Niger

Afrikas neuer Ölexporteur

Chinesen ist in Niger gelungen, was westliche Firmen seit 1960 nicht geschafft hatten: Nahe der Grenze zu Tschad wurden Ölfelder erschlossen. Der große Nachbar Nigeria fördert freilich viel mehr Öl; dessen Rohstoffpolitik hat Folgen vor Ort.

Schwarzes Gold sucht die Regierung des westafrikanischen Landes schon seit dem Datum ihrer Unabhängigkeit. Mehrere Unternehmen aus Europa und den USA erhielten sofort nach 1960 Förderrechte – doch bis vor kurzem floss in Niger kein einziger Tropfen. Die China
National Petroleum Company (CNPC) brachte nach mehrjähriger Suche die Wende. Die Ölfelder liegen im Osten nahe der Sahara-Oase Agadem, dicht an der Grenze zu Tschad.

Seit Januar 2012 zählt Niger nunmehr zu Afrikas ölexportierenden Ländern. Allerdings fließen nur 20 000 Barrel pro Tag. Das ist kein Vergleich zum Nachbarn Nigeria, dem größten Ölproduzenten des Kontinents (2,3 Millionen Barrel). 13 000 Barrel des neuen Öls werden im Ausland verkauft, 7000 dienen dem Eigenbedarf für Nigers rund 15 Millionen Einwohner.So bescheiden die Mengen sind – die Ölfelder von Agadem weckten bei vielen Bürgern wilde Hoffnungen. Auch die amtlichen Prognosen sind überschwänglich. Es heißt, der Ölexport werde Nigers Wirtschaft auf Touren bringen.

Händler enttäuscht

Schon bevor das erste Öl die Märkte erreichte, schossen in mehreren Städten neue Tankstellen aus dem Boden. Private Betreiber besorgten sich Benzin im Nachbarstaat und versprachen sich später viel Gewinn durch Einkauf bei Soraz, einer Raffinerie in Nigers zweitgrößter Stadt Zinder, die Rohöl aus Agadem verarbeitet. Doch die Träume platzten, als die nigrische Regierung feste Spritpreise bekanntgab. Der vom Ministerium für Energie und Erdöl diktierte Endpreis am Zapfhahn liegt bei 0,88 Euro pro Liter – der Abnahmepreis bei Soraz vor Beginn der Vermarktung lag jedoch bei 1,03 Euro.

Das Preisdiktat löste landesweit Proteststürme aus; Bürger klagten über Wucher gegenüber günstigem, aus Nigeria eingeschmuggeltem Benzin, mit dem jeder zweite Einwohner fährt. Denn die Grenze zwischen beiden Ländern ist 1500 Kilometer lang. Bevor die Nachbarregierung in Abuja ihre Preisbindung vor kurzem abschaffte, kostete Benzin auf Nigerias grenznahen Schwarzmärkten tatsächlich weniger als 0,40 Euro. Nigers Erdöl- und Energieminister, Foumakoye Gado, begründet die hohen Preise für Benzin von Soraz durch enorme Kosten der Raffinierie. Der Bau der Anlagen in Zinder habe 200 Millionen Dollar verschlungen. Weitere Faktoren haben den Preis zusätzlich getrieben, wie der teure Transport und eine Mehrwertsteuer.

Bürger fordern billiges Benzin

Wütenden Bürgern in Niger halfen solche Erklärungen wenig. Die Lage eskalierte derart, dass in Zinder zwei Menschen bei Protestmärschen getötet wurden. Mitten in dieser vergifteten Atmosphäre kündigte die Regierung in Nigeria eine Streichung ihrer Benzin- und Dieselsubventionen an. Das kostete dem Staatspräsidenten Goodluck Jonathan viel Sympathie im eigenen Volk – gefiel aber den Regierungen seiner Nachbarländer, die schon lange erfolglos versuchen, den Treibstoffschmuggel aus Nigeria zu unterbinden.

Laut SONIDEP (Société des produits pétroliers du Niger) entgehen Niger dadurch pro Jahr Staatseinnahmen in Höhe von ungefähr 15 Millionen Euro. Durch Wegfall der Subventionen im Nachbarland verdoppelten und verdreifachten sich Spritpreise in einigen Gebieten Nigers. Der Schwarzmarkt war sofort trockengelegt; doch trotz der anfangs kritisierten Spritpreise bildeten sich vor den Tankstellen plötzlich Autoschlangen. Schnell waren die Proteste in Niger abgeklungen. Dennoch verfolgen die Verantwortlichen in der Hauptstadt Niamey mit Argwohn, was in Nigeria geschieht: Selbst durch Proteste unter Druck, hat Präsident Jonathan im Januar doch wieder Treibstoffsubventionen in Aussicht gestellt.

Yahouza Sadissou

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