Jugendliche

Arbeit schafft Sicherheit

Hohe Arbeitslosigkeit bedroht in jedem Land die gesellschaftliche Stabilität. In fragilen Staaten, die durch gewalttätige Konflikte so sehr geschwächt sind, dass sie ihren Bürgern weder Sicherheit noch Rechtsstaatlichkeit noch Wohlfahrt garantieren können, verstärkt Arbeitslosigkeit die bestehenden Probleme. Jugendliche und junge Erwachsene stellen in diesen Ländern einen sehr hohen Anteil der Bevölkerung.


[ Von Adelheid Schultze ]

Jungen Menschen eine Perspektive zur Lebenssicherung zu eröffnen ist ein Baustein, um den Frieden zu fördern. Deshalb hat das Auswärtige Amt InWEnt 2009 mit der Durchführung des Programms „Berufliche Bildung zur Stabilisierung fragiler Staaten“ beauftragt. Aufbau und Unterstützung von Institutionen der beruflichen Bildung sind der Weg, jungen Arbeitssuchenden eine Qualifizierung zu verschaffen, die auf dem Arbeitsmarkt auch gefragt ist.

In der beruflichen Bildung hat InWEnt jahrzehntelange Erfahrung. Im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit haben schon die Vorgängerinstitutionen Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung und Carl Duisberg Gesellschaft einschlägige Programme durchgeführt. Dass die Qualifizierung von Fachkräften den wirtschaftlichen Aufschwung beschleunigt, ist längst erkannt.

Selbstverständlich kann eine deutsche Durchführungsorganisation nicht in fremden Ländern junge Leute beruflich ausbilden. Es ist aber sinnvoll, Berufsschullehrer didaktisch zu trainieren. Noch wichtiger ist es, die Fachleute, die im Bildungswesen die Curricula gestalten, für die Erfordernisse des Arbeitsmarkts zu sensibilisieren und mit Partnern im Privatsektor ins Gespräch zu bringen. Deshalb steht InWEnt im Dialog mit Ministerien und Bildungsinstitutionen, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen in den verschiedenen Ländern. Capacity Building in diesem Sektor schafft das nötige institutionelle Umfeld, damit berufliche Bildung im Alltag gelingen kann. Die Arbeit von InWEnt ergänzt dabei oft das Engagement anderer deutscher Institutionen wie etwa der GTZ oder der KfW Entwicklungsbank.

InWEnt nutzt die Netzwerke in Politik, Wirtschaft und Bildungswesen international. Die bestehenden Kontakte unterstützen deshalb auch das aktuelle Programm im Auftrag des AA, das zunächst auf vier Jahre angelegt ist. Das Gesamtbudget beträgt 5,5 Millionen Euro.

Die Partner vor Ort gestalten die Maßnahmen entsprechend ihrer Vorstellungen und der örtlichen Gegebenheiten mit. In der Tat sind die Rahmenbedingungen was Infrastruktur, Privatsektorentwick­lung oder soziokulturelle Gewohnheiten angeht, in Afghanistan ganz anders als in Georgien oder Kolumbien (siehe Kasten). Weitere Partnerländer sind Armenien, Irak, Moldau und Tadschikistan.

In Tadschikistan hat das Programm derzeit zwei Schwerpunkte. Zum einen geht es darum, Ausbildern und Lehrern berufspraktische Kenntnisse sowie ein theoretisches Verständnis des Arbeitsmarktes zu vermitteln. Beides brauchen sie, um junge Erwachsene für Berufe etwa im Bauwesen, in der Elektrotechnik und im Tourismus zu qualifizieren. Zum anderen kooperieren die Projektmitarbeiter auch eng mit Unternehmen und Behörden in der strukturell schwachen Region Gorno-Badakhshan zusammen, die qualifizierte Arbeitskräfte brauchen. Parallel dazu berät das Projekt bei Existenzgründungen; denn die Selbständigkeit ist für manche qualifizierte Person eine attraktive Alternative zum Angestelltendasein – und erfolgreiche Unternehmensgründer schaffen potenziell weitere Arbeitsplätze.

Auch im Irak will die Bundesregierung dazu beitragen, den brüchigen Frieden zu stabilisieren. Die wichtigste Ressource dieses Landes ist das Öl, das 90 Prozent der Staatseinnahmen sichert. Allerdings lebt ein Viertel der irakischen Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. Ihre Not trägt zu den Spannungen zwischen Sunniten und Schiiten und zwischen Arabern und Kurden bei.

Berufliche Qualifikation kann dabei helfen, dass junge Menschen durch Arbeit eine persönliche Lebensperspektive finden, die sie weniger empfänglich für politische Agitation macht. Von den etwa acht Millionen Irakern, die Arbeit haben, sind mehr als die Hälfte im Dienstleistungssektor beschäftigt, ein knappes Fünftel in der Industrie, ein gutes Fünftel in der Landwirtschaft. InWEnt arbeitet im Irak mit dem Bildungsministerium der Regionalregierung in Kurdistan zusammen. Das Ziel ist, auf lokaler Ebene Arbeitsmärkte zu entwickeln und junge Menschen so auszubilden, dass sie den Anforderungen künftiger Jobs gerecht werden können. Fachliche Schwerpunkte sind im Irak die Elektrotechnik und – auf besonderen Wunsch des kurdischen Partners – die Landwirtschaft.

Kompetentes Capacity Building achtet auf die Wechselwirkungen zwischen Arbeitsmarkt und Bildungssystem. Formale Bildung bringt ökonomisch wenig, wenn sie von Arbeitgebern nicht gebraucht wird. Berufsbildungseinrichtungen müssen sich deshalb strategisch an den Anforderungen der Wirtschaft orientieren.

Damit dieser Ansatz Fuß fassen kann, bietet InWEnt dem Führungspersonal im Bildungswesen Leadership- und Ma­nagementtrainings an. Diese Menschen werden zu Multiplikatoren, die ihr Wissen an ihre Kollegen weitergeben. Damit individuelle Einsichten nicht im Alltags­trott verpuffen, arbeitet InWEnt mit einem Drei-Ebenen-Ansatz. Das individuelle Training wird ergänzt durch die strategische Beratung bei der Organisationsentwicklung der jeweiligen Arbeitgeber sowie dem Dialog mit den politischen Entscheidungsträgern.

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