Migration nach Deutschland
„Die Möglichkeiten, die sich bieten, wiegen die Schwierigkeiten auf“
Rawtime
Dieser Artikel ist Teil einer Serie, in der Menschen aus verschiedenen Teilen der Welt ihre Migrationsgeschichte nach Deutschland erzählen, darunter eine Pfelgekraft aus Myanmar, eine Frau aus der Ukraine und ein Journalist aus Syrien.
Wer sind Sie und woher kommen Sie?
Mein Name ist Boniface Mwangi. Ich komme aus Kenia, genauer gesagt aus dem County Kiambu. Ich bin Bauingenieur von Beruf.
Warum sind Sie nach Deutschland gekommen?
Ich bin wegen der Arbeit hergekommen. In Kenia gibt es zwar Jobs für Bauingenieure, aber sie sind oft schlecht bezahlt – manchmal reicht es nicht einmal zum Überleben. Ich habe außerdem unter anderem oft für Projekte der US-Entwicklungsbehörde USAID gearbeitet. Als sich deren Rückzug abzeichnete, begannen schon frühzeitig Entlassungen – lange bevor sie endgültig ihre Arbeit einstellte. Davon war ich natürlich auch betroffen.
Wie lief der Prozess ab, nach Deutschland zu kommen?
Ein enger Freund von mir, mein bester Freund aus Kenia, war nach Deutschland gegangen. Er erzählte mir von seinen Erfahrungen – das hat mich neugierig gemacht. Er stellte dann den Kontakt zu einem Bekannten her, der später mein Arbeitgeber wurde. Dieser Bekannte, jetzt mein Chef, hat alles organisiert: die Stelle, das Visum, die Anträge, den Flug und auch die Termine bei der Botschaft. Er hat das alles möglich gemacht.
Was sind die größten Schwierigkeiten für Sie in Deutschland?
Die größte Herausforderung ist, fern der Heimat zu sein und sich auf völlig neue Lebensumstände einzustellen. Ich musste mich auch mit dem auseinandersetzen, was ich in Kenia zurückgelassen habe, insbesondere meine Familie, meine Mutter und meine Tochter. Aber die Möglichkeiten, die sich mir hier bieten, wiegen das auf.
Herausfordernd ist auch, zwischen den beiden Welten zu manövrieren – sie sind wirklich sehr unterschiedlich. Die Sprache ist ein Hindernis, besonders in der ländlichen Umgebung im Südwesten Deutschlands, in der ich jetzt lebe und in der kaum jemand Englisch spricht. Auch das Wetter macht mir zu schaffen – besonders der Winter macht mir Angst.
Die direkte Kommunikation in Deutschland ist für mich auch gewöhnungsbedürftig. In Kenia ist man eher indirekt. In Deutschland sagt man sehr direkt, was man denkt – das kann für jemanden mit meiner Sozialisation schnell respektlos wirken. Aber ich lerne: Es ist einfach die Art, wie hier miteinander gesprochen wird.
Wer oder was hat Ihnen in den ersten Wochen geholfen?
Die Verwandten meines kenianischen Freundes sowie Menschen aus seinem Umfeld helfen mir sehr. Und besonders der Mann, der jetzt mein Chef ist – er hat sich wirklich sehr für mich eingesetzt. Ich kann all diese Menschen jederzeit etwas fragen, sie sind immer da. Ich habe das Gefühl, dass ich hier bereits ein kleines soziales Netz habe.
Fühlen Sie sich inzwischen angekommen, fühlen Sie sich zu Hause?
Zum Teil ja – ich fühle mich schon angekommen. Aber es gibt noch Lücken, die ich schließen muss, um mich wirklich zu Hause zu fühlen: die Sprache, ein Führerschein, solche Dinge. Und es wäre natürlich alles viel besser, wenn meine Familie hier wäre. Es belastet mich sehr, dass ich meine Tochter nicht sehen kann.
Außerdem ist noch unklar, wie lange ich bleiben kann – das sorgt für Unsicherheit. Mein Ziel ist es natürlich, längerfristig hierzubleiben. Ich plane zurzeit nicht, dauerhaft nach Kenia zurückzugehen – höchstens mal als Tourist.
Boniface Mwangi ist Bauingenieur aus Kenia und arbeitet derzeit bei einem Hausmeister- und Gartendienst in Pirmasens.
info@bonipfalz.de