Arbeitsmarkt

Frustrierte Jugend

Wie viele andere Entwicklungsländer auch steht Sambia vor den Problemen großer Armut und hoher Arbeitslosigkeit. Insbesondere Mangel an Jobs hat zu sozialen Unruhen beigetragen. Zu wenige Menschen finden Arbeit – und das gilt für junge Leute besonders.


[ Von Anthony Mulowa ]

„Es muss etwas getan werden, damit wir die junge Generation nicht verlieren, gerade nachdem wir in ihre Ausbildung investiert haben“, sagt Sungari Banda. Die 22-jährige Absolventin des Livingstone Institute of Business and Engineering Studies (LIBES) fügt hinzu: „Junge Leute müssen die Chance erhalten zu arbeiten, um zum Entwicklungsprozess beizutragen.“

Banda hat Elektrotechnik studiert. Nach dem Ende ihres Studiums im Dezember absolvierte sie ein Praktikum bei Sambias Energieversorgungsunternehmen Zesco. Bis heute hat sie keine Stelle und auch keine in Aussicht. Die Jobsuche sei für Frauen besonders schwer, sagt sie. Viele ihrer Kommilitonen blieben nach dem Studium zu Hause und täten nichts oder verschwendeten ihre Zeit mit unqualifizierten Teilzeitjobs. Die meisten hätten das Gefühl, ihr Studium sei wertlos.

Banda klagt über Korruption und Vetternwirtschaft bei der Einstellung von Mitarbeitern in halbstaatlichen und privaten Unternehmen. Die Chance auf eine Stelle sei gering, wenn nicht schon ein einflussreiches Familienmitglied im System drinnen sei und helfe.

Für Frauen gibt es eine weitere Dimension, wie sie aus Erfahrung weiß: Mehr als einmal habe ihr ein leitender Mitarbeiter einen Job versprochen, wenn sie mit ihm ins Bett gehe. Solches Verhalten ist überall auf der Welt inakzeptabel – das gilt aber in einem Land, in dem einer von sieben Menschen HIV-positiv ist, besonders.

„Es ist wirklich hart“, klagt Banda. „Einer der besten Studenten aus dem Jahrgang über mir arbeitet heute als einfacher Arbeiter und mäht den Rasen bei Zesco.“ Aus Bandas Sicht ist es Aufgabe der Regierung, ein Umfeld zu schaffen, in dem Hochschulabsolventen leichter angemessene Stellen finden.

Stellenmangel ist eines der größten Probleme Sambias. Laut dem staatlichen Zentralen Statistikbüro (CSO) leben rund 67 Prozent der Bevölkerung von 12 Millionen Menschen unter der Armutsgrenze, 46 Prozent gelten sogar als extrem arm. Der neuesten CSO-Studie zufolge stehen von 6,2 Millionen erwerbstätigen Menschen nur 700 000 in einem regulären Arbeitsverhältnis – die meisten von ihnen sind Männer. Die große Mehrheit arbeitet im informellen Sektor, wenn sie überhaupt Arbeit findet. Insbesondere Frauen und Jugendliche haben nur selten reguläre Arbeitsplätze.

70 Prozent der Bevölkerung sind junge Leute. Viele Sambier werfen der Regierung ineffektive Bildungs- und Arbeitsmarktpolitik vor. Sie fragen sich, wofür die Ministerien für Bildung oder Arbeit und soziale Sicherheit da sind – und was eigentlich das Ministerium zur Förderung von Sport, Jugend und Kindern tut.

Es gibt massenhaft junge Leute mit guter Ausbildung, aber ohne Job. Selbst Universitätsabsolventen wie Banda sind zum Nichtstun verdammt. Das führt dazu, dass viele sich auf Illegales einlassen wie Kleinkriminalität und Prostitution, die zu mehr Geschlechtsverkehr mit wechselnden Partnern führt und die HIV-Rate erhöht.

Zukunft als Straßenverkäufer

Der schwache Arbeitsmarkt setzt auch das Bildungssystem unter Druck. Die meisten Jugendlichen schließen die Schule ab, aber viele können es sich nicht leisten, auf ein College oder zur Universität zu gehen. Auch die Motivation der Studenten leidet. Sie wissen, dass viele von ihnen letztlich doch als Straßenverkäufer enden, wenn sie wenigstens ein bisschen zum Familieneinkommen beitragen wollen.

