Multilaterale Politik

Preis und Leistung

Entwicklungsfinanzierung funktioniert nicht mehr so wie früher. Darauf müssen sich Entwick-lungsländer einstellen, indem sie mehr Verantwortung übernehmen und ihre Regierungsführung verbessern. Die reichen Nationen dagegen müssen Verantwortung für globale öffentliche Güter wie den Klimaschutz übernehmen.
Das Business-Klima ist für alle relevant: Schreiner in Blantyre. Arjen van de Merwe/Lineair Das Business-Klima ist für alle relevant: Schreiner in Blantyre.

Seit Verabschiedung der UN-Millenniumsentwicklungsziele (MDGs – Millennium Development Goals) im Jahr 2000 ging es gut voran. Die UN bezeichneten die MDGs sogar als „den erfolgreichsten Anstoß zur Armutsbekämpfung in der Geschichte“. Extreme Armut ist seit 1990 halbiert worden, und auch was allgemeine Gesundheit und Bildung angeht, ging es in vielen Ländern bergauf. Dennoch heißt es im MDG-Bericht der UN von 2013, es bleibe hinsichtlich Hunger, Müttergesundheit, Sanitärversorgung und Umweltschutz noch viel zu tun. Insbesondere Subsahara-Afrika und Pazifik-Staaten hinken hinterher.

Basierend auf den jüngsten Erfahrungen diskutiert die internationale Gemeinschaft derzeit eine Agenda, um Entwicklung voranzutreiben – und zwar über die offizielle Ziellinie der MDGs im Jahr 2015 hinaus. Es besteht Konsens darüber, dass ökologische Nachhaltigkeit und Armutsbekämpfung darin zusammen zu behandeln sind. Die Open Working Group (OWG) der UN-Hauptversammlung (UNGA) hat eine Liste mit 17 „nachhaltigen Entwicklungszielen“ (SDGs) erstellt, die bis 2030 erreicht werden sollen.

Die ökologischen Herausforderungen sind in mancher Hinsicht drängender als Armutsfragen, weil der Klimawandel nicht reversibel ist und die Zerstörung der Umwelt arme Menschen noch verletzlicher macht. Zudem kann und sollte Armut besonders auf nationaler Ebene behoben werden, wohingegen einzelne Nationalstaaten gegen die globale Erwärmung wenig ausrichten können.

Die Post-2015-Initiative wird wahrscheinlich Probleme mit der Finanzierung bekommen. Das gesamte Feld der Entwicklungsfinanzierung verändert sich. Anders als noch 2000, als die MDGs definiert wurden, steht die Finanzierung diesmal nicht. Laut Weltbank hat die MDG-Agenda enorm vom Schuldenerlass und der Erhöhung der öffentlichen Entwicklungshilfe (ODA) profitiert; beides steht aber nicht unbedingt mehr im selben Umfang zur Verfügung.

Die öffentliche Entwicklungshilfe der OECD-Mitglieder (Organisation for Economic Development and Cooperation) ist zwischen 2004 und 2010 netto um 37 Prozent auf einen Höchstwert von fast 140 Milliarden Dollar gestiegen. Nach der Finanzkrise und den folgenden Haushaltskürzungen sank sie im Jahr 2011 aber um 2,7 Prozent, ein Jahr drauf um weitere sechs Prozent. Derzeit zahlen die OECD-Mitglieder nur noch 0,29 Prozent ihrer gemeinsamen Bruttonationaleinkommen (BNE) an ODA – und das, obwohl sie 0,7 Prozent bis zum Jahr 2015 zugesagt hatten. Höchstwahrscheinlich sinken auch diese Ausgaben noch. 

Durch den Schuldenerlass waren viele Entwicklungsländer in der Lage, mehr Geld in Armutsbekämpfung zu investieren – oft war dieser auch direkt an entsprechende Strategien geknüpft. Allerdings wird es künftig weniger Schuldenerlass geben. Aus diesem Topf wird sich die Post-15-Finanzierung also nicht speisen können.

Es gibt aber auch erfreuliche Wendungen: Entwicklungsländer haben Fortschritte beim Eintreiben von Steuern und anderen staatlichen Einkünften gemacht. Im Jahr 2011 betrug die Mobilisierung inländischer Ressourcen 29 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Entwicklungsländer  – im Jahr 2000 waren es lediglich 23 Prozent. Auch steigen die Geldsendungen von Migranten und ausländische Direktinvestitionen drastisch. Nicht zuletzt werden Hilfsorganisationen und der Privatsektor immer bedeutender.

