Evaluierung

Komplexe Faktoren

Geberinstitutionen können Erfolg nicht nur anhand der eigenen Geschäftszahlen belegen. Die International Finance Corporation (IFC), das Mitglied der Weltbankgruppe, das den Privatsektor fördert, berücksichtigt die gesellschaftliche Wirkung und passt ihre Strategien entsprechend an.


[ Von Liane Asta Lohde ]

Heute wird weithin anerkannt, dass der Privatsektor ein wichtiger Motor der Wirtschaftsentwicklung ist. Entsprechend haben die multilateralen Entwicklungsbanken ihren einschlägigen Aufwand in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Die IFC ist der größte multilaterale Geldgeber in diesem Bereich und hat ihre Aktivitäten in den vergangenen Jahren rasch ausgedehnt. Der IFC ist klar, dass in einer Ära, in der über die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe international diskutiert wird, Monitoring und Evaluierung (M&E) unverzichtbar sind.

2005 startete die IFC das Development Outcome Tracking System (DOTS). Es dient dazu, die Ent­wick­lungs­re­sul­ta­te zu erfassen, zu verfolgen und zu dokumen­tieren. DOTS ergänzte die bis dahin üblichen Evaluierungs­prak­­tiken, die internationalen Standards entsprachen, um aktuelle und kontinuierliche Leistungsbeobachtung. Die IFC kann nunmehr Aktivitäten auf der Projektebene dokumentieren, aber auch Daten über ihr gesamtes Portfolio hinweg sektor-, länder- und regionalspezifisch aggregieren.

IFC-Jahresberichte beruhten bis 2007 auf konventionellen Geschäftszahlen. Mittlerweile berichtet die IFC aber nicht über Finanzdaten, sondern auch über Nachhaltigkeit und Entwicklungseffekte. Um das Ausmaß dieses Wandels zu verstehen, muss man wissen:
– welche Informationen die M&E-Abteilung liefert,
– wie sie genutzt werden, und
– inwiefern sie messen, welchen Beitrag IFC-Maßnahmen zur wirtschaftlichen Entwicklung der verschiedenen Länder leisten.

Eine – wenn auch ungenaue – Möglichkeit, die Wirkung von IFC-Förderung abzuschätzen, bieten Reichweiten-Indikatoren. Sie zeigen, welche Vorteile für welche Interessengruppen entstehen. Wenn etwa ein Textilhersteller mit IFC-Krediten expandiert und neue Jobs schafft, dient das offensichtlich der örtlichen Bevölkerung. Das gilt auch, wenn das Unternehmen Steuern oder Gebühren zahlt oder von lokalen Zulieferern Waren bezieht.

Mit aggregierten Zahlen kann die IFC heute ihre so verstandene Reichweite darstellen. 2007 förderte sie fast 2 Millionen Arbeitsplätze und löste17 Milliarden Dollar an Steuer- und anderen Staatseinnahmen aus. Zudem wurde lokale Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen im Wert von 54 Milliarden Dollar angeregt. Seit vergangenem Jahr erhebt die IFC auch geschlechtsspezifische Daten – etwa die Zahl neuer Jobs für Frauen oder die Lohnquote von Frauen.

Ein anderer Ansatz, entwicklungspolitische Wirkungen zu erfassen, beruht darauf, von Anfang an zu definieren, welche Ergebnisse erwartet werden, und dann regelmäßig zu prüfen, was erreicht wurde. Dabei geht es auch um volks- und finanzwirtschaftliche Ziele, soziale Faktoren und Umwelt sowie die Entwicklung der Privatwirtschaft überhaupt. Geschäftszahlen (Umsatz, Gewinn et cetera) werden anhand üblicher Bilanzierungsregeln erhoben, die sozialen und ökologischen Daten entsprechen dagegen eigenen IFC-Kriterien. Jede aktive Investition wird erfasst, so dass aggregierte Zahlen ein Gesamtbild der IFC-Leistung ergeben. Voriges Jahr brachten demnach 71 Prozent der Vorhaben gute Entwicklungsergebnisse.

Aus Erfahrung lernen

Selbstverständlich muss jedes stimmige M&E-System relevante Informationen für die Steuerung aktueller Operationen, die Fortentwicklung der Geschäftsstrategie und ein Verständnis von Entwicklung überhaupt liefern. Die IFC analysiert entsprechend jährlich die Ergebnisse der eigenen Arbeit und entwickelt auf dieser Basis ihre Geschäftspolitik weiter.

Die M&E-Ergebnisse wirken sich tatsächlich auf die IFC-Strategie aus. So wurde beispielsweise deutlich, dass Industrieinvestitionen in Afrika jahrelang nur mäßige Entwicklungsergebnisse brachten. Die genaue Prüfung zeigte, dass das vor allem an der Größe der betroffenen Firmen lag. Es entspricht dem Wesen kleinerer Unternehmen, dass sie finanziell besonders anfällig sind und deshalb besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung brauchen. Entsprechend hat die IFC seither ihre Arbeit in diesem Bereicht intensiviert.

