Schlechte Regierungsführung

Der Sinn demokratischer Verfahren

Im Dezember haben die Republikaner im US-Kongress der Welt gezeigt, wie Steuerpolitik nicht gemacht werden sollte. Selbst Financial Times und Economist, die nicht von linken Aktivisten redigiert werden, sprachen sich gegen die Reform aus.
Mehr Geld für Barron, Eric, Tiffany und Ivanka Trump. Theiler/picture-alliance/newscom Mehr Geld für Barron, Eric, Tiffany und Ivanka Trump.

Wie Präsident Donald Trump selbst, erinnert die Steuerreform an schlechte Regierungsführung in viel ärmeren Ländern. Sie läuft auf dramatisch höhere Staatsverschuldung und wachsende soziale Ungleichheit hinaus. Einzelaspekte wurden nicht gründlich geprüft, und Ausschüsse und andere Standardverfahren der Beteiligung wurden umgangen. Manche Steuern werden nun temporär sinken, andere auf Dauer, aber diverse Steuerbefreiungen werden verschwinden. Wegen der Geheimniskrämerei konnte aber niemand ein klares Verständnis der möglichen Auswirkungen gewinnen.

Derweil machten die Republikaner absurde Beteuerungen. Die Steuersenkung wird sich aber nicht dadurch selbst finanzieren, dass sie deutlich höheres Wachstum und entsprechend neue Staatseinnahmen auslöst. Dieses Versprechen ging schon nicht auf, als es die Reagan-Regierung in den achtziger Jahren abgab – und auch 20 Jahre später nicht, als es die Bush-Regierung tat.

Als Barack Obama Präsident war, wetterten Republikaner vehement gegen Staatsschulden. Nun finden sie es plötzlich gut, ein zusätzliches Defizit von bis zu 1500 Milliarden Dollar in den nächsten zehn Jahren zu schaffen. Bei Obamas Amtsantritt lehnten sie trotz schwacher Konjunktur Finanzstimuli ab, aber heute, wo fast Vollbeschäftigung herrscht, wollen sie die Wirtschaft mit Steuersenkungen zusätzlich beflügeln. Jedoch spricht wenig dafür, dass höhere Profite infolge von Steuersenkungen zur beschäftigungssteigernden Ausweitung von Produktionskapazitäten genutzt würden. Die Unternehmensgewinne sind schon recht hoch und fließen vor allem in Finanzanlagen. Andererseits brauchen die USA Investitionen in die öffentliche Infrastruktur – Steuersenkungen reduzieren aber die Finanzierungsmöglichkeiten.

Die Doppelzüngigkeit war augenfällig. Im Wahlkampf schimpfte Trump, die kontinuierlich besser werdenden Arbeitsmarktdaten seien manipuliert und starke Börsenindizes wiesen auf eine Blase hin. Die Trends sind unverändert, aber jetzt geben Trump und Co sie als das Ergebnis ihrer Arbeit aus. Sie definieren gern Maßstäbe um, haben aber – von Steuern abgesehen – keine nennenswerte Gesetzgebung zustande gebracht.

Fachjournalisten haben auf diese und viele andere Schwachpunkte hingewiesen. Dass die Wirtschaftsblätter Financial Times und Economist die Vorschläge ablehnten, zeigte, dass etwas grundsätzlich falsch lief.

Unter anderem kritisierte der Economist, die Republikaner umgingen in großer Hetze parlamentarische Verfahren, obwohl gute Politik robuste und faktenbasierte Debatten brauche. Das Steuerrecht ist naturgemäß komplex. Um ungewollte Nebenwirkungen wie etwa Schlupflöcher zu vermeiden, müssen Gesetzgeber gründlich arbeiten. Ein Mittel der Fehlervermeidung ist, Opposition, Interessengruppen und Öffentlichkeit Gesetzentwürfe prüfen zu lassen. Demokratische Verfahren haben einen Zweck, und sie zu umgehen, zeugt von arroganter Hybris.

Dem Economist missfiel zudem „der Geruch der Selbstbereicherung”. Trump hat bekanntlich seine Steuerdaten nicht wie üblich veröffentlicht, so dass nicht exakt zu prüfen ist, was die Reform für seine Finanzen bedeutet. Er behauptet, sie schade ihm, aber das kann kaum stimmen. Ihm gehören Firmen, die entlastet werden – und für seine Kinder wird die Senkung der Erbschaftssteuer ausgesprochen wichtig sein, wenn ihnen eines Tages sein Milliardenvermögen übertragen wird.

Die Reform entspricht auch nicht Trumps Wahlkampfversprechen. Sie entlastet nicht vor allem die Mittelschicht und schon gar nicht Globalisierungsverlierer. Im Gegenteil zeichnet sich ab, dass die Republikaner nun Einsparungen bei der sozialen Sicherung ins Auge fassen, um das Haushaltsdefizit in den Griff zu bekommen.

Diese Art von Gesetzgebung würde man von einem arroganten Autokraten in einem armen Entwicklungsland erwarten. Die Elite wird bessergestellt, und der Präsident und seine Familie profitieren persönlich. Es wurde aber nicht geprüft, welche Mittel der Staat braucht, um für das Gemeinwohl zu sorgen. Schon Mitte Dezember sagte der republikanische Senator Orrin Hatch, Geld für die Krankenversorgung armer Kinder sei leider nicht mehr da.


Hans Dembowski ist Chefredakteur von E+Z Entwicklung und Zusammenarbeit / D+C Development and Cooperation.
euz.editor@fazit-communication.de

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