SDG4

Die richtige Bildung für alle

Fehlende Bildung wirkt sich auf alle gesellschaftlichen Ebenen aus. Dabei muss weltweit nicht nur der Zugang zu Bildung vereinfacht, sondern auch ihre Qualität verbessert werden.
Abschlussprüfung in Nepal. picture alliance / ZUMAPRESS.com / Amit Machamasi Abschlussprüfung in Nepal.

Die Konsequenzen fehlender Bildung tragen nicht nur diejenigen, die weder lesen noch schreiben können, weil sie als Kinder auf die Felder statt zur Schule geschickt wurden. Oder die, die nicht einmal die Amtssprache ihres Landes sprechen, weil sie aufgrund kultureller oder religiöser Konventionen niemals ein Klassenzimmer betreten haben.

Die Konsequenzen trägt die ganze Gesellschaft. Unwissenheit reduziert Produktivität – und führt entsprechend zu Armut und Abhängigkeit von informeller Beschäftigung. Ohne Bildung sind die Bürgerinnen und Bürger eines Staates auch nicht mündig, fundierte Lebensentscheidungen für sich zu treffen, etwa im Hinblick auf ihren eigenen Körper, ihre Gesundheit oder ihre Finanzen. Ebenso wenig sind sie in der Lage, sich wirkungsvoll an demokratischen Verfahren zu beteiligen, für das Gemeinwohl nötige Entschlüsse nachzuvollziehen oder demokratiefeindliche Bestrebungen als solche zu erkennen.

Dabei geht es längst nicht nur darum, dass junge Menschen in Klassenzimmern sitzen können, sondern vor allem darum, was sie dort erfahren und unter welchen Bedingungen sie dort lernen. Deshalb spricht das vierte UN-Ziel für nachhaltige Entwicklung (SDG – Sustainable Development Goal) auch nicht nur von Bildung, sondern von „hochwertiger Bildung“.

Wenn Staaten also in ihrem Bestreben, sich möglichst schlank zu halten, im Bildungssektor sparen, ist dies kurzsichtig. Marode Gebäude, zu wenig und unterbezahlte Lehrkräfte – solche Probleme sind nicht nur für Entwicklungs- und Schwellenländer typisch, sondern auch in Deutschland und anderen EU-Ländern ständiges Gesprächsthema.

Auch Unterrichtsinhalte müssen hinterfragt werden. Grundsätzliches Finanzwissen, insbesondere im Hinblick auf Steuern, fehlt auf Lehrplänen in der Regel. Das gilt auch für Erziehung hin zu Medienkompetenz, die befähigt, seriöse Information von Lügenpropaganda zu unterscheiden. In Deutschland gibt es zudem immense politische Bildungslücken, zum Beispiel fehlen Kenntnisse über EU-Institutionen.

Zu kurz kommen auch Informationen über den eigenen Körper. Notwendige Impfungen und andere Präventionsmaßnahmen kommen im Unterricht vieler Länder ebenso wenig zur Sprache wie reproduktive und sexuelle Gesundheit.

Dabei wäre Bildung in diesem Bereich insbesondere in Bezug auf Selbstbestimmung gerade für die Gruppe von zentraler Bedeutung, die in sehr vielen Erziehungssystemen auf der ganzen Welt ohnehin strukturell benachteiligt wird, nämlich Mädchen und junge Frauen. In vielen patriarchalen Gesellschaften wird die Schulbildung von Jungen priorisiert. Auch sind es nach wie vor etwa menstruelle Stigmata und fehlende Sanitärversorgung, die Mädchen vielerorts von der Schule fernhalten.

Die Covid-19-Pandemie verschlimmerte durch die teils gravierenden Unterrichtsunterbrechungen und unzulängliche Online-Substitute die Zustände im Bildungswesen auf der ganzen Welt weiter. Hinzu kommt die wohl kaum zu Ende gedachte neue Tendenz, Schülerinnen und Schüler trotz schlechter Leistungen einfach zu versetzen, um Schulabschlüsse zu produzieren.

Bildung ist längst keine Garantie mehr, Arbeitslosigkeit und Armut im informellen Sektor zu entrinnen. Aber sie ist zumindest eine Chance, Abwärtsspiralen und Teufelskreise zu durchbrechen, Handlungsmacht über das eigene Leben zu gewinnen und schließlich die eigene Gesellschaft produktiv mitzugestalten.

Katharina Wilhelm Otieno ist Redakteurin von E+Z/D+C.
euz.editor@dandc.eu

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