Die Regierungen der Entwicklungsländer müssen die neuen Chancen nutzen. Jeder Versuch, Entwicklung wie gehabt zu finanzieren, wird scheitern. Nur über einen Paradigmenwechsel können die Ressourcen effizienter eingesetzt werden, um die Bedürfnisse der Verletzlichsten zu stillen. Die Herausforderung besteht darin, mit geringen Mitteln viel zu erreichen – und zwar ohne Qualitätsverlust. Je besser das den Regierungen gelingt, desto bereitwilliger werden die Geber sie finanzieren. Auch für Privatunternehmen werden diese Länder dann attraktiver. Vor allem müssen sie dafür ihre Verwaltungskosten senken. 

 

Input und Ergebnisse gehören zusammen

Das Overseas Development Institute in London hat trefflich bemerkt, dass in einem Post-2015-Abkommen auch die Messung von Inputs und Ergebnissen festgelegt sein sollte. Bisher wurde entweder auf die Inputs geachtet – Zusicherung der ODA etwa – oder auf die Ergebnisse, also die MDGs. Wichtig ist aber, beides kombiniert zu betrachten.

Zwei Zusammenhänge sind besonders relevant in der Preis-Leistungs-Diskussion: Der öffentliche Sektor in Entwicklungsländern – dazu zählen auch Agenturen, die Entwicklung vorantreiben sollen – muss effizienter, effektiver, transparenter und verantwortungsvoller arbeiten. Dazu gehört auch, Kosten-Nutzen-Schätzungen zu machen, wie es etwa bei Privatunternehmen üblich ist.

Die OECD-Geber haben immer Preis-Leistung gefordert. Da die ODA-Mittel künftig eher  knapper werden, gewinnen die Themen schlankere Verwaltung, Transparenz und Rechenschaftspflicht an Bedeutung. Verstärkt wird diese Tendenz zudem durch die Steuerzahler in Entwicklungsländern: auch sie fordern Preis für Leistung.

In vielen Entwicklungsländern gab es in den vergangenen zwanzig Jahren demokratische Reformen. Die Menschen empfinden sich seither mehr als Bürger denn als Subjekte und fordern verantwortungsvolle Regierungen. Konventionelle Geber, Philanthropen und Steuerzahler teilen das Interesse an mehr Effizienz, Effektivität und Rechenschaftspflicht des öffentlichen Sektors und daran, die Entwicklung des Privatsektors auf breiter Basis voranzutreiben. Tatsächlich wäre kein anderer Bereich besser in der Lage, Armut zu mindern, als dieser.  

Die schwindende Bedeutung der ODA lässt vermuten, dass Entwicklungsländer künftig weniger sanft behandelt werden als bisher. Ihre Regierungen müssen also besser darin werden, Kosten und Nutzen der Maßnahmen zu messen, zu melden und zu kommunizieren. Bisher mussten sie ihre Regierungsführung verbessern, um Geber-Gelder zu bekommen. Künftig müssen sie ihre Regierungsführung verbessern, um das Beste aus dem zu machen, was sie bekommen.

Doch auch die reichen Nationen dürfen sich nicht einfach so aus der Verantwortung ziehen. Wir wissen, dass sie ihre 0,7-Prozent-Zusage nicht so bald erfüllen werden – wenn das überhaupt je der Fall sein wird. Das mindeste was sie aber tun können – und müssen – ist, den Weg zu ökologischer Nachhaltigkeit zu ebnen und die Entwicklungsländer bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen (siehe auch meinen Essay in D+C/E+Z 2014/03, S. 102). Während die Entwicklungsländer ihre Regierungsführung verbessern und gegen Armut ankämpfen, ist es die Verantwortung der reichen Welt, die Umweltschäden wieder gut zu machen, die sie verursacht hat, und globale öffentliche Güter bereitzustellen.   

Die nächste globale Entwicklungsagenda wird höhere Erwartungen an Entwicklungsländer stellen. Nicht nur, dass die Gelder effizienter genutzt werden, sondern auch, dass sie überhaupt verfügbar gemacht werden können. Da diese Länder dazu immer besser in der Lage sind, ist das nur fair. Zugleich müssen sich die OECD-Länder mit den globalen Themen auseinandersetzen, die Entwicklung in benachteiligten Ländern verhindern. Viele dieser Themen sind in MDG 8 beinhaltet – dem Aufbau globaler Entwicklungspartnerschaften. Leider ist es ausgerechnet dieses Entwicklungsziel, das am wenigsten erreicht wurde.

Ronald Mangani ist Dozent am Wirtschaftsinstitut der University of Malawi. rmangani@yahoo.com

 

 

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