Kommentar

Bischöfe versus Mehrheit

Weltweit stellt sich die katholische Kirche gegen Sexual­aufklärung und Verhütungsmittel. Auf den Philippinen eskaliert deshalb ein politischer Konflikt.

Von Alan C. Robles
Engagement für den Zugang zu Verhütungsmitteln. Reuters Engagement für den Zugang zu Verhütungsmitteln.

Während 333 Jahren spanischer Kolonialherrschaft wurden die Philip­pinen von der katholischen Kirche theo­kratisch geführt. Offenbar sind alte Gewohnheiten nicht leicht abzuschütteln: Der Klerus mischt sich weiterhin in das Leben der Filipinos ein.

Jüngstes Beispiel dafür ist sein erbitterter Widerstand gegen ein Gesetz zur reproduktiven Gesundheit, das die Regierung von Präsident Benigno Aquino durchsetzen will. Die Reform soll den Filipinos freien Zugang zu Verhütungsmitteln und Informationen über ihren Gebrauch verschaffen, damit sie die Größe ihrer Familie selbst bestimmen können. Vorgesehen ist keinerlei Zwang und keine Fami­lienhöchstgrenze.

Die Kirche verkündet nun: „Verhütung ist Korruption.“ Das Gesetzesvorhaben richte sich „gegen das Leben“. Die katholische Bischofskonferenz der Philippinen hat ihre Priester dazu aufgefordert, gegen die Reform zu wettern und Parlamentsabgeordnete, die sich als gläubige Katholiken bezeichnen, in Stellung zu bringen.

Wegen kirchlicher Widerstände brütet der Kongress bereits seit mehr als zehn Jahren über dem „Reproductive Health Bill“. Als Aquino 2010 an die Macht kam, machte er das Thema zur Priorität. Immerhin hat der Reformvorschlag es nun zu den abschließenden parlamentarischen Stufen gebracht.

Die Reform ist nicht nur nötig, weil die Philippinen mit das höchste Bevölkerungswachstum der Welt haben (etwas über zwei Prozent im Jahr), sondern auch, weil diverse Umfragen zeigen, dass die ­Filipinos solch ein Gesetz wünschen. Verhütungsmittel sind zwar in Apotheken ­erhältlich, aber für Arme nicht erschwinglich. Obendrein wissen sie nicht, wie sie zu verwenden sind. Also verlassen sich viele Menschen bei der Familienplanung auf Hörensagen, Aberglauben und Priester, die ihnen eintrichtern, große Familien seien ein Segen.

Rund 82 Prozent der 100 Millionen Filipinos sind katholisch. Diese Quote verleitet die Kirche offenbar zur Annahme, es seien Schafe, die Führung brauchen. Ein Jesuitengelehrter stellte aber kürzlich klar: Auch früher hatte die Kirche nur Macht und Einfluss, wenn sie Positionen vertrat, die die Mehrheit der Filipinos teilte. Jetzt ist das nicht der Fall. Sollten sich die Bischöfe durchsetzen, würden sie zudem allen Filipinos, nicht nur den katholischen, ihren Glauben aufzwingen.

Zu Redaktionsschluss Mitte November war der Ausgang der legislativen Schlacht noch nicht abzusehen. Eine deutliche Aussage machte jedenfalls ein Vertreter der ­Bischofskonferenz vor zwei Jahren, als er Journalisten sagte, die Kirche sähe lieber einen Kriminellen oder Korrupten an der Macht als jemanden, der das Gesetz zur reproduktiven Gesundheit befürwortet.

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