Ernährungssicherheit

Bildung für Bauern

Das Bevölkerungswachstum und seine Folgen sind globale Herausforderungen. Kleinbauern können mit intensiverer Produktion die Ernährungssicherheit erhöhen. Dabei gilt es, zwischen High-tech-Ansätzen und traditionellen Methoden abzuwägen.

Die Weltbevölkerung ist von 3,3 Milliarden 1970 auf aktuell 6,8 Milliarden gewachsen. Doch der exponentielle Trend, dass sich die Bevölkerung immer weiter verdoppelt, ist gebrochen. Peter Kenmore von der FAO beruft sich auf Studien, denen zufolge etwa 2050 rund 9,5 Milliarden Menschen leben werden und die Bevölkerung danach allmählich abnehmen wird. Daraus folgert Kenmore, dass zur Ernährungssicherung auf Dauer nicht Ertragssteigerung um jeden Preis nötig sei.

Aktuell gelten etwa eine Milliarde Menschen als mangelernährt, von denen 80 Prozent Kleinbauern sind. Für Kenmore folgt daraus, dass sich die Lage dieser Menschen bessern muss, um Armut und Hunger zu bekämpfen. Landwirtschaftliche Intensivierung solle also nicht mehr auf Produktivitätssteigerung von Großbetrieben zielen. Wenn Kleinbauern ihre Erträge ökologisch nachhaltig intensivierten, schützten sie dadurch auch die Biodiversität.

Zwei unterschiedliche Modelle versprechen den Kleinbauern höhere Ernten. Großunternehmen wie Bayer setzen auf hochgezüchtete Hybridsorten, um hohe und stabile Ernten zu sichern. Allerdings bedarf solches Saatgut teurer Hilfsmittel: Dünger, Pestizide und Bewässerung.

Zivilgesellschaftliche Organisationen wollen dagegen in Kooperation mit den Kleinbauern die Erträge der genetisch vielfältigen Landsorten, die seit Jahrtausenden angebaut werden, durch Weiterzüchtung steigern. Aus ihrer Sicht schützt die agrarbiologische Vielfalt Bauern vor Risiken wie zum Beispiel Wetterextremen in Folge des Klimawandels. „In diesem Modell sind die Bauern zugleich auch Forscher und Züchter“, sagt Ditdit Pelegrina von SEARICE (Southeast Asia Regional Initiatives on Community Empowerment). Hybridsaat, die sich nicht für die Weiterzucht verwenden lasse, mache die Bauern hingegen abhängig von der Industrie.

Eine kommerzielle Version des Low-tech-Modells bilden die Saatgutinitiativen von ICRISAT (International Crops Research Institute for the Semi Arid Tropics): In Mali, Burkina Faso und Niger arbeitet ICRISAT mit lokalen Partnern zusammen, um die Erträge von Sorghum oder Hirse, die Grundnahrungsmittel der Armen, zu verbessern. Bauern und Züchter sind getrennt, arbeiten aber gut zusammen. Bayer-Manager Philippe Dumont räumt ein, dass sich der Privatsektor bei diesen Sorten nicht engagiere, weil die wirtschaftlichen Aussichten bescheiden seien.

In jedem Fall brauchen Kleinbauern bessere Ausbildung, um die Optionen zu verstehen. Aufklärung über Saatgut, Dünger, Nachhaltigkeit sowie Marketing führe zu „smarter farming“, sagt Christian Witt von der Bill & Melinda Gates Foundation. Letztlich setzen die Bauern vor Ort die landwirtschaftliche Intensivierung um und leisten den Beitrag zur Ernährungssicherheit.

Der Umgang mit Dünger generell muss bedacht sein. „Ohne Düngemittel sind ökologische Intensivierung und Ernährungssicherung nicht möglich“, sagt Johannes Kotschi von der Association for Agriculture and Ecology (AGRECOL), „aber die Verwendung von Düngern erfordert einen grundlegenden Wandel.“ Kotschi rechnet vor: ein Kilogramm Nitrogen-Dünger entspreche 320 Kilogramm CO2, was sich enorm auf die globale Erwärmung auswirke. Dünger falsch einzusetzen, führe zur Übersäuerung des Bodens, des Grundwassers und verfremde dadurch auch Nahrungsmittel, die wir essen.

Ein längeres Engagement der Entwicklungshilfe fordert Ditdit Pelegrina. Die meisten Projekte liefen nur über zwei oder drei Jahre. Die Ausbildung der Bauern aber bedürfe dauerhafter und stabiler Strukturen. Das Fazit von Pelegrina am Ende des GTZ-Workshops „Öko-funktionale Intensivierung landwirtschaftlicher Produktion“ Anfang Oktober lautet: „Nachhaltige Intensivierung bedingt größere Investitionen in den Menschen als in Ernte oder Saatgut.“

(Cathrine Schweikardt)

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