Alte Erkenntnisse neu präsentiert

Edward Newman und Oliver Richmond (Hg.):
Challenges to peacebuilding.
Managing spoilers during conflict resolution.
United Nations University Press,
Tokio 2006, 342 S., 37,00 US-Dollar,
ISBN 92-808-1126-6

Die Staatengemeinschaft versucht seit einigen Jahren in einer wachsenden Anzahl von Gewaltkonflikten Friedensprozesse zu befördern. Die Erfolge sind jedoch bescheiden. Mühsam ausgehandelte Verhandlungslösungen scheitern nicht selten, sobald sie umgesetzt werden sollen. Zu den größten Problemen gehören so genannte Blockadekräfte (spoilers). Darunter versteht man an einem Konflikt beteiligte Gruppen, die eine friedliche Regelung aktiv behindern oder hinauszögern – unabhängig davon, ob sie dabei gewaltsam vorgehen oder nicht.

Das Buch will zu einem besseren Verständnis solcher Blockadekräfte und ihrer Strategien beitragen. Die Einleitung, in der die Herausgeber die Forschungsfragen erläutern und wesentliche Ergebnisse vorstellen, weckt hohe Erwartungen. Unter anderem soll geklärt werden, welche Rahmenbedingungen das Entstehen von Blockaden fördern oder bremsen. Auch das Verhältnis zwischen unterschiedlichen Konflikttypen und der Wahrscheinlichkeit bestimmter Blockadestrategien soll untersucht werden.
Im ersten Teil des Buches setzen sich sieben Beiträge mit Merkmalen der „neuen Kriege“ auseinander und untersuchen auf theoretischer Ebene, inwieweit dort die Regeln für erfolgreiche Verhandlungslösungen aus der Zeit vor 1990 noch gelten. Die Umsetzung eines Friedensabkommens hängt maßgeblich von der Durchsetzungskraft der Verhandlungsführer ab. Welche Folgen hat unter dieser Bedingung die zunehmende Privatisierung von Gewalt?

Acht Länderanalysen im zweiten Teil behandeln Konflikte, in denen internationale Akteure seit längerem Friedensverhandlungen fördern. Der Fokus liegt auf Brüchen in den Friedensprozessen und auf Chancen, sie zu überwinden. Die Analysen enthalten interessante Erkenntnisse über Möglichkeiten, Blockadekräfte einzubinden. Das könnte der von Dialogverboten und Terror-Listen geprägten politischen Debatte eine notwendige neue Richtung geben.

Die Fallstudien liefern aber keine ausreichende Basis, um Strategien und Motive von Blockadekräften miteinander zu vergleichen. Das ist auf Schwächen der Konzeption zurückzuführen: Es ist nicht immer klar erkennbar, wie die einzelnen Beiträge aufeinander und auf die Leitfragen bezogen sind. Das Fazit des ganzen Buches kann nach den hohen Erwartungen, die das Eingangskapitel weckt, daher nur enttäuschen. Die wesentliche Botschaft lautet: Alle von einem Konflikt beziehungsweise Friedensprozess betroffenen Kräfte – einheimische wie auswärtige – können zu Blockadekräften werden.

Die Empfehlungen an „Dritte Parteien“ überraschen nicht sonderlich: Sie sollten eine klare Vorstellung davon haben, welche ihrer Vorschläge im Widerspruch zu den Interessen betroffener Gruppen stehen oder die Beziehung zwischen ihnen belasten können. Und sie sollten die Interaktion zwischen Gemäßigten und Radikalen, Verhandlungsführern und ihrer Anhängerschaft verstehen und berücksichtigen. Denn aus dieser Interaktion erwachse das Potenzial für Blockadekräfte.

Differenzierter sind die Ausgangsfragen im vorgegebenen Rahmen offenbar kaum zu beantworten. So bietet das Buch nur wenige über den Einzelfall hinausreichende neue Erkenntnisse. Doch dass es das Phänomen der Blockadekräfte von vielen Seiten und auf einzelne Friedensprozesse bezogen analysiert, bereichert die Debatte über die Erfolgsfaktoren von Friedensprozessen. (Siehe auch S. 208 in diesem Heft.)

Angelika Spelten

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