Journalismus

Lokale Medien unterstützen

Die südafrikanischen Medien werden von vier Großkonzernen dominiert. Zwar versorgen kleine unabhängige Organisationen benachteiligte Gemeinschaften mit Informationen, aber ihnen fehlen die Mittel und qualifizierte Mitarbeiter. Seit 2006 arbeitet das Eastern Cape Communication Forum (ECCF) in East London an Unterstützungsmaßnahmen.

[ Von Aniela Batschari ]

Im internationalen Vergleich stehen die nationalen Medien Südafrikas gut da. Ihre Berichterstattung ist fair und ausgewogen, es besteht Pressefreiheit. Man kann durchaus von einer „vierten Säule” sprechen, die über das öffentliche Interesse wacht.

Allerdings werden die nationalen Medien Südafrikas von Großunternehmen dominiert und richten sich vor allem an Leser aus Städten und Vorstädten. Gemeinden in ländlichen und benachteiligten Gegenden fehlt nicht nur der Zugang – auch die Bedürfnisse und Sorgen der dortigen Menschen werden in den Mainstream-Medien nicht berücksichtigt. Sie müssen sich auf lokale, ge­mein­de­­basierte Einrichtungen verlassen.

Die Ostkap-Provinz ist die zweitgrößte und ärmste Provinz Südafrikas. Auf den ersten Blick ist ihre ­Medienlandschaft beeindruckend. Das ­Eastern Cape Communication Forum (ECCF) zählte hier rund 30 unabhängige Publikationen – vom wöchentlichen Gemeindebrief bis hin zum Monatsmagazin. Jedoch bieten nur sehr wenige wirklichen Qualitätsjournalismus. Gleiches gilt für Gemeinderadios. Von 18 lizensierten lokalen Radiostationen in der Ostkap-Provinz liefert nur eine Handvoll hochwertige Inhalte.

Weltweit gelten für „Qualitätsjournalismus” folgende Kriterien:
– Fakten sind sorgfältig recherchiert,
– Quellen werden genannt,
– kontroverse Fragen sind so dargestellt, dass die Sichtweisen der verschiedenen Seiten kenntlich werden,
– der Inhalt ist zugänglich und verständlich, und
– Zeitungen und Programme haben einen Unterhaltungswert.

Südafrika ist stolz auf seine zwölf journalistischen Lehreinrichtungen. UNESCO-Experten halten vier davon für sehr gut – davon sind zwei am Ostkap angesiedelt. Eine ist die Walter Sisulu University (WSU). Sie konzentriert sich auf innovative Lehr-, Forschungs- und Gemeindepartnerschaftsprogramme, die auf lokale, regionale und nationale Bedürfnisse ausgerichtet sind. Zur Mission der WSU gehört es, Entwick­lung voranzutreiben.

Die meisten Absolventen der Abteilung für Medienstudien der WSU machen Karriere bei Mainstream-Medien oder im Regierungsdienst. Lokale Medien dienen den meisten lediglich als Sprungbrett. Tatsächlich werben die großen Unternehmen den lokalen Medien immer wieder Mitarbeiter ab.

Lokale Medien sind typischerweise von ungeschulten Ehrenamtlichen und wenigen Mitarbeitern abhängig, die bestenfalls an Medienworkshops und Kurzschulungen teilgenommen haben. Selbst ein Großteil des Managements hat keine universitäre journalistische Ausbildung. Lokalradios haben oft bis zu 30 Mitarbeiter. Lokalzeitungen hingegen bestehen meist aus Teams von zwei bis fünf Leuten, die für alles zuständig sind: für Inhalt, Marketing, Vertrieb und Verkauf, aber auch für Design und Layout. Da Werbung und Verkauf das wirtschaftliche Überleben sichern, stehen diese Bereiche für den Chefredakteur oft an erster Stelle.

Einfach gesagt, fehlt es den lokalen Medien an Ressourcen. Manche haben nicht einmal eine richtige Büroeinrichtung oder technische Ausrüstung, auch Transport ist immer schwierig. All diese Faktoren schränken die Möglichkeiten der Redakteure ein, umfassende Recherchen zu betreiben und sich mit der Zivilgesellschaft zu vernetzen.

Der ECCF wurde 2006 in East London gegründet, um auf die Defizite in der Provinz zu reagieren. Die gemeinnützige Organisation hat den Auftrag, unabhängige Medien zu fördern. Das Forum kooperiert mit der Medienabteilung der WSU und wird vom Deutschen Entwicklungsdienst (DED) unterstützt. Auf diese Weise soll die Kluft zwischen akademischer Theorie und der Realität in den Redaktionen überwunden werden.

