Idi Amin-Fotoausstellung

Die Facetten eines Despoten

Das Uganda National Museum erinnert mit einer Ausstellung an den ehemaligen Diktator Idi Amin. Sie bildet den ersten Versuch, sich in Uganda mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ziel der Organisatoren ist es, einen Dialog über die Erfahrungen der Bürger in dieser Zeit anzustoßen.
Exponat der Ausstellung im Uganda National Museum in Kampala: Diktator Idi Amin bei einem öffentlichen Auftritt. Isabella Bauer Exponat der Ausstellung im Uganda National Museum in Kampala: Diktator Idi Amin bei einem öffentlichen Auftritt.

Der häufig als „Schlächter Afrikas“ bezeichnete Diktator Idi Amin, der von 1971 bis 1979 regierte, gilt als Inbegriff brutaler Willkürherrschaft. Zwischen 300 000 und 400 000 Menschen sollen während seiner Herrschaft ums Leben gekommen sein. Er ließ unzählige Ausländer, vor allem indische Händler, enteignen und vertreiben.

Während seiner Herrschaft wurde Amin stets von einem Tross staatlicher Fotografen begleitet. Hunderttausende von Bildern entstanden, denn der Diktator wusste um die Macht öffentlicher Inszenierungen. Bis vor kurzem galten diese Fotos als verloren. Doch 2015 förderten Recherchen des ugandischen Fernsehens tausende von Bildern zutage. Insgesamt digitalisierten Experten verschiedener Universitäten bisher 25 000 der 70 000 gefundenen Negative. Die 200 Fotos, die nun unter dem Titel „The Unseen Archive of Idi Amin“ im Uganda National Museum zu sehen sind, bilden nur eine kleine Auswahl.

Die Schau soll „unterschiedliche Facetten der Persönlichkeit Idi Amins zeigen“, erklärt Anne Kakho, Besucherbetreuerin der Ausstellung. Amins Amtszeit wird anhand von Zeitachsen dargestellt. Eine zeigt offizielle Bilder: Der Diktator steht 1972 vor dem Brandenburger Tor in Berlin, er empfängt wenig später Kaiser Bokassa aus dem damaligen Zentralafrikanischen Kaiserreich und trifft sich 1973 mit dem libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi.

Die zweite Zeitachse zeigt auch viele Bilder des alltäglichen Lebens im Uganda der 1970er Jahre. „Die 70er Jahre waren eine Zeit der kulturellen Kreativität, einer Zeit der Liebe, der Musik und eines neuen Lebens“, heißt es auf der Begleittafel der Ausstellung. Hier wird deutlich, was dem Diktator auch viele Sympathien eingebracht hat: Idi Amin ist als Musiker mit einem Akkordeon zu sehen, als Tänzer bei einer kulturellen Veranstaltung und als Boxer im Ring.

Die dritte Zeitleiste versucht, das Grauen der Herrschaft Amins einzufangen: leere Folterkammern, öffentliche Hinrichtungen und die Vertreibung indischer Händler. „Lähmendes Entsetzen und zugleich ein pulsierendes öffentliches Leben“ seien die widersprüchlichen Merkmale der Zeit gewesen, informiert eine weitere Ausstellungstafel.

Auf eine Einordnung der Geschehnisse verzichtet die Ausstellung vollends, dies bleibt ganz den Betrachtenden überlassen. Ugander sind nach dem Museumsbesuch aufgefordert, ihre Gedanken und ihr Feedback schriftlichen zu hinterlassen. Zunächst soll dies ein Dialog im Inland bleiben.

In der Regel werde die Ausstellung sehr positiv aufgenommen, auch wenn die Rückmeldungen völlig unterschiedlich seien, sagt Anne Kahko. „Eine Familie wollte, dass wir die Ausstellung abnehmen. Sie sei eine Beleidigung für die jetzige Regierung.“ Auch einige Kinder Idi Amins besuchten die Ausstellung und waren begeistert. Sein jüngster Sohn, Jaffar Amin, war bereit, weitere Fotos und viele Geschichten aus der Zeit beizutragen. Die Ausstellungsmacher greifen all dies auf, denn sie sehen jetzt erst einen kleinen Anfang und planen eine große Ausstellung in der Zukunft.

Der Umgang mit diesen Bildern spiegelt die Einstellung vieler Ugander gegenüber Idi Amin wider. Die wenigsten sehen ihn ausschließlich als den brutalen Schlächter, als der er im Ausland wahrgenommen wird. Die Besucherin Irene Aikuru meint: „Er hat nicht mehr Menschen umgebracht, als andere Präsidenten des Landes, als der jetzige Präsident des Landes. Er war nur völlig ungebildet und hat nichts versteckt, sondern seine Grausamkeiten offen gezeigt – das war der Unterschied.“

Das Format der Ausstellung, in der jeder die Seite Idi Amins sehen kann, die er oder sie möchte, sagt auch etwas über den Stand der Vergangenheitsbewältigung aus. In Uganda gab es bisher keine Aufarbeitung der Vergangenheit, kein öffentliches Gedenken von Kriegsopfern, keine Anerkennung des Leidens der zivilen Bevölkerung. In dieser Hinsicht ist die Ausstellung mit ihrem Fokus auf Dialog ein bahnbrechender Impuls.

Die Ausstellung war bis Mitte Februar 2020 in Kampala zu sehen und wird an vielen weiteren Orten gezeigt.


Isabella Bauer ist freie Journalistin und Beraterin. Sie ist auf Ostafrika, das südliche Afrika und Deutschland spezialisiert.
isabella.bauer@gmx.de

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