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Akute Wohnungsnot in Abidjan

Zwei Drittel der circa 5 Millionen Einwohner Abidjans wohnen als Mieter. Mehr als ein Drittel von ihnen muss mit einem Einkommen unterhalb der ivorischen Armutsgrenze auskommen. Viele wohnen in informell gebauten Wohnungen und sind permanent von Vertreibung beziehungsweise Zwangsräumung bedroht.
Die einfachen Wohneinheiten aus Holz werden in Modulbauweise hergestellt. Irit Eguavoen Die einfachen Wohneinheiten aus Holz werden in Modulbauweise hergestellt.

Am günstigsten sind einfache, circa neun qua­dratmetergroße Wohneinheiten innerhalb einer Hofgemeinschaft. Das heißt, die Nachbarn teilen sich den Hof und die Sanitäranlagen. Je nach Ausstattung kosten die billigsten Zimmer umgerechnet zehn bis 15 Euro Miete pro Monat und bestehen aus einem fensterlosen Raum aus Holz.

In Abidjan herrscht akute Wohnungsnot. Formaler Wohnungsbau auf öffentlichem Land kann nur durch den Staat selbst erfolgen. Allerdings fördert das aktuelle ivorische Regierungsprogramm für sozialen Wohnungsbau ausschließlich den Bau und die Finanzierung von Wohneigentum für die Mittelschicht, wo ebenfalls Engpässe bestehen. Wohlfahrtsorganisationen, die im Wohnungsbau für ärmere Schichten tätig sind, haben sich aus Abidjan zurückgezogen, weil die Eigentumsverhältnisse an Grundstücken oft nicht klar sind und daraus Landkonflikte entstehen. Sie könnten nur gemeinsam mit der Regierung auf öffentlichen Grundstücken agieren. Doch die gewünschten Kooperationen kamen nicht zustande. Entsprechend existiert in Abidjan neben dem Mietmarkt für formal errichtete Immobilien auch ein informeller Mietmarkt, der vor allem Immobilien in Spontansiedlungen umfasst.

Verschärft wird die Situation durch die Räumungspolitik der Distriktregierung, der obersten Verwaltungseinheit der Me­tropole. Sie machte seit 2011 Dutzende Spontansiedlungen dem Erdboden gleich, weil diese von Hochwasser oder Hangstürzen bedroht waren oder sich auf öffentlichen Grundstücken befanden. So verschwand ein Teil der Mietwohnungen im niedrigsten Preissegment, für den die Regierung allerdings keinen Ersatz schuf. Viele einkommensschwache Mieter*innen aus diesen geräumten Siedlungen suchten daraufhin Wohnraum in anderen Spontansiedlungen. Das führte dazu, dass die Bevölkerungsdichte und -anzahl dieser Siedlungen innerhalb weniger Jahre rapide anstieg, wie auch das Beispiel Adjahui zeigt (siehe Haupttext).


Irit Eguavoen arbeitet am Geographischen Institut der Universität Bonn. Sie forscht seit 2017 in Abidjan. Ihre Studie wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziert (EG 381/1-1).
eguavoen@uni-bonn.de

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