Studie

Boden braucht mehr Schutz

Lebensmittelproduktion, Biodiversität und Klimaschutz sind ohne gute Böden nicht möglich. Doch das wichtige Gut wird immer knapper, und seine Nutzung ist weltweit ungerecht verteilt.
Straßenverkauf von Pestiziden in Burkina Faso: Bauern dosieren Chemikalien häufig falsch und schädigen dadurch die Böden. Jörg Böthling/Photography Straßenverkauf von Pestiziden in Burkina Faso: Bauern dosieren Chemikalien häufig falsch und schädigen dadurch die Böden.

Der Boden ist unsere Lebensgrundlage. Ohne fruchtbare Böden kann weder der Verlust der Biodiversität gestoppt, noch die Klimaerwärmung gebremst, noch das Recht jedes Menschen auf angemessene Ernährung erfüllt werden. Trotzdem gehen laut dem Bodenatlas 2015 jedes Jahr 24 Milliarden Tonnen fruchtbaren Bodens durch falsche Nutzung verloren.

Die Herausgeber des Atlasses – die Heinrich-Böll-Stiftung, das Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS) in Potsdam, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und Le Monde Diplomatique – fordern eine gerechtere und nachhaltigere Bodenpolitik sowie verantwortungsvollere Konsumgewohnheiten der Verbraucher. „Wir nutzen die Böden der Welt, als wären sie unerschöpflich. Doch sie sind in menschlichen Zeiträumen nicht erneuerbar“, heißt es im Vorwort der aktuellen Ausgabe.

Wichtige Bedeutung haben die Böden demnach nicht nur für die Lebensmittelproduktion, sondern auch für sauberes Trinkwasser, indem sie Regenwasser filtern, und für die Klimaregulierung. Böden seien nach den Ozeanen der größte Kohlenstoffspeicher der Erde und speicherten mehr Kohlenstoff als alle Wälder der Welt zusammen.


Qualitätsverlust

Der Atlas identifiziert mehrere Ursachen dafür, dass Land und Böden immer knapper werden: Städte und Straßen dehnen sich aus, große landwirtschaftliche Maschinen verdichten den Boden, Pestizide und Mineraldünger verringern seine Qualität. Dazu kommt Erosion durch Wind und Wasser.

Auch die weltweit ungleiche Verteilung ist ein Problem. Der Studie zufolge verbraucht jeder EU-Bürger im Jahr durchschnittlich 1,3 Hektar Land – sechsmal so viel wie ein Bangladescher. „Das widerspricht angesichts der Ernährungssituation in vielen Ländern jedem Sinn für Gerechtigkeit und ist auch ökologisch unhaltbar“, stellt Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, fest. Klaus Töpfer, Exekutivdirektor des IASS, sieht auch Deutschland in der Pflicht: „Wir müssen die neuen globalen Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung deswegen auch für die Verbesserung des Bodenschutzes in Deutschland nutzen.“

Landwirtschaftliche Massenprodukte werden aus den Ursprungsländern zur Weiterverarbeitung in die reichen Abnehmerländer geschafft und so nationale Landknappheit ausgelagert. Land sei damit zum flexiblen Produktionsfaktor geworden. Dem Bodenatlas zufolge liegen fast 60 Prozent der für den europäischen Konsum genutzten Flächen außerhalb der EU. „Das meiste davon geht auf das Konto der intensiven Fleischproduktion, für die wir gigantische Mengen Futtermittel aus Ländern des globalen Südens importieren“, kritisiert Barbara Unmüßig. „Das Resultat ist, dass Kleinbauern und mittlere Betriebe zunehmend ihr Land und damit ihre Nahrungs- und Existenzgrundlage verlieren.“


Landkonflikte nehmen zu

Der weltweite Bedarf an Nahrungsmitteln, Futtermitteln, Agrartreibstoffen und Biomasse für chemische Produkte und Textilien wächst stetig. Damit steigt der Wert von Land, und die Spannungen zwischen verschiedenen Nutzern verschärfen sich. Laut einer im Bodenatlas zitierten Schätzung des Weltbank-Ökonomen Klaus Deininger sind weltweit zwischen zehn und 30 Prozent des Ackerlandes von Landgrabbing betroffen – mit vielfältigen, auch politischen Auswirkungen. Beispiele sind Kenia, wo den blutigen Auseinandersetzungen nach den letzten Wahlen Landkonflikte vorausgegangen waren, und Madagaskar, wo die Regierung 1,3 Millionen Hektar Ackerland an den koreanischen Konzern Daewoo verkaufen wollte, was schließlich zum Umsturz geführt habe.

Der Atlas formuliert drei Trends heutiger Bodennutzung:

  • Es werden gleichzeitig und mit zunehmender Geschwindigkeit verschiedene ökologische Grenzen der Erde überschritten,
  • trotz Wirtschaftswachstum nutzen Milliarden Menschen auf der Welt weitaus weniger als ihren „gerechten Anteil“ an Land, und
  • trotz des Wissens um diese Probleme fehlt eine effektive Politik, um sie zu beheben.

Die Autoren fordern mehr entwicklungspolitische Beachtung des Themas. Ein Anfang dafür könnte das Jahr 2015 sein, das die UN zum Internationalen Jahr der Böden ausgerufen haben.

Katja Dombrowski

Link:
www.boell.de/bodenatlas

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