Das ECCF ging von Anfang an davon aus, dass das größte Handicap der lokalen Medien mangelnde Professionalität sei. Es gab keine angemessenen Schulungen für Journalisten in der Provinz und viele lokale Medien schickten ihre Freiwilligen und Mitarbeiter zur Ausbildung in andere Teile Südafrikas. Daher startete das ECCF 2009 eine umfassende und innovative Initiative und bot einer Auswahl lokaler Zeitungen Trainings vor Ort an. So erhielten sieben Blätter praktische Unterstützung bei Design und Layout.

Kleine Medieneinrichtungen können nur gefördert werden, indem man ganzheitlich vorgeht. Arbeitsteilung ist in den wenigsten Lokalzeitungen und Radios möglich, und Mitarbeiter haben kaum die Chance, sich auf bestimmte Themen zu spezialisieren – daher muss sich jeder von ihnen mit allem auskennen.

Studentische Nachrichtenagentur

Ein spannendes Programm zur Förderung kleiner unabhängiger Medien-Märkte ist die studentische Nachrichtenagentur SNA (Student News Agency). Sie wurde 2008 gegründet, um kleine Redaktionen zu entlasten und um Journalismusstudenten der WSU zugleich Praxiserfahrungen zu ermöglichen.

Im vergangenen Jahr arbeiteten 23 Studenten bei der SNA mit. Sie schrieben 45 Artikel, von denen 34 in Lokalzeitungen abgedruckt wurden. Meist wurden die Artikel in zwei bis drei verschiedenen Blättern veröffentlicht. Die Mitarbeit bei der SNA ist freiwillig, aber viele Studenten nutzen die Gelegenheit, ihre Recherche- und Schreibfähigkeiten zu schulen.

Die SNA könnte reichen Nationen gut als Vorbild dienen. In den USA etwa haben viele Zeitungsherausgeber zu kämpfen, weil der freie Zugang zu Informationen im Internet ihre Geschäftsmodelle ins Kippen bringt. Qualitätsmedien aber brauchen hochwertigen Inhalt – und dieser ist ohne investigative Recherche nicht zu haben. Journalistenschulen könnten künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Die Studenten der WSU schreiben über Klimawandel genauso wie über lokale Künstler, Kindesmissbrauch und soziale Wohnungsnot. Mitarbeiter der SNA haben einen Mentor, der sie betreut. In wöchentlichen Redaktionssitzungen werden Themen und Ideen für Geschichten besprochen; die Studenten dürfen dabei nie vergessen, dass ihre Themen für unterschiedliche Lokalzeitungen relevant sein müssen. Die Artikel müssen zeitlos gültig sein und Leser auf dem Land genauso ansprechen wie die in städtischen Gebieten.

Die Studenten werden auch dazu ermutigt, Fotos für ihre Geschichten mitzuliefern. Da die WSU nicht genügend Kameras für ­alle Studenten hat, haben diese nun begonnen, ein Fotoarchiv aufzubauen. Büroräume, Computer und eine Telefonleitung stellt die Uni der SNA zur Verfügung.

Das Eastern Cape Communication Forum (ECCF) schickt die Artikel und Fotos kos­tenlos per E-mail an unabhängige Publikationen in den Provinzen. Je nachdem können das eine oder zwei Geschichten pro Woche sein.

Die Lokalzeitungen schätzen das Projekt. „Die Artikel der WSU-SNA sind sehr hilfreich für uns“, sagt Wandile Fana, Besitzer und Herausgeber der Skawara News in Cofimvaba, einer kleinen Stadt im ländlichen Ostkap. „Die Studenten schreiben über relevante Themen.”

Das ECCF dokumentiert, welche Artikel von Studenten geschrieben wurden, und bewahrt Belegexemplare auf. Die Studenten können so eine Mappe an Arbeitsproben zusammenstellen, um sich für Jobs zu bewerben.

Zudem ist es auch eine kleine Belohnung, wenn man die eigene Arbeit veröffentlicht sieht. „Ich war sehr aufgeregt und überglücklich, als ich meinen Artikel in einigen Zeitungen sah”, sagt Sithembele Sakati, der 2009 bei SNA mitgearbeitet hat. Noch wichtiger aber sei es, dass die Arbeit bei der SNA ihre Sichtweise auf den Journalismus verändert habe: „Vorher war alles reine Theorie, hier haben wir praktische Erfahrungen gemacht.”

Das ECCF behält die lokalen Medien im Auge, um Engpässe zu erkennen und Effekte der Trainingsmaßnahmen nachvollziehen zu können. Alle Verantwortlichen müssen bereit sein, flexibel zu handeln und gewisse Risiken einzugehen. Denn, um relevant zu sein, müssen lokale Medien nicht nur kontroverse Themen behandeln, sondern auch unterprivilegierten Menschen eine Stimme geben.

Governance

Um die UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist gute Regierungsführung nötig – von der lokalen bis zur globalen Ebene.