Privatbildung

Nigerias staatliche Schulen genießen wenig Vertrauen

Aus Unzufriedenheit mit öffentlichen Schulen präferieren selbst arme Eltern in Nigeria Privatbildung. Manche Schulen sind aber recht schlecht.
Staatlicher Schulhof im Bundesstaat Kwara. picture-alliance/REUTERS/Temilade Adelaja Staatlicher Schulhof im Bundesstaat Kwara.

Olufemi Olajide ist gewohnt, 80 Prozent eines Einkommens für Schulgebühren aufzuwenden. Er will seine drei Kinder nicht auf staatliche Schulen schicken, in denen „100 und mehr Kinder in einem Klassenzimmer nur einen einzigen Lehrer haben“. Seit er in der jüngsten Wirtschaftskrise seinen Job verlor, ist die Bildungsfinanzierung eine große Sorge.

Er gehört zur oberen Mittelschicht und hat selbst staatliche Schulen besucht. Seinerzeit gab es kaum Privatschulen, und das öffentliche Bildungssystem war in einem besseren Zustand.

So sehen das viele in Nigeria. Das öffentliche System gilt als unterfinanziert und schlecht verwaltet. Vielen Gebäuden ist der hohe Investitionsbedarf anzusehen.

Teure Investitionen in die Zukunft der Kinder

Generell werden private Bildungsausgaben heute als Investition in die Zukunft der Kinder gesehen. Viele Eltern geben dafür viel Geld aus. Andere ziehen aus religiösen Gründen Privatschulen ihrer Glaubensgemeinschaften vor.

Dem Gesetz zufolge ist die Primarstufe für alle verbindlich und kostenfrei. Dennoch besuchen laut Fachleuten nur etwa 60 Prozent der Altersgruppe sechs bis elf regelmäßig die Schule.

Statista zufolge hatte das Land im Schuljahr 2018/2019 rund 117 000 Grundschulen, von denen 55 000 privat waren. Vor der Pandemie schossen Privatschulen überall in Nigeria geradezu aus dem Boden. Während der Corona-Lockdowns mussten viele wieder aufgeben. Wegen Geldmangel tun sich andere immer noch schwer, wieder durchzustarten. Allerdings nimmt die Privatwirtschaft wieder Fahrt auf, und das ist auch im Bildungssektor so.

Unterschiedliche Schulen dienen zu unterschiedlichen Gebühren unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen. Das, was sich arme Menschen leisten können, kann mit dem Niveau der teuersten Schulen natürlich nicht mithalten. Diese sind mit Material und Personal gut ausgestattet. Sie haben moderne Labore, Bibliotheken, Turnhallen, Schwimmbäder et cetera. Sie bieten vielfältige Fächer an, von Informationstechnik bis zu Kunst und Musik. Auf eine Lehrkraft kommen nicht viele Lernende.

Die Sicht einer Pädagogin

Adunola Adebote ist eine Pädagogin, die als Lehrerin, Beraterin und Direktorin sowohl in privaten als auch in staatlichen Schulen gearbeitet hat. Aus ihrer Sicht ist das Leistungsniveau in guten Privatschulen höher, unter anderem weil Schüler und Schülerinnen zu Wettbewerben eingeladen werden. Es gibt auch Stipendien für brillante Kinder. Verschiedene Fähigkeiten werden trainiert. Während der Pandemie gab es Onlineunterricht, und alle Mitglieder einer Klasse hatten die nötigen technischen Geräte.

Aus Adebotes Sicht spielt auch eine Rolle, dass Eltern mitbestimmen können, was ihr Kind in der Schule tut. Gute Privatschulen sähen die Eltern als Partner. Zudem gebe es Sicherheitskonzepte wie etwa Wachen an Schultoren.

Aus offensichtlichen Gründen sind solche Schulen sehr teuer. Nicht nur staatliche Schulen verfügen nicht über die entsprechenden Mittel. Auch viele Privatschulen tun das nicht.

Manche gewinnorientierten Menschen haben verfallene oder nicht fertig gebaute Häuser in billige Privatschulen verwandelt. Typischerweise haben die Lehrkräfte dort keine pädagogische Ausbildung. Die Unterrichtsqualität kann so gering sein, dass die Regierungen mancher Bundesstaaten schon drohen, Einrichtungen zu schließen, die nicht registriert sind, offizielle Lehrpläne nicht einhalten, Sicherheitsregeln missachten oder andere öffentliche Normen ignorieren.

Dennoch halten Eltern diese Schulen für besser als staatliche. In gewissem Umfang haben benachteiligte Gemeinschaften auch begonnen, Selbsthilfe-Schulen einzurichten. Diese beuten zwar Elternängste nicht aus, können aber selbstverständlich mit den teuren Privatschulen nicht ansatzweise konkurrieren.

Adebote hält es für ein großes Pro­blem, dass so viele Privatschulen mit geringer Qualität entstanden sind. Der Staat müsse mit stimmigen Regeln für hohe Qualität im Bildungswesen sorgen. Das sehen auch manche Politiker so. Der Landtag des Bundesstaates Lagers hat kürzlich Gouverneur Babajide Sanwo-Olu aufgefordert, dafür zu sorgen, dass Privatschulen Mindeststandards erfüllen, bevor sie zugelassen werden.

Bimbola Oyesola ist Journalistin und lebt in Lagos.
oritokeoyee@gmail.com

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