen Umweltfonds ausgezahlt. 2010 hatten Norwegen und Indonesien ein Abkommen über insgesamt 1 Milliarde US-Dollar unterzeichnet – wobei die Zahlungen von verringerter Entwaldung und besserer Waldbewirtschaftung abhängen.

Die großflächige Schädigung der Wälder Indonesiens begann unter Präsident Suharto von 1967 bis 1998, der sie im Streben nach Wirtschaftswachstum ausbeutete. Er nutzte die Wälder auch zur Machtkonsolidierung, indem er Konglomeraten, die von Familienmitgliedern, Geschäftspartnern sowie politischen und militärischen Verbündeten geführt wurden, ohne Ausschreibung Einschlagsrechte für 62 Millionen Hektar Waldland gab.  

Eine Reihe von Unternehmen – Holzeinschlag in den 1970ern, Sperrholz in den 1980ern, Papier und Zellstoff in den späten 1980ern und schließlich Palmöl in den 1990ern – haben nach 1970 rund 30 Prozent der indonesischen Landfläche gerodet. Sie haben Millionen Hektar Wald degradiert oder zerstört (siehe Kasten).

Die schlimmsten Jahre waren 1996 bis 2000. Das lag am El-Niño-Ereignis von 1997/1998, der asiatischen Wirtschaftskrise und einem Holzeinschlag-Rausch, der ausgelöst wurde, als Präsident Bacharuddin Jusuf Habibie, Suhartos Nachfolger, 1998 den Bezirken und Gemeinden plötzlich die Befugnis übertrug, kleine Konzessionen für die Nutzung von Waldflächen zu erteilen.


Wende

Mitte 2002 leitete Indonesien eine Wende in Bezug auf die exzessive Entwaldung ein. Durch neue Gesetze kamen die Wälder schnell wieder in die zentrale Verwaltung des Forstministeriums. Distriktregierungen konnten keine Genehmigungen für Holzeinschlag und Waldumwandlungen auf staatseigenem Land mehr erteilen.

Der illegale Holzeinschlag ging jedoch weiter. Um ihn zu stoppen, führte die Regierung ein verpflichtendes Zertifizierungssystem ein. Der Regulierungsprozess dauerte lange, aber im November 2016 stellte Indonesien als erstes Land der Erde FLEGT-Genehmigungen (Forest Law Enforcement, Governance and Trade) aus und fordert sie für den Export von Holzprodukten in die EU. Das System wird von einer Koalition unabhängiger indonesischer zivilgesellschaftlicher Organisationen überwacht.

Zudem begann die Regierung im Januar 2007 eine umfassende Reform der Waldbewirtschaftung, bei der 120,6 Millionen Hektar Waldfläche in Verwaltungseinheiten (forest management units – FMUs) eingeteilt wurden. Die FMUs, die den deutschen Forstämtern ähneln, stellen eine radikale neue Regulierung dar. Statt Rohstofflizenzen an private Unternehmen zu vergeben, verwalten ausgebildete Forstbeamte die Wälder nun direkt und arbeiten mit den Gemeinden und dem Privatsektor zusammen, wobei sie sich an den lokalen Bedürfnissen orientieren.

Die ersten FMUs wurden 2009 gegründet. Ihre Zahl ist bis heute auf 692 angewachsen. Treibende Kraft für die Schaffung der FMUs war das indonesisch-deutsche Entwicklungsprojekt Forest and Climate Change Programme (FORCLIME).

Andere wichtige Initiativen folgten: Am 20. Mai 2011 forderte Präsident Susilo Bambang Yudhoyono ein zweijähriges Moratorium für neue Lizenzen für Holzeinschlag, Ölpalmenanbau, Bergbau und so weiter auf altem Wald- und Torfland. Das 66 Millionen Hektar große Gebiet unterlag bisher nicht der Erteilung von Lizenzen. Das Moratorium wurde seither alle zwei Jahre erneuert und gilt nun dauerhaft.

Im Januar 2016 richtete Indonesien die Peatland Restoration Agency ein. Sie sollte helfen, 2,4 Millionen Hektar degradierter Torfgebiete innerhalb von fünf Jahren wiederherzustellen. Eine Verordnung des Präsidenten verbietet für neue Projekte, Torfgebiete trockenzulegen und zu roden. Sie verbietet auch Unternehmen, die bereits eine Lizenz haben, intaktes Torfland zu entwässern. 2018 stoppte eine Anweisung des Präsidenten auch neue Genehmigungen für Ölpalmenplantagen.

Die Maßnahmen wirken. Die jährliche Entwaldungsrate ist von ihrem Höchststand von 3,5 Millionen Hektar pro Jahr in den Jahren 1996 bis 2000 auf 650 000 Hektar im Jahr 2015/2016, 480 000 Hektar im Jahr 2016/2017 und 439 000 Hektar im Jahr 2017/2018 zurückgegangen. Nach Angaben des World Resource Institute (WRI) wurden im Jahr 2018/2019 324 000 Hektar gerodet (die Zahlen des WRI basieren auf einer anderen Methodik als die offiziellen indonesischen Daten). Doch der Kampf ist noch nicht vorbei. Kürzlich erließ das Handelsministerium eine Verordnung, die versuchte, das Holzzertifizierungssystem zu untergraben. Nach Protesten der nationalen und internationalen Waldschützer und einem zweimonatigen Kampf hinter den Kulissen in Indonesien wurde die Verordnung wiederaufgehoben – ein großer Sieg für den Umweltschutz.

Das Ministerium für Umwelt und Forstwirtschaft hat immer noch Mühe, die Regierungsvorschriften durchzusetzen und zusätzliche Forstverwaltungseinheiten zu schaffen. Die personelle Besetzung der FMUs geht zu langsam voran. Einigen Unternehmen gelingt es, die Moratorien für neue Ressourcenlizenzen und Genehmigungen für neue Ölpalmenplantagen zu umgehen. Ein korruptes Gerichtssystem untergräbt die juristischen Siege des Ministeriums gegen Firmen, die illegal Holz einschlagen.

Die Überwindung der enormen institutionellen, finanziellen und politischen Hindernisse Indonesiens für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung ist eine Herkulesaufgabe. Sie erfordert politischen Willen, Beharrlichkeit und Unterstützung durch die internationale Gemeinschaft. 


Link
Scholte, M., 2019: Indonesia curtails deforestation (unabhängige Hintergrundstudie).
https://forclime.org/documents/Books/2019-08-05_Briefing%20paper%20FORCLIME%20FINAL%20mjs_final.pdf


Marianne Scholte ist freiberufliche Journalistin.
info@mscholte.de

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