Ein weiteres Beispiel dafür, dass M&E-Ergebnisse die IFC-Politik prägen, bietet der Sektor der Mikro-, Klein- und Mittelstandsunternehmen. Solche Betriebe leisten einen Großteil der Geschäftstätigkeit in Entwicklungsländern und beschäftigen in der Regel mehr als die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung. Früher investierte die IFC unmittelbar in solche Firmen, aber die Ergebnisse blieben unbefriedigend. Deshalb kooperiert die IFC mittlerweile mit örtlichen Finanzdienstleistern, die Kunden und Märkte kennen. Von 2000 bis 2008 hatte das Mikrofinanz-Portfolio der IFC ein Gesamtvolumen von 942 Millionen Dollar. Darüber hinaus hat das Institut ein neues Programm für Kleinunternehmen in Afrika aufgelegt, dass Finanz- und Beratungsdienste kombiniert.

Entwicklungsergebnisse hängen von komplexen Faktoren ab, von denen sich viele der Kontrolle der IFC entziehen. So wird etwa die globale Finanzkrise trotz aller Bemühungen um die IFC-Kunden deren Geschäfte beeinträchtigen – und folglich auch deren Entwicklungsergebnisse.

Generell ist es ratsam, sich nicht allzu vollmundig positive Ergebnisse anzurechnen. Es ist zu unterscheiden zwischen dem, was ein Projekt zu Entwicklungsergebnissen gemessen mit spezifischen Indikatoren beiträgt, und Folgen, die als Beiträge zu Entwicklung und Armutsbekämpfung nur plausibel angenommen werden können. Die indirekten Folgen sind ihrem Wesen nach schwerer zu messen und die ursächliche Rolle der IFC entsprechend schwerer nachzuweisen. Es gibt eine Vielzahl von Einflussgrößen, und ihre komplexen Wechselwirkungen sind kaum zu durchschauen.

Ein Beispiel: Wenn Bauern ein neues agrarindustrielles Unternehmen in ihrer Gegend beliefern und daraufhin ihr Einkommen sowie die Einschulungsraten ihrer Kinder steigen, lässt sich das höhere Einkommen recht eindeutig auf die neue Geschäftsbeziehung zurückführen, wohingegen der Schulbesuch vielleicht auch ohnehin zugenommen hätte. Im Vergleich dazu ist es leicht, zu erheben, wie viele Arbeitsplätze entstehen und wie viele Bauern an die neue Firma liefern.

Die Auswirkungen eines zusätzlichen Unternehmens auf die allgemeine sozio-ökonomische Lage sind zudem leichter zu messen, wenn seine Aktivitäten neuartig, klar umrissen und eigenständig sind. Für viele IFC-Kunden gilt das aber nicht. Wachstum darf eben nicht nur im abgelegenen ländlichen Raum gefördert werden, sondern ist auch in Megastädten nötig, wo unzählige Faktoren zusammenspielen.

Die Wirkung der IFC-Geschäfte mit absoluter Präzision zu messen, ist noch aus einem anderen Grund kaum möglich. Die IFC deckt in der Regel höchstens 25 Prozent einer Investition ab, der Rest der Mittel stammt von anderen Finanzdienstleistern. Das muss auch so sein, damit die IFC nicht die privaten Geldhäuser aus dem Markt drängt. Entsprechend trägt die IFC aber auch nur einen Teil der Verantwortung. Wo es ohnehin problematisch ist, Kausalbeziehungen zwischen einzelnen Unternehmen und der sozio-ökonomischen Entwicklung einer Gegend herzustellen, wie soll die IFC da beurteilen, welche (beabsichtigte wie unbeabsichtigte) Wirkung allein auf ihr Konto geht? Trotzdem muss die IFC, wie alle öffentlichen Institutionen, beweisen, dass sie gute Arbeit leistet. Sie darf aber eben nicht mit dem Privatsektor konkurrieren, sondern muss ihn ergänzen, wenn Märkte versagen.

Daraus folgt, dass die IFC Projekte unterstützen sollte,
– für die entweder keine andere Finanzierung zur Verfügung steht, sodass sie ohne IFC nicht zustande kämen, oder
– die vom spezifischen IFC-Know-how auf Feldern wie Unternehmensführung, Umwelt- und Sozialstandards et cetera profitieren.

Die IFC prüft bei jedem Vorhaben im Voraus, ob sie in diesem Sinne einen wertvollen Beitrag leisten kann.

Um ihre Wirkung zu beurteilen, hat die IFC ein M&E-System entwickelt, das annähernd erlaubt, die exakten Einflüsse ihrer Investitionen auf Wirtschaftsentwicklung und Armutsbekämpfung abzuschätzen. Reichweiten-Indikatoren, Datenaggregation und turnusgemäße Tiefenprüfung geben wertvolle Hinweise. Interessant ist darüber hinaus eine aktuelle Untersuchung darüber, welche Interessengruppen in welchem Maße profitiert haben. Daten einer Reihe von IFC-Investionen aus den Jahren 1999 bis 2002 belegen, dass die monetären Vorteile in den Zielländern um jeweils 88 Cent über jedem investierten Dollar lagen. Dabei bekamen auch Beschäftigte, Zulieferer, Kunden und Staat etwas vom Kuchen ab. Wie andere Entwicklungs-Institutionen arbeitet die IFC weiterhin daran, ihre Arbeit auf der Basis von M&E-Ergebnissen zu verbessern.

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