Unsere Sicht

Gefährliche Großzügigkeit

Bill Gates ist reich und großzügig. Die Stiftung, die seinen und den Namen seiner Frau trägt, spielt in der internationalen Entwicklungspolitik eine wachsende Rolle. Sie ist maßgeblich an der im November gegründeten Initiative Co-Impact beteiligt, die das Engagement von Philanthropen weltweit koordinieren und schlagkräftiger machen soll.
Bill und Melinda Gates mit Warren Buffet, der ebenfalls der Gates Foundation Milliarden versprochen hat. Anindito Mukherjee / picture-alliance / dpa Bill und Melinda Gates mit Warren Buffet, der ebenfalls der Gates Foundation Milliarden versprochen hat.

Tatsächlich interessieren sich die Superreichen vieler Länder zunehmend für wohltätiges Handeln. Sie gehen dabei professionell vor und streben unternehmerische Effizienz an, und entsprechend wächst ihr Einfluss im öffentlichen Leben. Manchmal steuern sie mit dem Versprechen, bestimmte Maßnahmen zu finanzieren, Regierungshandeln fern.

Häufig greifen sie da ein, wo Staaten versagen. Kurzfristig ist das gut – aber langfristig bedenklich. Das Gemeinwohl darf nicht den guten Absichten der Allerreichsten anvertraut werden, und es ist sicherlich nicht deren Aufgabe, das Gemeinwohl zu definieren. Das müssen gewählte Volksvertreter und Regierungen tun, die allen Bürgern verantwortlich sind. Philanthropen haben Eigeninteressen, seien sie ideologisch, religiös oder wirtschaftlich begründet.

Private Spender können Schaden anrichten. Die türkische Regierung behauptet, Fethullah Gülen, der muslimische Schulen und andere wohltätige Institutionen geschaffen hat, habe bei dem versuchten Militärputsch 2016 die Fäden gezogen. In den USA finanziert sich das American Enterprise Institute mit Privatspenden, und zu seiner Agenda gehört neben Klimaleugnung die permanente Forderung nach niedrigeren Steuern. Wegen niedrigen Steueraufkommen sind aber viele Behörden ihren Aufgaben nicht gewachsen. 

Selbstverständlich scheitern staatliche Institutionen auch aus anderen Gründen wie Korruption, Nepotismus, Ignoranz und Inkompetenz. Dysfunktionale Behörden täten sicherlich gut daran, ein paar privatwirtschaftliche Lektionen zu lernen. Es ist auch zu begrüßen, wenn Spitzenmanager gesellschaftliche Verantwortung wahrnehmen. Das Ziel muss aber ein handlungsfähiger und demokratisch legitimierter Staat sein. Auch die Handlungsfähigkeit multilateraler Institutionen darf nicht von privaten Spenden abhängen.

Es darf nicht vergessen werden, dass die Superreichen nicht immer auf edlen Wegen zu ihrem Wohlstand gekommen sind. Gates selbst ist ein Beispiel. Der Konzern Microsoft, den er gegründet hat, war am Ende des vergangenen Jahrhunderts ein Quasi-Monopolist. IBM durfte in den achtziger Jahren wegen Kartellverfahren nicht sein eigenes Betriebssystem verwenden. Microsoft schlüpfte in die Nische, und schon bald liefen auch gegen dieses Unternehmen Kartellverfahren. Zum Jahrtausendwechsel hatte Gates den Ruf eines gierigen Monopolisten; zum Philanthropen wurde er später.

Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist ein ähnlich erfolgreicher Mensch. Seine Frau und er haben versprochen, 99 Prozent ihres auf 40 Milliarden Dollar geschätzten Vermögens zu spenden. Es beruht auf einer monopolartigen Social-Media-Plattform, welche Privatdaten der Nutzer ausnutzt und als Brandbeschleuniger von Fake News aufgefallen ist. Zuckerberg sagt, er fördere das Entstehen von Gemeinschaften – aber sein Unternehmen zahlt kaum Steuern und unterhöhlt Grundlagen der Demokratie. Für die Menschheit wäre es besser, er konzentrierte sich darauf, Facebook zu einem transparenten und vertrauenswürdigen Forum zu machen, und nicht auf Profitmaximierung mit dem Versprechen, später für gute Zwecke zu spenden.

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