Auch Bischof George Lungu, der Präsident der katholischen Zambia Episcopal Conference (ZEC), meint, die jungen Leute erlebten äußerst frustrierende Zeiten. In seiner Rede zum diesjährigen Tag der Jugend am 12. März drückte er sein Mitgefühl für eine Generation aus, die zum Großteil vernachlässigt werde. Der Zeitung The Post sagte er, die meisten Jugendlichen in Sambia hätten ihren Lebensmut aufgegeben und man könne ihnen ihr Handeln nicht vorwerfen. Es werde zu wenig getan, damit junge Leute ein eigenes Auskommen finden.

Der Bischof gab nicht nur der Regierung die Schuld. Auch die Führungskräfte zivilgesellschaftlicher Organisationen hätten versagt, weil sie persönlichen Reichtum anhäuften, während sie vorgaben, Programme zur Nachwuchsförderung umzusetzen.

Auch Bischof Bungu beklagt den hohen Grad an Korruption bei Einstellungen. „Es gibt junge Leute, die qualifiziert sind, aber keine Stelle finden“, erklärt er. „Es werden Einstellungsgespräche zu einem Zeitpunkt geführt, an dem die Entscheidung bereits gefallen ist. Aber nach außen wird so getan, als gäbe es eine Chance für diese verzweifelten jungen Leute.“

Duncan Nyirongo, Präsident der Studentenvereinigung der University of Zambia (UNZASU), spricht ebenfalls von Korruption. Politiker dürften die Studenten nicht für ihre Zwecke benutzen, fordert er. Zudem warnt er Mitstudenten, die sich in ein studentisches Amt wählen lassen wollen, vor politischen Geldgebern, denen es nur darum gehe, sie vor ihren Karren zu spannen. Es sei Pflicht dieser Studenten, Standards für eine gute Führung zu setzen.

Den Studentenführer deprimiert es, mit anzusehen, wie junge Leute bei Demonstrationen denselben Politikern ein Loblied singen, die für die Probleme der Nation verantwortlich sind. „Diese Politiker werden immer die Armut, die sie selbst verursacht haben, für ihre Interessen instrumentalisieren“, sagt Nyirongo. Die Mächtigen versprächen Studenten nach dem Studium einen Job, um sie benutzen und manipulieren zu können. Damit beschnitten sie die Fähigkeit der jungen Leute, sich für echten Wandel zu engagieren.

Innenminister Lameck Mangani machte vor kurzem bekannt, dass Politiker tatsächlich junge Leute als Unruhestifter anheuern. Am 15. März zettelte ein Mob Jugendlicher in Kitwe einen Krawall an, als der katholische Priester Frank Bwalya vor Gericht gestellt wurde. Er war verhaftet worden, weil er angeblich die Feier zum Tag der Jugend in Kitwe am 12. März gestört hatte, indem er als Kritik an der Regierung rote Karten verteilte. Nach der Verhaftung von 24 der jugendlichen Protestler gaben einige von ihnen zu, Politiker hätten sie dafür bezahlt, Chaos zu stiften. Sie wurden gegen eine Strafe von je 50 000 Sambischen Kwacha entlassen. Das entspricht zwar nur sieben US-Dollar, ist aber viel Geld für einen arbeitslosen Jugendlichen.

Angesichts der Geschehnisse sagte Sambias Minister für Arbeit und soziale Sicherheit, Austin Liato, die Regierung tue, was sie könne, um die Schaffung von Arbeitsplätzen zu fördern. Sie versuche, die Jobchancen zu verbessern, „damit unsere jungen Leute am Wirtschaftsleben des Landes teilnehmen und die Armut bekämpfen können“. Insbesondere lege die sambische Regierung den Schwerpunkt auf das ökonomische Wachstum von Sektoren wie Landwirtschaft, Tourismus und verarbeitende Industrie, was zusätzliche Arbeitsplätze schaffen würde. Zudem wies er darauf hin, dass der Bergbau wachse und daher mehr Leute einstellen werde.

Arbeitslose mit Hochschulabschluss wie Sungari Banda nehmen solche Ankündigungen zur Kenntnis. Aber sie bezweifeln, dass sie etwas an ihrem Leben ändern werden.

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